HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Allerdings nahm sie einige Schiffbrüchige auf, die ihr Schiff in dem Unwetter verloren hatten und hilflos in einem kleinen Beiboot auf dem Atlantik trieben.
Seit einigen Tagen lag die Undaunted nun zu Bethanys größtem Bedauern vor Land’s End vor Anker, denn es gab noch keine neuen Aufträge, Waren und Güter von irgendwoher abzuholen oder irgendwohin zu liefern.
In ihrer rastlosen Suche nach sinnvollen Tätigkeiten, mit denen sie die sonst endlos scheinenden Tage ausfüllen konnte, beschloss Bethany, eine Wagenladung der unterschiedlichsten Dinge nach Mead zu schaffen. Jenna Pike und die Kinder würden sich freuen, und Bethany gab es ein gutes Gefühl, etwas für die junge Frau und ihre Schützlinge zu tun.
Sie wurde jäh aus ihren Gedanken gerissen, als es an der Tür klopfte und Darcy ohne besondere Aufforderung eintrat. „Winnie sagt, du musst rechtzeitig zur wöchentlichen Psalmlesung wieder hier sein“, verkündete sie.
Bethany runzelte unwillig die Stirn. „Ich fürchte, ich werde heute Abend unerträgliche Kopfschmerzen haben, Darcy.“
„Das würde ich an deiner Stelle nicht tun. Winnie denkt sonst nämlich, du hättest einen Rückfall, und dann schickt sie Newton los, etwas von ihrem speziellen Pulver zu besorgen. Du weißt doch, wie sorgenvoll sie um dich herumflattert.“
„Ja, wahrscheinlich hast du recht.“ Bethany seufzte tief auf, während sie sich in ihren Schal hüllte und das Zimmer verließ. Da fiel ihr plötzlich etwas ein, und sie blieb stehen. „Ich glaube, ich gehe jetzt gleich zum Pfarrhaus.“
„Bist du närrisch geworden?“, erkundigte sich Darcy. Sie wusste, dass ihre Schwester ihr ihre Ausdrucksweise nicht übel nehmen würde. Sie pflegten manchmal einen etwas rauen, aber trotzdem herzlichen Umgangston miteinander. „Warum denn, um Himmels willen?“
Bethany lächelte nur geheimnisvoll. Da kam Winnie gerade aus den Wirtschaftsräumen. Spontan umarmte sie die alte Kinderfrau und drückte ihr einen Kuss auf die Wange.
„Womit habe ich das denn verdient?“, wollte Miss Mellon überrascht wissen. Unwillkürlich berührte sie die Stelle, auf der sie Bethanys Zärtlichkeit noch spüren konnte, mit einer Hand.
„Dafür, dass du mich an etwas erinnert hast, was ich beinahe schon vergessen hatte.“ Bethany schwebte förmlich zur Tür hinaus und kletterte auf den Kutschbock des kleinen Wagens. Sie nahm die Zügel auf und rief im Davonfahren: „Sagt Mistress Coffey bitte, dass sie nicht mit dem Abendbrot auf mich warten soll. Ich werde mit Miss Pike und den Kindern essen.“
„Sie haben Glück, Miss Lambert, dass Sie mich hier im Pfarrhaus antreffen.“ Der junge Diakon nahm neben Bethany Platz. Er fühlte sich wie benommen, denn schließlich geschah es nicht jeden Tag, dass eine schöne junge Dame vorfuhr und ihn fragte, ob er sie auf einer Ausfahrt begleiten wolle. Und schon gar nicht hätte er davon zu träumen gewagt, dass ausgerechnet eine der Lambert-Schwestern ihm einen solchen Vorschlag machte.
Schon seit langer Zeit war er wie verzaubert von den drei Mädchen, ganz besonders von Bethany. Er bewunderte nicht nur ihre Schönheit, sondern auch ihre schier unerschöpfliche Kraft. Zwar hatte er gelegentlich mit dem Gedanken gespielt, ernsthaft um sie zu werben, doch jegliche Überlegung dieser Art gleichwohl im Keim erstickt. Er hatte schon frühzeitig erkannt, dass er und Bethany denkbar ungeeignet als Partner waren.
Eine Frau wie Bethany Lambert würde sich nie und nimmer mit einem Dasein als Ehefrau eines einfachen Dorfpfarrers zufriedengeben. Ian Welland kam es so vor, als glimme ein Feuer in ihr, das nur eines winzigen Funkens bedurfte, um heiß aufzulodern.
Jetzt warf sie ihm von der Seite einen Blick zu. „Sagen Sie, Diakon Welland“, begann sie, „hat unser Pfarrer Ihnen gegenüber irgendwann eine Andeutung gemacht, wann Sie wohl als Pfarrer ordiniert werden?“
Der junge Mann errötete zu seinem größten Unbehagen. „Ich hatte gehofft, diese Geschichte endlich hinter mich bringen zu können und vielleicht in einer kleinen Gemeinde irgendwo in Cornwall eine Stelle als Pfarrer zu übernehmen. Aber Pfarrer Goodwin meint, ich sei in Land’s End als sein Gehilfe unabkömmlich.“
„Stimmen Sie mit ihm überein?“
Er zuckte die Schultern. „Pfarrer Goodwin erklärte mir, dass er noch lange nicht bereit sei, sich in den Ruhestand zurückzuziehen. Mindestens zehn Jahre lang will er noch tätig sein als Pfarrer, und deshalb meint er, es eile nicht so
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