HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
mit meiner Ordination. Er hat mich ja noch nicht einmal dem Bischof für das Amt des Pfarrers vorgeschlagen.“ Die letzten Worte klangen ein wenig resignierend.
„Stört Sie das nicht ganz erheblich?“
Er musste ob Bethanys unverhohlener Ungeduld lächeln. „Es steht mir nicht zu, darüber zu urteilen“, erwiderte er. „Alles wird so geschehen, wie Gott es vorgesehen hat, Miss Lambert.“
„Aber wenn es da nun ein armes, kleines Dorf gäbe, das dringend eines Pfarrers bedürfte? Würden Sie dann unseren Pfarrer bitten, Ihre Ordination voranzutreiben, damit Sie den Menschen in einer solchen Gemeinde dienen und helfen könnten?“
„Wahrscheinlich würde ich in der Art und Weise verfahren. Aber grundsätzlich lege ich all meine Bedürfnisse in die Obhut unseres Schöpfers. Wenn es mir bestimmt ist, Land’s End zu verlassen, dann wird es gewiss so geschehen. Und wenn nicht, dann bin ich bereit, mein Leben als gehorsamer Gehilfe von Pfarrer Goodwin zu verbringen.“
„Und was ist mit Frau und Kindern? Stellen sie ebenfalls einen Teil Ihrer Hoffnungen für die Zukunft dar?“ Bethany hätte sich am liebsten die Zunge abgebissen, weil ihr diese unanständig vertrauliche Frage über die Lippen gekommen war.
Ian Welland wurde rot. „Fragen Sie … in Ihrem eigenen Interesse, Miss Lambert?“
Beinahe hätte sie gelacht angesichts seines offenkundigen Unbehagens. „Nein, vergeben Sie mir meine Direktheit, Diakon Welland. Ich meinte nur, dass es doch für Sie schwierig wäre, Ihre Zukunft als Mann zu planen, solange Ihre berufliche Zukunft nicht geklärt ist.“
„Ich weiß durchaus, dass viele Frauen zögern würden, einen Mann der Kirche zum Gatten zu nehmen. Das gilt in besonderem Maße, wenn dieser Mann weniger Interesse daran hätte, einer der wunderbaren Kathedralen vorzustehen, als vielmehr, Pfarrer in einem armseligen Dorf zu sein. Ich kann und muss jedoch dem Ruf meines Herzens folgen, Miss Lambert, und darauf vertrauen, dass es irgendwo eine Frau gibt, deren Herz im Gleichklang mit meinem schlagen wird.“
Bethany wurde ganz still und schwieg eine Weile betroffen. Was Ian Welland gesagt hatte, hatte sie tief berührt. Sie wünschte sehr, über ein ebenso großes Vertrauen zu verfügen wie er. Obwohl ihre Tage ausgefüllt waren mit Arbeit und Unternehmungen, so blieben doch die Nächte, die sie beinahe unerträglich fand. Die Gedanken an Kane tauchten aus dem Dunkel der Nacht auf und quälten sie mit Bildern von ihm in Gesellschaft schöner, eleganter Frauen. Sein Leben in London stellte sie sich glitzernd und verführerisch vor, und sie war sicher, dass die Damen dort genau wussten, wie sie einen Mann reizen und locken konnten.
Ganz gewiss würden sich jene Frauen niemals einem Mann an den Hals werfen und ihn anflehen, sie zu nehmen, wenn er doch ganz offenkundig nicht willens war. Wann immer ihr einfiel, wie es zu der Liebesnacht mit Kane gekommen war, krümmte sie sich innerlich vor Scham. Kein Wunder, dass er Cornwall so überstürzt verlassen hatte und zu dem Leben zurückgekehrt war, das ihm am vertrautesten schien.
Und er hatte ihr kein einziges Wort der Erklärung gegönnt!
Das schmerzte am meisten. Er hatte sie ohne ein einziges Wort einfach verlassen.
„Ich bin noch niemals in dieser Gegend gewesen, Miss Lambert“, unterbrach der Diakon ihre Grübeleien. „Wohin fahren wir?“
Bethany löste sich nur schwer aus ihren düsteren Überlegungen. „Nach Mead, einem kleinen Fischerdorf.“ Sie fuhren soeben über einen kleinen Hügel, und sie deutete mit einer Hand in die Ferne, wo ein kleiner Hafen zu erkennen war, in dem einige Boote vertäut lagen.
Als sie näher kamen, konnten Bethany und ihr Begleiter die Fischer erkennen, die in der Sonne saßen und ihre Netze flickten, während Frauen und Kinder den Fang begutachteten und sortierten.
„Woher kennen Sie diesen Ort?“
„Ein … Freund brachte mich hierher.“ Bethany lenkte das Gespann jetzt über die schmale Straße, die durchs Dorf führte.
„Wird dieser Freund heute auch anwesend sein?“
„Nein. Aber ich habe hier neue Freunde gefunden, denen ich heute einige Geschenke bringen möchte.“
Der Diakon warf einen Blick nach hinten, wo sich auf der Ladefläche mehrere Pakete und Päckchen türmten. „Ich wollte schon die ganze Zeit fragen, was es damit auf sich hat. Gibt es einen besonderen Grund für diesen Besuch?“
„Nein. Doch gleichzeitig ist jeder Tag in ihrer Gesellschaft etwas Besonderes.“ Bethany
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