Historical Mylady Spezial Band 2
keinen Moment von dem scheinbaren Gleichmut ihrer Gastgeberin täuschen. Auf keinen Fall konnte ihr die Anspannung zwischen Sebastian und dem Duke entgangen sein!
Wie nicht anders zu erwarten bedachte Sebastian seine alte Freundin mit einem vernichtenden Blick. „Mischst du dich wieder in meine Angelegenheiten ein, Dolly?“
„Ganz und gar nicht“, sagte sie vorwurfsvoll. „Ich möchte lediglich einen Faustkampf auf meinem Ball verhindern. Bancroft wäre ausgesprochen verärgert, wenn Blut auf seine schönen Aubusson-Teppiche tropft!“
Sebastian war hin- und hergerissen. Er wollte mit Juliet nach oben gehen – auch gegen ihren Willen, wenn es sein musste – und die ganze missliche Angelegenheit ein für alle Mal mit ihr klären. Am liebsten wollte er ihr alles sagen, angefangen mit Bancrofts Verdacht, sie sei eine Spionin für die Franzosen, ihrer Rolle am Tod ihres Mannes und dem verdammten Brief, der mit ‚J‘ unterschrieben war. Und dann wollte er von ihr verlangen, dass sie sich in jedem dieser Punkte für unschuldig erklärte.
Wenn er das allerdings tat, würde er für immer Juliets Gunst verlieren. Denn ob sie unschuldig war oder nicht, sie würde ihn für seinen Anteil an dem Komplott hassen. Was würde es dann noch für eine Rolle spielen, dass man ihn im Grunde dazu gezwungen hatte?
Verdammt, verdammt, verdammt!
„Nun gut, Dolly. Gehen wir also tanzen.“ Er gab Juliet so plötzlich frei, dass sie fast stolperte. Aber nach einem Blick auf Sebastians finstere Miene ignorierte sie wohlweislich den Arm, den ihr der Duke of Carlyne sofort stützend bot.
Bis vor wenigen Tagen war Sebastian für seine liebenswürdige Natur bekannt gewesen, für seinen lässigen Humor, seinen Charme und seine Ungezwungenheit, die ihn in keiner Situation und vor allem bei keiner Frau je im Sich gelassen hatten.
Bis vor wenigen Tagen, dachte er grimmig.
Seit seiner Ankunft auf Banford Park befand er sich ständig aus dem einen oder anderen Grund in einem Aufruhr der Gefühle – Verlangen nach Juliet, Zorn über jeden Mann, der es wagte, sie auch nur anzusehen. Selbst jetzt war er nicht sicher, wie er reagieren würde, sollte Darius Wynter ihr zu nahe kommen.
Dankbar und erleichtert sah Juliet ihre Gastgeberin an, bevor sie den Arm des Dukes ergriff. „Wollen wir, Euer Gnaden?“ Sie wich Sebastians Blick aus, während sie davonging.
Dennoch war ihr, als könnte sie seinen Blick bei jedem Schritt, den sie tat, förmlich auf sich spüren …
Noch nie war Juliet so erschöpft gewesen wie an diesem Abend, als sie drei Stunden später die breite Treppe zu ihrem Schlafzimmer hinaufstieg.
Es hatte, dem Himmel sei Dank, keine weiteren Szenen zwischen Sebastian St Claire und dem Duke of Carlyne gegeben. Was vermutlich daran lag, dass Sebastian nach einem Tanz mit Dolly den Ballsaal verlassen hatte und nicht mehr zurückgekehrt war.
Der Abend war ihr seitdem so lang geworden, dass Juliet sich danach gesehnt hatte, es Sebastian gleichzutun. Der Anstand allerdings gebot, dass sie blieb. Den Ballsaal so bald nach Sebastian zu verlassen, hätte nur wieder zu neuem Klatsch geführt.
Also war Juliet geblieben und hatte mit einem Gentleman nach dem anderen getanzt. Den letzten Tanz hatte sich erneut der Duke of Carlyne reserviert.
Was für ein seltsamer, unberechenbarer Mann. In Gesellschaft anderer, ganz besonders in der Sebastians, gab er sich als der verwegene Herzensbrecher. Wenn er allerdings mit ihr alleine sprach, erwies er sich als ein Mann von makellosen Manieren und großer Intelligenz, ohne ihr jemals zu nahe zu treten.
Auch das zeigte wieder einmal, wie wenig sie von Männern verstand! Vor ihrer Heirat hatte Crestwood so überzeugend den Eindruck eines ernsten, ehrenhaften Mannes gemacht, dass er auch von ihren armen, getäuschten Eltern gebilligt worden war. Sobald sie allerdings seine Frau geworden war, hatte Crestwood sich, vor allem in der Abgeschiedenheit ihres Schlafzimmers, in ein Ungeheuer verwandelt.
Sebastian St Claire war das genaue Gegenteil – im Schlafzimmer nur um ihr Vergnügen und ihre Befriedigung besorgt, jedoch völlig unberechenbar, sobald sie es verließen.
Und auch der Duke of Carlyne schien ein Mann voller Widersprüche zu sein, der offenbar selbst irgendwann in seiner anrüchigen Vergangenheit zutiefst verletzt worden war und noch immer darunter zu leiden schien.
Juliet hoffte insgeheim, dass Helena nicht noch auf sie wartete, um ihr beim Auskleiden zu helfen. Ihre Cousine
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