Historical Mylady Spezial Band 2
nicht überreden lassen dürfen, sagte sie sich selbst wohl schon zum hundertsten Mal, seit sie die Einladung angenommen hatte. Sosehr sie auch Helena nach der langen Trauerphase eine kleine Abwechslung gönnte, hätte sie sich doch etwas anderes einfallen lassen müssen, um ihre Cousine aufzuheitern.
Vielleicht wäre ihr anders zumute gewesen, wenn sie Helena als Stütze an ihrer Seite gehabt hätte. Aber die hatte darauf bestanden, sie als ihre Zofe zu begleiten – eine Rolle, die sie übrigens gern zu spielen schien. Vor einer Weile war sie in die Gemächer der Bediensteten hinuntergegangen, um mit den anderen Zofen den neuesten Klatsch auszutauschen.
„Würden Sie mir die Ehre erweisen, Sie in den Salon begleiten zu dürfen, Lady Boyd?“
Juliet drehte sich abrupt um, entspannte sich aber wieder, als sie ihren Gastgeber erkannte, der besorgt neben ihr stehen blieb. Der Earl, ein hochgewachsener, gut aussehender Mann in den Fünfzigern, erinnerte Juliet sehr an ihren Vater, wenn er sie, wie jetzt, aus klugen haselnussbraunen Augen ansah.
„Ich bewunderte nur gerade dieses Porträt.“ Sie sah zu dem Gemälde hinüber, das sie in Wirklichkeit jetzt zum ersten Mal bemerkte.
„Mein Urgroßvater, der siebte Earl of Banford. „Ein ungewöhnlich hässlicher Mann, nicht wahr?“, meinte der Lord mit ironischem Lächeln.
Ein Kichern entfuhr Juliet. Der siebte Earl war tatsächlich ein ausgesprochen unattraktiver Mann gewesen.
„Wollen wir?“ Der Urenkel des geschmähten Adligen, der zehnte Earl of Banford, bot ihr zum zweiten Mal seinen Arm.
„Vielen Dank.“ Schüchtern legte sie die behandschuhte Hand darauf.
Für heute hatte sie ein modisch hochtailliertes Kleid aus grauer Seide gewählt, das nur mit einem Hauch Brüsseler Spitze am Dekolleté und am Saum der kurzen Puffärmel verziert war. In ihre dunklen Locken hatte sie Perlenstränge eingeflochten, und darüber hinaus trug sie als einzigen Schmuck die dazu passenden Ohrringe und den schlichten Ehering an ihrer linken Hand.
Am liebsten hätte Juliet auch dieses Symbol für Edwards Besitzanspruch abgelegt, wusste aber, dass sie damit nur den Gerüchten Vorschub leisten würde, die schon bald nach Edwards Tod die Runde gemacht hatten.
„Meine Frau behauptet immer, es sei das Beste, genau das zu tun, was einen selbst am meisten erfreut. Vermutlich weil sie davon ausgeht, dass es ohnehin unmöglich ist, allen Menschen gleichzeitig gefällig zu sein“, vertraute der Earl ihr an.
Erstaunt wandte Juliet ihm den Blick zu. „Meine Erfahrung ist eher, dass man keinem einzigen gefällig sein kann, was immer man tut!“, entgegnete sie, aber ihre Anspannung ließ ein wenig nach. „Hat Ihre Frau Sie auch gebeten, hier in der Halle auf mich zu warten, damit Sie mich galant in den Salon begleiten können?“
Der Earl nickte. „Sie könnte tatsächlich etwas in dieser Richtung erwähnt haben.“
Juliet lachte leise. „Sie sind zu freundlich, Mylord.“
„Ganz im Gegenteil, meine Liebe. Ich fühle mich vielmehr sehr geehrt“, erwiderte er. „Und jetzt lassen Sie uns hineingehen und die Klatschbasen in Aufregung versetzen, hm?“
Es schien Juliet, als würden alle Blicke sich auf sie richten, kaum dass sie den Fuß in den Salon gesetzt hatte. Jedes Gespräch versiegte. Dann unterbrach Dolly schnell diese Stille, indem sie sich an den attraktiven, modisch gekleideten jungen Mann an ihrer Seite wandte – ein junger Mann, der Juliet aus seinen unergründlichen hellbraunen Augen unverhohlen musterte …
Sebastian achtete kaum auf Dollys Worte, da er, ebenso wie alle übrigen Anwesenden, seine ganze Aufmerksamkeit der Countess of Crestwood schenkte, die gerade am Arm ihres Gastgebers hereinkam.
Sie war unglaublich schön, sogar noch schöner, als Sebastian sie in Erinnerung hatte. Zum letzten Mal hatte er sie auf irgendeinem Ball vor etwa zwei Jahren gesehen, und sie hatte sofort sein Interesse geweckt.
Jetzt bemerkte er feinere Einzelheiten an ihr – ihr tiefschwarzes Haar und die darin eingeflochtenen Perlen, die hohe Stirn, die dichten Wimpern, Augen von einem so intensiven Grün, wie er es noch nie gesehen hatte. Dann ihre kleine, vollkommene Nase, die wunderschön geschwungenen sinnlichen Lippen und die stolze Haltung.
Die Brüste wirkten voll und rund, genau wie damals. Weich und verführerisch hoben sie sich unter der perlgrauen Spitze an ihrem Ausschnitt ab. Ihre Taille und die Hüften hingegen kamen ihm schmaler vor, und ihre Haut
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