Historical Mylady Spezial Band 2
Erinnerung und wusste, dass Dolly ihren Mann von Herzen liebte. Juliet fürchtete nur, dass Dollys Vorstellung davon, was eine gute Absicht war, nicht ganz mit ihrer eigenen übereinstimmte.
„Bitte sag, dass du gehen wirst!“ Helena flehte sie richtiggehend an. „Ich kann mitkommen und als deine Zofe fungieren …“
„Du bist meine Cousine, keine Dienstbotin!“, protestierte Juliet.
„Aber als deine Cousine bin ich nicht eingeladen. Überleg doch. Es könnte so viel Spaß bringen. Und es ist die letzte Mode, eine französische Zofe zu haben. Du kommst eben mit deiner Zofe Helena Jourdan.“
Juliet wusste, wie wenig Spaß Helena in ihrem jungen Leben gehabt hatte. Ihre Eltern, die Schwester ihrer eigenen Mutter und deren französischer Gatte, fielen der Geißel zum Opfer, die Bonapartes Herrschaft für Frankreich bedeutet hatte. Beide waren vor sechs Jahren bei einem Überfall auf ihren kleinen Hof von Soldaten auf der Suche nach Nahrung und Wertsachen getötet worden.
Helena hatte den Überfall selbst miterlebt, doch sie hatte später, als sie sicher in England angekommen war, nie auch nur ein Wort über ihr eigenes Schicksal während dieser einwöchigen Belagerung verloren. Allerdings konnte Juliet sich vorstellen, dass ihre junge Cousine nicht unbeschadet davongekommen war, so wie sie seitdem darauf bestand, ihre zarte Schönheit mit allen Mitteln herunterzuspielen.
In den letzten Monaten, seit Crestwoods Tod, hatten sie beide ruhig und zufrieden gelebt, ganz allein mit Ausnahme der wenigen Dienstboten, doch Juliet glaubte gern, dass ein erst zweiundzwanzig Jahre altes Mädchen wie Helena ein wenig mehr Aufregung in ihrem langweiligen Leben begrüßen würde.
Die Art von Aufregung, die ein zweiwöchiger Aufenthalt auf Dolly Bancrofts Landgut ihnen zweifellos bescheren würde …
1. KAPITEL
M ir ist schleierhaft, wieso du es für nötig befunden hast, mich in aller Herrgottsfrühe aus dem Bett zu scheuchen …“
„Es ist elf Uhr, Gray“, antwortete Sebastian, während er mühelos die lebhaften, perfekt aufeinander abgepassten Grauen vor seiner Karriole bändigte.
„Soweit es mich angeht, ist jede Stunde vor dem Mittagessen finsterstes Morgengrauen“, beharrte Lord Gideon Grayson – von seinen engsten Freunden Gray genannt. Finster dreinblickend hockte er neben Sebastian in einer Ecke, den hohen Kragen seiner modisch geschnittenen Jacke trotz des warmen Augusttags bis zu den Ohren gezogen. „Ich hatte kaum Zeit, wach zu werden, geschweige denn, mein Frühstück zu genießen.“
„Bücklinge, Eier und Toast mit zwei Kannen starken Kaffees“, sagte Sebastian fröhlich. „In aller Ruhe zu dir genommen, wie ich mich erinnere, während du die Morgenzeitung studiertest.“
„Mein Diener konnte mich nicht in aller Sorgfalt ankleiden, sondern wurde rücksichtslos gehetzt und …“
An dieser Stelle hörte Sebastian auf, Grays Beschwerden zu lauschen. Zu süß war der Gedanke an die aufregende Herausforderung, Juliet Boyd zu verführen, als dass irgendjemand ihm die gute Laune verderben konnte.
„… und jetzt langweilt sich der beste Freund, den ich auf Erden habe, so sehr in meiner Gesellschaft, dass er sich nicht einmal die Mühe macht, mir zuzuhören. Wohlgemerkt, nachdem er mich mit Gewalt aus dem Bett gezerrt hat!“ Gray warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu.
Sebastian lächelte ohne Bedauern. „Sobald du etwas Interessantes zu sagen hast, Gray, sei versichert, dass ich dir auch zuhören werde.“
„Könntest du wenigstens versuchen, diese abscheuliche Fröhlichkeit ein wenig zu drosseln?“, brummte sein Freund mürrisch. „Ich fühle mich wirklich etwas schwach heute Morgen.“
„Eine selbst verschuldete Schwäche.“
Zusammen waren sie am Abend zuvor durch diverse Trink- und Spielhöllen gezogen – Sebastian hatte gewonnen, Gray nicht –, und die übrige Zeit hatte Gray im Bett seiner derzeitigen Geliebten verbracht, bevor er in den nicht mehr ganz so frühen Morgenstunden heimgekehrt war.
„Du bist heute in widerlich guter Stimmung, Seb.“ Gray verzog das Gesicht. „Hast du dir eine neue Geliebte genommen, um Lady Hawtry zu ersetzen?“
„Noch nicht.“ Sebastian lächelte breit. „Aber ich habe in den nächsten zwei Wochen die Absicht, es zu tun.“
„Ach, tatsächlich?“ Grays Interesse war geweckt. „Ich hoffe, du hast nicht vor, dein Glück bei Dolly Bancroft zu versuchen, während du auf Banford Park weilst? Ich warne dich, neben dir und deinem Bruder
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