Historical Lords & Ladies Band 40
erst, als er vor ein paar Wochen aus Indien zurückkehrte. Ein sehr freundlicher Herr … Einen besseren gibt es nicht, sagt Mrs Goss.“
„Ich habe gehört, seine Frau sei sehr schön gewesen.“
„Oh ja, das war sie, Miss Sophie. In der Bibliothek hängt ein Porträt von ihr.“
„Du bist Mrs Blackmore auch nie begegnet, nicht wahr, Tante?“
„Nein, Sophie, das weißt du doch. Mr Blackmores Hochzeit fand in London statt. Bei der Rückkehr des jungen Paares lebte ich bereits in Taunton.“
„Ich glaube, ich habe sie auch nie kennengelernt. Jedenfalls erinnere ich mich nicht, dass sie je bei uns gewesen wäre.“
„Mein Liebes, sicher gibt es viele Dinge, die dir entfallen sind“, meinte Megan, um ihre Nichte von dem Thema abzulenken, das nach sieben Jahren immer noch schmerzlich war. „Erinnerst du dich zum Beispiel an den Bruder deines Vormunds?“
„Nur vage. Manchmal kam er in unser Elternhaus. Aber das ist so lange her. Wenn ich ihn auf der Straße träfe, würde ich ihn sicher nicht wiedererkennen.“
„Ich auch nicht.“ Megan führte ihre Nichte zur Treppe. „Aber das wird sich bald ändern. Er hatte einen Unfall, von dem er sich gerade zu Hause erholt.“
„Oh Gott! Hoffentlich wurde er nicht schwer verletzt!“
„Soviel ich weiß, brach er sich ein Bein.“ Im Gegensatz zu ihrer Nichte empfand Megan kein Mitleid. „In seiner Kindheit war er einfach grässlich. Dauernd heckte er alberne Streiche aus, und er geriet ständig in irgendwelche Schwierigkeiten. Offenbar hat er sich nicht geändert.“
Doch da täuschte sie sich. Als sie mit ihrer Nichte den Salon betrat, sah sie einen hochgewachsenen jungen Mann neben Mrs Gardener auf dem Sofa sitzen. Mit der Hilfe eines Stocks aus Ebenholz erhob er sich und hinkte ihr entgegen. Ein strahlendes Lächeln erhellte sein attraktives Gesicht. „Wie schön, dich nach all den Jahren wieder zu sehen, Megan!“, rief er und ergriff ihre Hand. „Chris sagte, du seist völlig verändert. Aber ich erkannte dich sofort.“
„Von dir kann ich das nicht behaupten. Als ich Dorset verließ, warst du noch ein Schuljunge. Und jetzt bist du ein erwachsener Mann.“ Aufmerksam musterte sie ihn. Er hatte die meisten charakteristischen Merkmale der Familie Blackmore geerbt – schwarzes Haar und dunkle Augen, eine große, athletische Gestalt. Wenn er seinem älteren Bruder auch glich, so sah er eindeutig besser aus, weil sein markantes Gesicht nicht Christians müde, zynische Züge aufwies.
Sie beobachtete, wie sein Blick in Sophies Richtung wanderte. Sofort ließ er Megans Hand los, um die schmalen Finger ihrer errötenden Nichte zu umfassen. „Mein Bruder hat mich gebeten, dich an seiner Stelle in Moor House willkommen zu heißen, meine Liebe. Und das ist mir ein großes Vergnügen.“
„Vielen Dank, Sir“, erwiderte Sophie höflich und würdevoll. Diesem hübschen jungen Mann würde sie schon zeigen, dass sie nicht mehr das Kind war, an das er sich vielleicht erinnerte. Aber ihre überflüssige Förmlichkeit missfiel ihm.
„Nenn mich bloß nicht Sir! Zweifellos sind wir uns als Kinder über den Weg gelaufen, wenn wir es auch nicht mehr so genau wissen. Also können wir etwas weniger zeremoniell miteinander umgehen.“
„Nehmen Sie doch bitte Platz, Miss Megan – Miss Sophie“, drängte Mrs Gardener. „Sicher sind Sie müde von der Reise. Ich hoffe, Sie finden Ihre Zimmer komfortabel. Mir gefällt das Haus sehr gut. Jetzt wohne ich schon zwei Wochen hier, und ich habe nirgends einen Luftzug verspürt.“
„Kein Wunder, Cousine, weil dieses Gemäuer ein infernalisches Treibhaus ist“, seufzte Giles und sank in den bequemen Sessel, der am weitesten vom Kamin entfernt stand. „Der arme Chris ist an wärmeres Klima gewöhnt und hasst das britische Wetter. Nach seiner Rückkehr aus Indien rückte ein ganzes Heer von Handwerkern in Moor House an, um das Gebäude gründlich zu renovieren. Sämtliche Fenster, die nicht richtig schlossen, wurden repariert. Außerdem ließ er fast alle Schlafzimmer neu einrichten. Und im ganzen Haus gibt es keinen einzigen Raum, wo kein Kaminfeuer brennt.“
„Mit der Zeit wird er sich sicher akklimatisieren“, meinte Megan. „Das heißt, wenn er lange genug in England bleibt.“
„Es hat gar keinen Sinn, nach seinen Plänen zu fragen, Megan. Wie du dich vielleicht entsinnst, war er stets sehr verschlossen. Jetzt ist es noch schlimmer mit ihm geworden.“
„Da er das Haus so aufwendig in Stand setzen
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