Historical Gold Band 261 (German Edition)
jenem Tag nicht nach London auf. Ebenso wenig erschien er am Abend im Speiseraum. Zu viele Dinge gingen ihm durch den Kopf. Er musste nach London fahren, aber er fürchtete, dass Elizabeth irgendetwas zustoßen könnte, wenn er fortfuhr. Er war ziemlich sicher, dass der Schuss kein Zufall gewesen war. Jemand hatte das Haus beobachtet. Jemand wurde von Mason Holloway bezahlt, um zu Ende zu bringen, was er begonnen hatte.
Wenn Mason Elizabeth nicht unter seine Kontrolle bringen konnte, dann, so glaubte Reese, würde er sie töten müssen.
Er hatte bereits noch mehr Männer engagiert, Männer aus dem Dorf, Männer, denen er traute. Sie hatten nach dem Schützen gesucht, aber keine Spur von ihm gefunden. Rund um die Uhr würden sie nun das Haus bewachen und Ausschau nach allen halten, die sich möglicherweise ohne Erlaubnis dort aufhielten.
Zorn stieg in ihm auf. Dies war sein Zuhause. Jeder hier sollte sicher sein können.
In jener Nacht blieb er lange auf und lief in seinem Schlafzimmer auf und ab, ging im Geiste seine Möglichkeiten durch – von denen es nicht viele gab.
Er wollte seinen Freund nicht im Stich lassen, einen Mann, dem er sein Leben verdankte.
Und was immer in der Vergangenheit zwischen ihm und Elizabeth geschehen war, er konnte nicht dastehen und zusehen, wie ihr und ihrem Sohn etwas angetan wurde.
Eine weitere Stunde verging. Er saß vor dem Kamin und dachte nach, als die Uhr schlug. Das Feuer war heruntergebrannt. Die Nacht vor dem Fenster war so schwarz wie eins von Elizabeths Trauerkleidern. Reese schwenkte den Brandy in seinem Glas und trank einen Schluck.
Etwas war ihm vollkommen klar geworden. Wenn er nach London fuhr, mussten Elizabeth und Jared ihn begleiten.
Er nahm noch einen weiteren Schluck Brandy. Der Gedanke, den er den ganzen Abend schon in seinem Herzen bewegt hatte, plagte ihn. Es gab einen Weg, den Jungen in Sicherheit zu bringen. Einen Weg, wie er das von Elizabeth bekommen konnte, was er wollte.
Es war die Lösung, nach der er gesucht hatte, und doch widerstand er ihr. Er könnte Elizabeth niemals vertrauen, nicht nach all den Versprechen, die sie gebrochen hatte. Aber vielleicht spielte das keine Rolle. Solange sein Herz nichts damit zu tun hatte, würde das Arrangement nur ein Mittel zum Zweck sein.
Er würde Elizabeth in seinem Bett haben und die Lust stillen, die er seit acht Jahren für sie verspürte. Und er würde sie und ihren Sohn beschützen können vor den rücksichtslosen, gierigen Verwandten.
Dass sie eine Erbin war, war kein Nachteil bei dieser Angelegenheit. Er brauchte ihr Geld nicht dringend, aber dem englischen Gesetz gemäß würde er es dennoch erhalten.
Je länger er darüber nachdachte, desto sinnvoller erschien ihm dieser Gedanke.
Elizabeth brauchte seinen Schutz. Und er brauchte eine Frau in seinem Bett.
Aber nicht irgendeine Frau, so viel wusste er.
Er wollte Elizabeth, und er wusste genau, wie er sie bekommen konnte.
10. KAPITEL
I n jener Nacht schlief Elizabeth nicht viel. Es gab Entscheidungen zu fällen, Dinge von lebenswichtiger Bedeutung, die sie und Jared betrafen, aber nach dem Schuss, der sie nur knapp verfehlt hatte, war sie noch weniger sicher, ob sie den richtigen Weg eingeschlagen hatte.
Sie stand ein wenig später auf, als sie es eigentlich beabsichtigt hatte, läutete nach Gilda, zog sich an und lief hinauf ins Kinderzimmer. Mrs Garvey half Jared, ein Buch mit Kindergeschichten zu lesen.
Elizabeth sah ihnen einen Moment lang zu und dachte daran, wie gut er schon die Wörter erkannte, dachte daran, dass ihr Sohn seine Ausbildung wieder aufnehmen sollte. Mr Horton, seinen Lehrer, hatte sie nie besonders gemocht, aber Mason hatte ihn angestellt, und zu jener Zeit war sie nicht in der Verfassung gewesen, sich gegen ihn aufzulehnen. Wenn sie erst einmal in der Stadt lebte, würde sie jemanden anstellen, den sie mochte und dem sie vertraute.
Jared sah auf und erblickte sie genau in diesem Moment und lief auf sie zu. „Mama!“ Er klammerte sich an sie und presste sein Gesicht in die Falten ihres schweren schwarzen Rocks.
Elizabeth strich ihm das dichte dunkle Haar aus dem Gesicht. „Du liest. Das ist großartig!“
„Jared lernt sehr schnell“, sagte Mrs Garvey stolz, als sei er ihr eigener Sohn. Elizabeth spürte einen Anflug von Dankbarkeit, weil sie Mrs Garvey in ihren Diensten hatte.
„Er hat schon immer gern gelernt. Wenn wir erst einmal in Holiday House sind, werde ich ihm einen passenden Lehrer suchen, damit
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