HISTORICAL JUBILÄUM Band 03
ihm ein neues Paar Schuhe angeboten. Doch er lehnte dankend ab mit dem Hinweis, dass er ja nur einen Fuß habe und ein Paar Schuhe demzufolge eine Geldverschwendung seien.
Als die Kutsche vorfuhr, die die Gesellschaft nach Hampton Court bringen sollte, war die Stimmung auf einem hitzigen Höhepunkt angelangt.
Nacheinander kletterten sie in das Gefährt: Mistress Coffey in modischem Schwarz mit einem mit Blumen bestickten Schultertuch, Miss Mellon im Gegensatz dazu in duftigem Weiß, wodurch ihr fast weißes Haar so weich wie Federn wirkte. Allerdings war sie sehr blass, und jeder fürchtete schon, sie würde nach langer Zeit wieder einen ihrer Anfälle bekommen.
Bethany trug zu ihrem roten Haar und den grünen Augen eine smaragdfarbene Robe mit sehr tiefem Ausschnitt und langen, eng anliegenden Ärmeln. Sie würde die Aufmerksamkeit jedes einzelnen Mannes in Hampton Court erregen.
Darcy hatte sich für ein Kleid aus hellblauer Seide entschieden, was im Ton genau der Farbe ihrer Augen entsprach. Mit den mädchenhaften Puffärmeln und dem runden, nicht zu tiefen Ausschnitt entsprach Darcy genau dem Bild der jungen, unschuldigen Lady, die sie ja auch war.
Ambrosias Gewand aus rotem Samt hatte einen hohen gerüschten Kragen, sodass die Male an ihrem Hals verdeckt waren. Das Oberteil lag eng an und ging in einen weiten, schwingenden Rock über. Die langen Ärmel endeten in mit glitzernden Steinchen besetzten Spitzen in der Mitte der Handoberflächen.
Geoffrey Lambert räusperte sich, bevor er erklärte: „Meine verehrten, geliebten Damen, ich schätze mich als überaus glücklich, dass ich die bezauberndsten Ladies von ganz England zu einer Visite bei unserem King Charles begleiten darf.“
„Ach, Großvater!“ Die Mädchen lächelten beglückt und verschränkten die Hände, um ihre Aufregung im Zaum zu halten. Sie konnten es kaum noch erwarten, endlich loszufahren.
Aber eine von ihnen war besonders ungeduldig. Geoffreys Blick fiel auf Ambrosia. Er konnte sich gut vorstellen, warum sie so aufgeregt war. Sie vermisste ihren Seefahrer, und der alte Herr hoffte, dass Captain Riordan Spencer umgekehrt die gleiche große Sehnsucht in sich trug.
Die Kutsche reihte sich in die lange Reihe der Gefährte ein, die sich langsam auf der langen, kurvenreichen Straße bewegten, die zum Palast von Hampton Court führte. Die Straßenränder waren gesäumt von den Königlichen Gardesoldaten, die in ihren roten, mit goldfarbenen Besätzen geschmückten Jacken beeindruckend aussahen. Sie hielten ihre Schwerter griffbereit.
Wo auch immer Ambrosia und ihre Begleiterinnen und Begleiter hinschauten, sahen sie den Prunk königlichen Reichtums. Die Gärten waren ein einziges farbenfrohes Blütenmeer, in dem unzählige Wasserfontänen sprudelten. Der Palast selbst war atemberaubend, doch nicht nur wegen dessen Schönheit bevorzugte der Monarch diesen Ort, sondern auch wegen der reinen und klaren Luft, wie sie sonst nur auf dem Lande zu finden war.
„So viele“, flüsterte Darcy überwältigt vor sich hin und tastete nach Ambrosias Hand.
„Ja, wer sie wohl alle sein mögen? Großvater, weißt du es?“
In der Tat waren alle Gänge und Säle im Erdgeschoss des Palastes gefüllt mit Menschen unterschiedlichster Art.
„Die Leute sind hier, weil sie ein Anliegen vorbringen möchten. Weil sie den König auf irgendein Unrecht aufmerksam machen wollen. Doch die meisten, so vermute ich, sind einfach gekommen, um einen Blick auf unseren Monarchen zu erhaschen und um selber gesehen zu werden.“
„Du meinst, die Menschen stehen den ganzen Tag einfach nur so herum, weil sie etwas sehen und gleichzeitig gesehen werden wollen?“, erkundigte sich Darcy ungläubig.
Geoffrey Lambert lächelte nachsichtig. „Ja, ich denke schon. Zumindest immer dann, wenn der König hier Hof hält. Und ich bin ziemlich sicher, dass wir selber auch nichts anderes tun werden.“
Kaum hatte er zu Ende gesprochen, erklang hinter ihm ein spitzer Schrei.
„Wie, um alles in der Welt, seid ihr denn hier hereingekommen?“ Edwina Cannon und ihre Mutter eilten hinzu. Beide waren offenkundig nicht erbaut, ihre Nachbarn aus Cornwall an diesem großartigen, erhabenen Ort zu treffen.
Bevor irgendjemand antworten konnte, drehte sie sich zu Silas Fenwick um, der ganz in ihrer Nähe stand und in gedämpftem Tonfall mit einigen sehr wichtig aussehenden Herren sprach. „Silas, komm schnell. Schau nur, wer hier ist!“
Als Silas die Lamberts entdeckte, wurden seine
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