HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Schiff selber war in einem beklagenswerten Zustand. Die Kanonenkugel hatte ein Loch in den Bug gerissen, durch das unaufhörlich Wasser in den Laderaum strömte. Zwar hatte man das Feuer an Deck löschen können, doch die Planken waren schwer beschädigt.
Aber die Undaunted war ein stolzes, starkes Schiff. Sie würde den Weg zurück in den sicheren Hafen schaffen. Langsam, mühsam bahnte sich der Segler seinen Weg durch die Wellen, vorbei an dem kleineren Boot, das den Piraten entkommen war. Mit lautem Rufen und Triumphschreien wurde der Untergang des Piratenschiffs zur Kenntnis genommen.
In seiner Kabine ließ der Mann, der das Geschehen durch das Bullauge beobachtet hatte, das Fernglas sinken. Der Kampf an sich war schon fesselnd genug gewesen. Doch als er gesehen hatte, dass es sich bei einem der Seeleute an Bord der Undaun ted um ein weibliches Wesen handelte, hatte er seinen Augen kaum trauen wollen.
Die Frau war wie die Männer an Bord gekleidet gewesen. Enge, knapp unter dem Knie endende Hosen steckten in hohen Stiefeln. Dazu ein buntes Hemd mit weiten Ärmeln. Die Haare waren unter dem um den Kopf geknoteten Tuch verborgen gewesen. Allerdings waren die Umrisse des weiblichen Körpers unter der Seemannskleidung deutlich zu erkennen gewesen.
Während des Kampfes hatte sich das Tuch um den Kopf gelöst. Die rotgoldene Lockenpracht und die verführerischen Rundungen ergaben zusammen ein unvergessliches Bild. Die junge Frau handhabte ihre Pistole wie ein Mann, hatte sich unerschrocken ins Kampfgetümmel gestürzt und sich so gut wie jeder Mann geschlagen. Sie hatte einen fantastischen Anblick geboten.
Von außen wurde an die Kabinentür geklopft, und sogleich stieß der große Hund, der zu Füßen seines Herrn lag, ein drohendes Knurren aus. „Wir nähern uns der Hafeneinfahrt von Land’s End, Eure Lordschaft“, erklang die Stimme eines Matrosen von draußen.
Der Mann legte dem Hund beruhigend eine Hand auf den Kopf als Zeichen dafür, dass keine Gefahr bestand. „Wie heißt das Schiff, das zu unserer Rettung kam?“
„Das weiß ich nicht, Mylord. Soll ich mich im Hafen danach erkundigen?“
„Nein.“ Das wäre vergebene Mühe gewesen. Hinter vorgehaltener Hand wurde gemunkelt, dass mehrere Schiffe, getarnt als Frachtschiffe, die Gewässer für englische Segler sicherten. Nur der König kannte ihre wahre Identität. Die Leute, die in seinem Auftrag fuhren, schützten ihre Privatsphäre genauso entschlossen, wie sie ihre Feinde auf See bekämpften.
Doch der Mann hatte eigene Mittel und Möglichkeiten, den Namen des rettenden Schiffes herauszufinden.
Während er sich anschickte, von Bord zu gehen, schaute der Adelige noch einmal sehnsüchtig auf den Segler, der ihn und seine Mannschaft vor dem sicheren Tod gerettet hatte, bevor dieser eine Landzunge umfuhr und seinen Blicken entschwand.
Was würde er nicht alles geben, wenn er die Freiheit hätte, jenen mutigen Leuten in ihrem unermüdlichen Kampf gegen die brutalen Räuber zur Seite zu stehen und deren brutalem Treiben ein Ende zu setzen.
Ja, und gleichermaßen viel würde er geben, wenn er die junge Frau kennenlernen könnte, die offenkundig in unbändiger Freiheit lebte und so beherzt zu kämpfen verstand.
„Felsen und Untiefen an Backbord!“, erscholl hoch aus der Takelage der Ruf einer unverkennbar weiblichen Stimme. Doch die zu der Stimme gehörende Gestalt, die sich soeben behände nach unten hangelte und leichtfüßig auf Deck sprang, war gekleidet wie jeder gewöhnliche Matrose.
„Ja, Bethany, ich sehe sie auch.“ Geoffrey Lambert hielt mit fester Hand das Ruder, während die Mannschaft Vorbereitungen zum Ankern traf. „Dem Himmel sei Dank, wir sind fast zu Hause“, setzte er noch hinzu.
Für gewöhnlich dauerte die Reise von der kleinen Stadt Port Hellick nach Land’s End höchstens einen halben Tag, doch das Zusammentreffen mit den Piraten hatte die Heimkehr erheblich verzögert.
„Soll ich das Ruder übernehmen, Großvater?“, erkundigte sich Bethany fürsorglich, und dankbar überließ ihr der alte Mann seinen Platz. Wie ihre Schwestern Ambrosia und Darcy, so war auch die mittlere seiner Enkelinnen eine hervorragende Seglerin. Sie kannte sich in den Gewässern vor der Küste Cornwalls besser aus als so mancher Mann.
„Schau nur, Großvater“, rief sie jetzt und deutete mit einer Hand zum Ufer hin. „Dort drüben ist Darcy. Und Winnie und Mistress Coffey sind bei ihr.“ Sie winkte ihrer kleinen Schwester sowie ihrer
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