Historical My Lady Spezial Band 1 (German Edition)
dankbar sein, weil sie dich zurückgebracht hat.“
„Ich habe keine Ahnung, was du da redest.“ Doch noch während er es sagte, wusste Lucian, dass sein Bruder recht hatte.
Sebastian betrachtete ihn einen Moment forschend. „Wie du willst.“ Er nickte knapp. „Vielleicht möchtest du mir den Grund anvertrauen, weswegen du hiergeblieben bist, statt nach Mulberry Hall zu kommen?“
Offenbar hatte er die Intelligenz seines jüngeren Bruders unterschätzt, erkannte Lucian verblüfft. Sebastian mochte der Welt nur seine unbekümmerte, leichtfertige Seite zeigen, aber als sein älterer Bruder hätte er nicht vergessen dürfen, dass sehr viel mehr in ihm steckte, und auf der Hut sein müssen.
Jetzt zwang er sich zu einem Lächeln. „Viel lieber wüsste ich, vor welcher jungen Dame du geflohen bist, als du so prompt nach Mulberry Hall reistest.“
Einige Augenblicke lang sah Sebastian ihn nur stirnrunzelnd an, dann lächelte er gelassen und gab es auf, eine Antwort auf seine Frage zu erwarten. „Es wäre sehr unfein von mir, dir das zu verraten!“
Lucian schnaubte spöttisch. „Das hat dich bisher noch nie gestört.“
„Vielleicht hat ja Hawks Glück und deins mich zu einem besseren Menschen gemacht.“ Er entfernte geschäftig einen Fussel von seinem Rockaufschlag. „Nun, da ist eine gewisse Countess … Wirklich, Lucian, ich habe noch nie eine liebreizendere Frau gesehen. Sie ist …“
Und so lauschte er der Erzählung seines Bruders, zufrieden, dass er ihn erfolgreich von dem anderen Thema abgebracht hatte. Irgendwann würde er allerdings etwas tun müssen, um die Kluft, die sich zwischen ihm und Grace aufgetan hatte, zu überbrücken. Wie er das jedoch tun sollte, ohne ihr die Wahrheit zu sagen, war ihm noch ein Rätsel.
„Darf ich hereinkommen?“ Grace wartete Lucians Antwort nicht ab, sondern betrat sogleich die kleine Bibliothek im Dower House. Nachdem sie die Tür hinter sich geschlossen hatte, ging sie zu dem Schreibtisch, an dem Lucian die Briefe beantwortete, die er mit der heutigen Post erhalten hatte. „Ich möchte wissen, was hier vorgeht“, forderte sie ungehalten.
Er sah sie mit der resignierten Miene eines Menschen an, der schon zu lange eine Engelsgeduld gezeigt hatte, und reizte sie damit nur noch mehr. „Ich bin heute Morgen auf Winton Hall gewesen“, teilte sie ihm mit.
„Und aus welchem Grund, wenn ich fragen darf?“
„Ich habe mich natürlich nach Francis’ Gesundheit erkundigen wollen.“
„Natürlich.“ Lucian lehnte sich gemächlich in seinem Sessel zurück. „Eine Nachricht hätte dafür nicht gereicht?“
„Nein, zufällig nicht“, verkündete sie triumphierend. „Weil weder Darius noch Francis anwesend waren, um eine solche Nachricht entgegenzunehmen!“
„Tatsächlich?“
Sie schaute ihn finster an. „Du hast gewusst, dass sie nicht da sein würden!“
Unbekümmert zuckte er mit den Schultern. „Darius erwähnte mir gegenüber, er und Francis wollten in den nächsten Tagen nach London zurückkehren. Offensichtlich hat Francis sich gut genug erholt, und so sind sie abgereist.“
„Lucian …“
„Grace“, unterbrach er sie sanft und erhob sich langsam. „Die Entscheidungen deines Vormunds gehen uns nichts an.“
„Gehen mich nichts an, meinst du. Du wusstest doch, dass er abreisen würde!“
Ein leiser Seufzer entfuhr ihm. Er ging um den Schreibtisch herum, um sie in die Arme zu nehmen. „Hör zu, Grace …“
„Versuche nicht, mich abzulenken“, warnte sie und wich ihm aus.
„Lenke ich dich denn ab?“, fragte er heiser.
„Das weißt du sehr gut“, warf sie ihm vor. „Warum sind Darius und Francis nach London gefahren?“
Er schüttelte den Kopf. „Es tut mir leid, aber ich habe nicht die Absicht, dieses Thema mit dir zu diskutieren.“
„Es tut dir gar nicht leid! Du bist der anstrengendste, irritierendste Mann, den ich je … Lass mich los!“, befahl sie wütend, als er sie umarmte. „Ich habe dir gesagt, dass ich mich nicht ablenken …“ Sie brach ab, weil er sie wild auf den Mund küsste.
Es war viel zu lange her, seit er sie das letzte Mal so gehalten hatte. Viel, viel zu lange her! Nichts war Lucian in diesem Moment so klar wie das.
„Lucian …“, stöhnte Grace schwach, als er ihren Mund freigab und ihren Hals mit kleinen, heißen Küssen bedeckte. Aber sie durfte, wollte sich nicht davon ablenken lassen. „Hör auf.“ Sie schob ihn entschlossen von sich. „Jemand könnte hereinkommen und uns so
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