HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
fort und zogen eine Kanone aus ihrem Versteck. Einer der Matrosen verteilte Waffen.
Während sie Kane hinter sich herzog, wurde Bethany schlagartig klar, dass der Augenblick der Wahrheit gekommen war. Sie durfte ihn nicht länger über die wahre Natur ihrer angeblichen Handelsschifffahrt im Unklaren lassen. „Kane, du musst uns unsere Unaufrichtigkeit verzeihen. Wir dachten, wir könnten unsere Identität vor dir verbergen, aber nun siehst du natürlich selbst, dass die Undaunted mehr als ein Frachtschiff ist. Und meine Schwestern und ich sind weitaus mehr als nur die Töchter eines Schiffskapitäns.“
„Aha, und was genau seid ihr?“ Kane spürte Bethanys Aufregung und ließ sich deshalb von ihr in das Innere des Schiffes führen.
„Wir sind Freibeuter im Dienste von König Charles.“ Bethany deutete auf die Tür zur Kapitänskajüte. „Ich wünschte, es bliebe Zeit, dir mehr davon zu berichten. Aber im Moment geht es nur um deine Sicherheit. Du bleibst am besten hier unten und schließt dich in der Kapitänskajüte ein. Du kannst von innen einen dicken Riegel vorschieben. Dann ist es unmöglich, die Tür von außen zu öffnen. Man müsste sie schon mit Gewalt aufbrechen.“
Kane blieb auf der Türschwelle stehen. Der missmutige Ausdruck auf seinem Gesicht war dem bereitwilliger Anteilnahme gewichen. „Piraten wollen uns angreifen, und du machst dir Sorgen um meine Sicherheit? Was ist denn mit dir, Bethany? Willst du nicht hier bei mir bleiben?“
„Nein, mein Platz ist jetzt an der Seite meiner Männer.“ Sie versetzte ihm einen leichten Stoß, drehte sich um und eilte davon. Auf diese Weise entging ihr, wie der Anflug eines Lächelns seine Lippen umspielte.
Wenig später tauchte Bethany wieder oben an Deck auf. Sie hatte sich in Windeseile umgezogen und trug jetzt wie die Seeleute um sie herum enge Hosen, die oben in den Stiefelschaft gesteckt waren, sowie ein bequemes Hemd mit weiten Ärmeln. Im Hosenbund in Höhe der Taille verbarg sie ihr Messer, die Pistole hielt sie in einer Hand.
Das Piratenschiff war inzwischen schon so nahe, dass Bethany die verwegenen Gestalten genau erkennen konnte. Sie beugten sich über die Reling und hingen in der Takelage. Wie stets bei diesem Anblick durchfuhr Bethany ein plötzlicher Kraftschub. Sie hatte keine Angst, sondern sah dem bevorstehenden Kampf bereitwillig entgegen.
Das hier hatte sie so sehr vermisst. Aufregende Erlebnisse, und sie mittendrin. Sie war wie ein Fisch ohne Wasser gewesen in den letzten Wochen. Und nachdem sie nun Kane gegenüber keinerlei Geheimnisse mehr hatte, was ihre Identität betraf, konnte sie endlich wieder sie selbst sein.
„Achtung, Kanonenfeuer!“ Das war Newton, der den Rauch von der Kanone des Piratenschiffs aufsteigen sah.
Gleich darauf gab es eine furchtbare Explosion, und die Un daunted erbebte unter dem gewaltigen Schlag durch die Kugel. Sie wurde hoch oben am Bug getroffen und wies ein großes Loch auf. Glücklicherweise hatte die Kugel so hoch oben eingeschlagen, dass kein Wasser in das Schiff eindringen konnte. Die Undaunted war nicht in Gefahr zu sinken.
Dann erwiderte die Mannschaft der Undaunted den Feuerstoß von ihrer eigenen Kanone aus, und das Geschütz riss den Frachtraum des Piratenschiffs in ganzer Länge auf. Im Nu schossen Flammen hoch, und das Piratenschiff begann zu sinken.
„Gut gemacht, Leute!“, rief Newton und zog sein Schwert, denn die ersten Piraten hatten damit begonnen, sich an Seilen hinüber zur Undaunted zu schwingen. In kurzer Zeit waren ein Dutzend oder mehr der gefährlich aussehenden Gesellen an Bord. Sie stießen die übelsten Flüche aus, die Bethany je gehört hatte.
Sie stählte sich innerlich für den Angriff. Jegliche Aufregung war von ihr abgefallen, und von dem heftigen Klopfen ihres Herzens spürte sie nichts mehr. Sie stand aufrecht, die Füße leicht auseinandergestellt, die Pistole in der Hand, und war entschlossen, die Undaunted unter allen Umständen und zu jedem Preis zu verteidigen.
„He, seht mal, was wir hier haben!“, rief einer der Piraten, als er auf dem Deck landete und Bethany erblickte. „Ein weibliches Wesen, das nur so darauf brennt, uns gebührend zu begrüßen. Komm her, Mädchen. Gib mir einen Kuss. Ich werde dich jeden Mann vergessen machen, dem du je zuvor begegnet bist.“
Bethany blieb kaum Zeit, sich dafür zu verdammen, dass sie es versäumt hatte, die rote Lockenpracht unter einem Tuch zu verbergen. Jetzt stellte sie ein perfektes Ziel für
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