HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
Dabei flehte sie ihn inständig an, sie nicht zu verlassen.
Oswald beobachtete sie dabei ohne das geringste Zeichen von Anteilnahme. Er trat näher und stieß ein krächzendes Lachen aus. „Lass ihn. Nachdem wir die Untiefen ja glücklich hinter uns gebracht haben, wird es Zeit, dass ich endlich ein wenig Spaß mit dir habe.“ Er ergriff ihren Arm und zog sie hoch. „Wenn ich unten in der Kabine mit dir fertig bin, werde ich ihn über Bord werfen.“
Bethany spürte, wie sie hochgehoben und die schmale Treppe zur Kabine hinuntergetragen wurde. Doch irgendwie berührte sie das alles nicht. Obwohl sie wusste, was Oswald mit ihr vorhatte, empfand sie keinerlei Furcht.
Irgendwie hatte sie überhaupt keine Gefühle mehr. Ihr geliebter Kane war tot. Verloren. Er hatte sein Leben für ihres gegeben. Nun verlor das Leben auch für sie seine Bedeutung. Für immer.
16. KAPITEL
Bethany lag in der ehemaligen Koje ihres Vaters, an den Fußgelenken noch immer gefesselt, die Hände zu Fäusten geballt. Kane war tot. Noch kam es ihr unwirklich vor. Aber sie hatte doch das Einschussloch in seiner Brust gesehen. Hilflos hatte sie mit ansehen müssen, wie das Blut unaufhaltsam aus der Wunde gesickert war und die Holzplanken dunkel gefärbt hatte.
Mit dem seltsamen Gefühl, von dem ganzen schrecklichen Geschehen gar nicht betroffen zu sein, sah Bethany zu, wie Oswald zunächst seine Pistole auf den Tisch legte, bevor er die Stiefel auszog. Während er sein Hemd aufknöpfte, zog er Kanes Messer aus dem Hosenbund und legte es neben die Pistole.
„Ich hoffe, du bist noch unberührt“, erklärte er, während er langsam auf die Koje zukam. Im Gehen löste er die Verschlüsse seiner Hosen. „Das würde mir meinen Triumph noch um ein Vielfaches versüßen.“
Durch den Nebel ihrer Trauer und ihres Schocks über Kanes Tod nahm Bethany nur das Messer wahr. Sie öffnete und schloss ein paar Mal die Augen und spürte, wie ihre Gedanken allmählich wieder klarer wurden. Eine unbändige Wut, blindwütiger Zorn stiegen in ihr auf. Sie würde auf keinen Fall einfach hier liegen und diesem Ungeheuer widerstandslos gestatten, ihr Gewalt anzutun. Solange sie noch einen Hauch von Leben in sich spürte, würde sie sich mit allen Mitteln gegen ihn zur Wehr setzen. „Nein, meine Unschuld schenkte ich Ihrem Vetter.“
„Kane war dein erster Mann?“
„Und mein einziger.“
„Nicht mehr lange.“ Oswald packte sie an ihrem Unterkleid, und Bethany hob das Kinn.
„Es wird recht beschwerlich für Sie sein, mich zu nehmen, ohne vorher meine Fußfesseln zu lösen“, erklärte sie.
„Da hast du recht.“ Er lächelte, wandte sich zum Tisch um und nahm das Messer an sich. Mit einer schnellen Bewegung hatte er die Seile durchschnitten, mit denen Bethanys Füße aneinandergebunden waren, und warf das Messer achtlos zurück auf den Tisch. Er wollte nach Bethany greifen, doch diese war blitzschnell aufgesprungen und stand nun vor ihm.
„Aha, du willst also kämpfen. Umso besser, denn dadurch gerät mein Blut erst so richtig in Wallung.“ Er packte sie am Kleid, doch bevor er sie dichter zu sich heranziehen konnte, hatte Bethany ihn zurückgestoßen. Überrascht blickte er auf das Stückchen Stoff in seiner Hand.
„Ich sollte dich wohl besser warnen, dein Spielchen nicht zu weit zu treiben, Weib.“ Er versetzte ihr einen Schlag, durch dessen Wucht Bethany gegen die Wand geschleudert wurde. Benommen schüttelte sie den Kopf, um das Flimmern vor ihren Augen zu vertreiben.
„Ich bin bekannt dafür, dass ich die eine oder andere Frau getötet habe, nachdem ich mein Vergnügen mit ihr gehabt hatte“, erklärte Oswald und machte einen bedrohlich wirkenden Schritt auf sie zu. „Wenn du dich also nach dem Tod sehnst, bin ich gern bereit, dir bei der Erfüllung dieses Wunsches behilflich zu sein.“
Wieder holte er zu einem Fausthieb aus, doch diesmal war Bethany schneller als er und duckte sich rechtzeitig. Mit voller Wucht hieb Oswald gegen die Wand und stieß vor Schmerz eine Reihe wüster Flüche aus. „Dafür wirst du mir bezahlen, du Schlampe.“
Bethany wich vor ihm zurück, bis sie im Rücken die Tischkante spürte. Sie sah, wie Oswald erneut die Hände zu Fäusten ballte, und wusste, dass sie beim nächsten Schlag wahrscheinlich das Bewusstsein verlieren würde. Aber sie konnte ihm nicht ausweichen, solange sie keine der Waffen verfügbar hatte. Fieberhaft tastete sie hinter dem Rücken über die Tischplatte, bis sie endlich den
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