HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
lachten gelegentlich über die drolligen Possen des Welpen, besonders dann, wenn er über das regennasse Deck schlitterte. Einige Seeleute beugten sich sogar während der Arbeit zu dem kleinen Tier hinab, um es hinter den Ohren zu kraulen. Und Darcy brachte Furchtlos bei, sich für einen leckeren Bissen hinzusetzen und Pfötchen zu geben.
Newton aber war dem Tier immer noch nicht wohlgesinnt. Der alte Mann schien jeden Tag fester entschlossen, sein Herz gegenüber dem wuscheligen Eindringling zu verhärten. Wäre es möglich gewesen, hätte er Furchtlos auch noch für die Unbilden des Wetters verantwortlich gemacht.
Der Nordwind stach in den Augen und peitschte gegen die Haut. An manch einem Morgen war das Deck mit einer Eisschicht bedeckt, und es war unmöglich, von einer Seite zur anderen zu gelangen, bis eine schwache Wintersonne das Eis zum Schmelzen brachte und das kalte Wasser von Bord lief. Die Wogen des Atlantiks waren genauso düster wie die sturmgepeitschten Wolken am Himmel.
Darcy kletterte die Wanten hinunter und eilte an Newtons Seite. „Noch immer kein Land in Sicht. Seit Tagen nicht.“
„Ja, Mädchen.“ Starr blickte er auf die aufgewühlte See. „Und es könnte noch ein paar Tage länger dauern. Da wir die letzte Fracht abgeliefert haben, sollten wir darüber nachdenken, zurück nach Cornwall zu segeln, anstatt den Kurs zu halten.“
Die Heimat. Der Gedanke an ihr Zuhause löste ein solches Heimweh in Darcy aus, dass sie vor Schmerz die Augen schließen musste.
Ihre Stimme klang verträumt. „Ich denke, wir könnten es tun. Ich bin letzte Nacht die Bücher durchgegangen. Wir haben genug verdient, um die Mannschaft zu bezahlen, und es bleibt immer noch ein Gewinn übrig. Unsere letzte Auslieferung auf den westlichen Inseln vor Schottland war bei Weitem das einträglichste Geschäft.“
„Das musste es auch sein. Es gibt nicht viele Kapitäne, die bei derartig rauer See so viel Holz im Laderaum verstauen. Ich dachte schon, wir würden sinken, bevor wir wieder Land sehen. Besonders als wir in den Sturm vor der Küste der Shetlandinseln gerieten.“
„Aber wir haben es geschafft, Newt. Und obendrein gut verdient.“
„Aye.“ Zum ersten Mal seit Tagen lächelte der alte Mann. „Du verhandelst hart, Mädchen. Ich sah, wie das Gesicht des Hafenmeisters bei jeder deiner Forderungen an Röte zunahm. Einen Augenblick dachte ich, du würdest den Auftrag verlieren.“
Durchtrieben lächelte sie. „Es gab sonst niemanden, der bereit war, das Holz zu befördern, und das wussten wir beide.“
Der alte Mann schüttelte den Kopf. „Vielleicht. Aber du hast mir einen Moment Angst eingejagt. Ich dachte, wir wären die Fracht los.“ Er wartete eine Weile und sprach dann in einem bewusst beiläufigen Tonfall weiter. „Soll ich also den Befehl geben, das Schiff zu wenden, um nach Hause zu segeln?“
Darcy überlegte nicht lange. „Aye, Newt. Gib den Befehl.“
Jetzt lag ein strahlendes Lächeln auf seinem Gesicht. „Du wirst es nicht bereuen, Mädchen.“
Als er fortging und Befehle erteilte, drehte Darcy sich zur Reling und starrte auf die Gischt im Kielwasser. Sie hatte Newton in dem Glauben gelassen, dass sie nach Hause segelten, da sie einen beträchtlichen Gewinn gemacht hatten. Und das stimmte auch zum Teil. Sie hatten Geld in der Schatulle. Doch der wahre Grund für das Ende dieser Seefahrt stand am Steuerrad und hielt das Schiff in diesem Augenblick auf Kurs.
Sie hatte es versucht, aber durch die Enge auf der Undaun ted war es ihr unmöglich geworden, Gryf aus dem Weg zu gehen. Wo auch immer sie hinging, sie fühlte sich von ihm beobachtet. Selbst die Kajüte erwies sich als keine Zuflucht. Ungebeten schlich sich sein Bild in ihre Träume. Die Vorstellung, wie er sie in den Armen hielt, sie küsste und sie mit verbotenen Freuden in Versuchung führte, brachte sie um den Verstand.
Sie musste nach Hause, um die Liebe und Wärme ihrer Familie zu spüren. Und sie sehnte sich nach dem Humor ihres Großvaters, dem gesunden Menschenverstand der Haushälterin und der lieben Art ihres alten Kindermädchens. Vielleicht würde sie sogar auf die klugen Ratschläge ihrer Schwestern hören. Schließlich hatten sie die gleichen Versuchungen mit den Männern erlebt, die sie geheiratet hatten. Die beiden würden wissen, was sie tun sollte.
Ja. Ein Lächeln umspielte ihre Lippen, als sie die Sorgen hinter sich ließ. Sie würde nicht mehr an Gryf denken, bis sie Zeit hätte, sich den Menschen
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