HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Bett. Mistress Dove kam mit einer großen Schüssel heißen Wassers herein. Sie schwankte leicht, als sie Bethanys reglose Gestalt und all das Blut sah, und fluchend nahm Kane ihr die Schüssel ab. Er setzte das Gefäß auf den kleinen Nachttisch und begann, Bethany das Hemd auszuziehen, ohne jetzt noch auf irgendwelche Regeln der Schicklichkeit zu achten. Als er die klaffende Wunde an ihrem Oberarm genauer sah, musste er sich auf die Lippe beißen, um nicht die Fassung zu verlieren.
Obwohl sie bis ins Mark erschüttert war und ihre Hände zitterten, half Mistress Dove ihm, die Wunde zu reinigen und sauber zu verbinden. Anschließend bestand sie darauf, dass man Bethany ein einfaches weißes Nachtgewand überstreifte.
„Was ist das denn?“, fragte sie, als sie behutsam Bethanys Kopf abtastete.
„Sie hat einen furchtbaren Schlag bekommen, als sie zu Boden stürzte. Das ist viel schlimmer als die Verletzung am Arm“, erklärte Kane.
Die alte Frau machte sich daran, mit größter Vorsicht das Blut abzutupfen und die geschwollene Stelle an Bethanys Hinterkopf abzuwaschen.
Während all dieser Bemühungen lag Bethany wie leblos da. Ihre völlige Reglosigkeit ängstigte Kane am meisten.
Vom ersten Augenblick an, da er Bethany gesehen hatte, war sie ein Ausbund an Lebenslust und Tatkraft gewesen. Sie jetzt so still und nicht ansprechbar zu sehen, das Gesicht weiß wie das Laken, auf dem sie lag, verursachte ihm einen seelischen Schmerz, wie er ihn noch nie zuvor empfunden hatte.
Als die Haushälterin fertig war und zur Seite trat, sank Kane vor dem Bett auf die Knie. Er nahm Bethanys Hände in seine und presste die Lippen an ihre Schläfen.
„Du darfst mich jetzt nicht verlassen, Bethany“, flüsterte er eindringlich. „Hörst du mich? Ich könnte es nicht ertragen, dich jetzt zu verlieren.“
Er hob den Kopf, um ihr Gesicht zu betrachten. Dem einfachen Beobachter mochte es so erscheinen, als schlafe Bethany lediglich. Doch ihr Zustand war um vieles tiefer als Schlaf. Ihre Gesichtshaut hatte jede Farbe verloren. Von der leichten Sonnenbräune war nichts mehr zu sehen. Und hinter ihren Augenlidern war nicht einmal das kleinste Zucken erkennbar. Der Atem ging so flach, dass sich Bethanys Brust kaum hob und senkte.
„Bleib bei mir, Bethany, ich flehe dich an.“ Er strich mit den Lippen über ihre Hände und flüsterte voller Verzweiflung eindringliche Worte.
Aufgeschreckt durch diesen Gefühlsausbruch ihres Herrn, sahen sich Huntley und Mistress Dove vielsagend an. Sie hatten Kane Preston noch niemals so von Gefühlen beherrscht erlebt. Schweigend gingen sie aus dem Raum und überließen den Earl of Alsmeeth seinem Schmerz. Mit aller Inbrunst hofften sie, dass er nicht noch einmal den Verlust eines geliebten Menschen würde ertragen müssen. Sie befürchteten, sein gequältes Herz könnte einen weiteren Schicksalsschlag nicht verkraften.
„Mylord?“ Huntley blieb abwartend an der einen Spaltbreit offen stehenden Tür zu Kanes Schlafgemach stehen, erstaunt über den Anblick, der sich ihm bot.
Sein Herr kniete immer noch vor dem Bett, in dem Bethany nach wie vor völlig reglos unter den Decken lag. Er hatte es abgelehnt, seinen Platz an ihrer Seite zu verlassen. Das Brett mit leichten Speisen, das seine Haushälterin ihm zwischendurch gebracht hatte, stand unangerührt auf dem Tisch. Storm hatte sich so dicht wie möglich neben das Bett gelegt und beobachtete unverwandt Bethanys Gesicht.
Huntley trat näher. „Mylord, die Familie Lambert ist hier. Sie wünscht, Miss Bethany zu sehen. Kann ich sie hierherbringen?“
Kane nickte kurz, ohne den Blick von Bethany zu lösen.
„Grundgütiger Himmel!“ Miss Mellon blieb wie angewurzelt stehen und schlug die Hände vor den Mund, um ihren Aufschrei zu ersticken.
Darcy drängte sich an ihr vorbei und eilte ans Bett. Fassungslos blickte sie auf die reglose Gestalt ihrer Schwester, während ihr unablässig Tränen über die Wangen strömten. Sie beugte sich zu ihr herab und berührte sie leicht an der Schulter. „He, Bethany, wach auf. Wir sind alle gekommen, und du musst jetzt endlich aufwachen!“
Doch Bethany zeigte keinerlei Anzeichen, dass sie ihre jüngere Schwester gehört hätte, und schluchzend wandte sich Darcy ihrem Großvater zu. Der nahm sie in die Arme und tätschelte ihr beruhigend den Rücken.
„Wie schlimm steht es um Bethany, Mylord?“, erkundigte er sich halblaut bei Kane.
Dieser riss sich mit aller Macht von Bethanys Anblick los.
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