HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
die Richter dazu gebracht, mich freizulassen. Denn meine Dienstboten hatten geschworen, dass ich im Haus gewesen war, als der Schuss fiel. Folglich konnte ich meinen Vater nicht getötet haben.“
Oswald schnaufte verächtlich, doch Kane ließ sich in seinen Aussagen nicht beirren.
„Trotzdem hielten mich einige Leute auch weiterhin für den Mörder. Wenn du nicht die Krawattennadel an den Ladeninhaber in St. Mary’s verkauft hättest, wäre deine Schuld wohl unentdeckt geblieben. Aber wahrscheinlich hast du nie daran gedacht oder dir vorgestellt, dass ich jenen kleinen Laden auf den Scilly-Inseln aufsuchen würde, oder?“
„Nein, aber das ist jetzt sowieso egal, da es ja nun mal geschehen ist. Ich brauchte einfach das Geld.“
„Du hast schon immer Geld gebraucht. Kein Betrag war jemals genug für dich, Oswald.“
Dieser fuchtelte mit der Pistole vor Kanes Gesicht herum. „Ich habe genug gehört von dir. Es reicht mir jetzt. Leg dich hier auf den Boden, wo ich dich im Auge behalten kann.“
„Nein, lass es gut sein, Oswald. Erschieß mich einfach, dann haben wir es hinter uns.“ Kane sah an Oswald vorbei zu Bethany hin, die immer noch am Steuerrad stand. „Und wenn du mich dann über Bord wirfst …“ Er blickte bedeutungsvoll zur Reling und hoffte, Bethany würde seine Absicht richtig deuten. Während sein Vetter mit dem Mord an ihm beschäftigt war, könnte sie sich in Sicherheit bringen. „Dann hast du es also endlich geschafft, Vetter. Du wirst mich für immer los sein.“
Oswald musterte ihn verächtlich. „Das hättest du wohl gern, was? Du möchtest, dass ich dich von deiner Qual erlöse? Weißt du eigentlich, wie sehr ich mir gewünscht hatte, du würdest in das Loch stürzen, das ich gegraben hatte? Ich hätte dich dort mit Wonne dir selbst überlassen, mit gebrochenen Knochen, blutüberströmt! Und zwar tagelang, bis ich, durch Zufall natürlich, vorbeigekommen wäre. Ich wollte, dass du einen langsamen und überaus qualvollen Tod erleidest. Aber da dieser Plan fehlgeschlagen ist, habe ich mir etwas noch viel Besseres ausgedacht.“
Oswald ging zu Bethany hinüber. „Ist es nicht sehr gemütlich hier an Bord? Ich habe mein eigenes Schiff, genau wie du, Kane. Ich habe meinen eigenen Kapitän. Und bevor ich es vergesse: Sie ist doch wirklich ein hübsches Ding, findest du nicht?“
Als Kane keine Antwort gab, presste Oswald die Pistole an Bethanys Wange. „Ich habe erkannt, wie ich dich am stärksten leiden lassen kann: indem ich sie mir zur Gespielin nehme. Und wenn sie mir gefällt und mir Vergnügen zu bereiten versteht, lasse ich sie sogar bis zur Ankunft in Spanien am Leben. Dort habe ich einen Freund, der ein Freudenhaus führt. Vielleicht hat er Verwendung für Bethany. Und dich werde ich zu gegebener Zeit den Haien zum Fraß hinwerfen.“
Oswalds Gesicht war zu einer grinsenden Fratze verzerrt. „Wirklich bedauerlich, dass du mir auf die Schliche gekommen bist. Noch ein Weilchen länger, und ich hätte genug zur Seite geschafft, um ebenso feudal wie mein Vetter leben zu können.“
„Deine Gier war dein Untergang“, entgegnete Kane. „Wenn du nur kleine Beträge gestohlen hättest, wäre meinen Advokaten womöglich nie etwas aufgefallen. Aber du hast dich so reichlich bedient, dass die Betrügereien und Diebstähle früher oder später auffallen mussten. Allerdings wundere ich mich immer noch, wie schnell du diese gewaltigen Summen ausgegeben hast. Hast du nichts beiseitegelegt für schlechte Zeiten?“
„Und dafür auf meine kleinen Vergnügungen verzichtet? Im Gegensatz zu dir, mein Guter, bin ich nach wie vor in der Lage, schöne Frauen von hohem Stand mit meinem Charme zu betören, sodass sie mehr als bereit sind, für meine … Laster zu zahlen, solange ich sie … zufriedenstelle.“ Er grinste Bethany an. „Ich versichere dir, meine Süße, dass du überaus beeindruckt sein wirst von meinen … nun … männlichen Fähigkeiten.“ Er lachte jetzt. Es war ein hohes, schrilles Lachen, bei dem es Bethany eiskalt den Rücken herunterlief.
Er war verrückt. Völlig verrückt. Dessen war sie ganz sicher.
Brutal riss er ihren Kopf an den Haaren zurück. Als er sah, wie Kane versuchte, auf die Füße zu kommen, schlitzte er mit einer schnellen Bewegung ihr Kleid auf, sodass die Wunde an ihrem Hals deutlich zu erkennen war. „Lass es dir ja nicht einfallen, zu versuchen, auf deine noble Art die Frau hier zu retten. Der erste Schnitt war gerade tief genug, um ihr
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