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Historical Lords & Ladies Band 40

Historical Lords & Ladies Band 40

Titel: Historical Lords & Ladies Band 40 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mary Nichols , Anne Ashley
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den zerbrochenen Krug und den umgestürzten Stuhl, bevor sein Blick auf die schöne junge Frau mit dem offenen kastanienroten Haar fiel, die nur ein Nachthemd trug. Mühsam konzentrierte er sich wieder auf die Situation. „Warum hast du geschrien?“
    „Jemand war in meinem Zimmer, und ich warf den Krug nach ihm.“
    Zitterte sie, weil sie fror? Oder aus anderen Gründen? Ehe sie das entscheiden konnte, wurde sie von starken Armen hochgehoben. Christian ignorierte ihren wütenden Protest, trug sie zum Bett und deckte sie zu. Statt den erforderlichen Anstand zu wahren, setzte er sich zu ihr. „Fühlst du dich imstande, genau zu schildern, was passiert ist?“
    „Natürlich bin ich dazu fähig!“, fauchte sie und ärgerte sich, weil es einem verräterischen Teil ihres Wesens sehr gut gefallen hatte, auf Christians Armen zu liegen. „Im Dunkeln sah ich nicht, wer es war. Jedenfalls muss es ein Mann gewesen sein. Wie durch ein Wunder traf der Krug das Ziel, und ich hörte den Kerl fluchen. Die Stimme klang gedämpft, als habe er ein Tuch vors Gesicht gebunden. Aber ich erkannte eindeutig eine Männerstimme.“ Als sie zu ihm aufblickte, sah sie dunkles Kraushaar im offenen Kragen seines Hemds und schluckte verwirrt. „Du glaubst mir doch, Chris?“
    „Ich kenne dich lange genug, um zu wissen, dass du nicht an Einbildungen leidest. Wahrscheinlich hat der unerwünschte Besucher das Haus längst verlassen. Aber ich möchte wenigstens herausfinden, auf welchem Weg er eingedrungen ist.“ Zum ersten Mal zeigte er eine gewisse Besorgnis. „Leider muss ich dich allein lassen, wenn ich die Dienstboten wecke.“ Er eilte zur Tür, wo er seinem Bruder begegnete. „Ah, du kommst gerade zur rechten Zeit, Giles.“
    „Habe ich einen Schrei gehört?“, fragte Giles und inspizierte die Porzellanscherben am Boden.
    „Irgendjemand hat sich in Megans Zimmer geschlichen. Bleib bei ihr, ich muss das Personal wecken.“
    „Großer Gott!“ Bestürzt wandte sich Giles zu Megan, der das beängstigende Ereignis inzwischen eher amüsant erschien. „Ausgerechnet in deiner ersten Nacht unter diesem Dach!“
    Sie war es nicht gewohnt, Gentlemen in ihrem Schlafgemach zu empfangen. Was würde Charlotte denken, wenn sie wüsste, dass in ein und derselben Nacht gleich drei Mitglieder des anderen Geschlechts das Zimmer ihrer tugendhaften Schwester betreten hatten? Seltsamerweise fühlte sie sich kein bisschen verlegen, was man von dem armen Giles nicht behaupten konnte, der es tunlichst vermied, in die Richtung des Vier-Pfosten-Betts zu schauen.
    Zum Glück dauerte seine Qual nicht lange. In der Galerie näherten sich hastige Schritte, und Betsy erlöste ihn von der schweißtreibenden Aufgabe, bei Megan Wache zu halten. „Nun, dann werde ich dich in die Obhut deiner Zofe geben, Megan“, verkündete er sichtlich erleichtert und wollte die Flucht ergreifen, so schnell es sein verletztes Bein gestattete. Doch da fiel sein Blick auf einen Gegenstand, der neben der Kommode am Boden lag. „Was ist denn das?“ Er hob ein Messer mit dünner Klinge auf. „Gehört das dir?“
    „Dieses Messer habe ich noch nie gesehen“, versicherte Megan.
    Seine Gedanken überschlugen sich. „Natürlich, wie dumm von mir – heute Abend habe ich es benutzt, um einen Federkiel zu spitzen“, behauptete er und hoffte, seine Erklärung würde überzeugend klingen. „Und als ich vorhin hereinkam, muss es mir aus der Tasche gefallen sein …“
    Jetzt verschwendete er keine Zeit mehr. Besorgt suchte er seinen Bruder, traf ihn in der Küche an und bewunderte Christian, der die aufregende Situation gelassen meisterte und den Dienstboten mit ruhiger Stimme Anweisungen gab. Das war nicht ungewöhnlich. Während der Vater beim geringsten Anzeichen eines Problems nach London geflohen war, um sich in Spielhöllen oder noch anrüchigeren Etablissements die Zeit zu vertreiben, handelte Christian niemals impulsiv. Stattdessen erwog er stets in allen Einzelheiten, wie eine Schwierigkeit zu bewältigen sein könnte, und behielt immer einen klaren Kopf. Nicht einmal, wenn ihn irgendetwas in Wut brachte, verlor er die Beherrschung. Deshalb war es schwierig, seine Gedanken oder Gefühle zu erraten.
    Lebhaft erinnerte sich Giles an jenen Tag vor fast sechs Jahren, an dem sein Bruder ins Internat gekommen war, um ihn über Louisas Tod zu informieren. Vor seinem geistigen Auge sah er Christian am Fenster stehen und auf den Sportplatz der Schule starren. Völlig unbeteiligt

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