Historical Mylady Spezial Band 2
Crestwood abzugeben und dadurch den gesellschaftlichen Ruin zu riskieren. Juliet fragte sich angewidert, ob dieser Mensch der derzeitige Liebhaber der Countess of Banford war.
„Lady Boyd, darf ich Ihnen Lord Sebastian St Claire vorstellen?“, fragte der Earl pflichtgemäß. „Lord St Claire, Lady Juliet Boyd, Countess of Crestwood.“
Am interessierten Funkeln in den Augen des Earls erkannte Sebastian, dass Dolly ihrem Mann den wahren Grund für seine Anwesenheit anvertraut haben musste. Ärgerlich über diesen Vertrauensbruch presste er für einen Moment die Lippen zusammen, dann verbeugte er sich knapp. „Mylady.“
„Mylord.“ Die Countess knickste anmutig, reichte ihm aber nicht die Hand.
Leicht verwundert runzelte Sebastian die Stirn. „Wollen Sie mir die Ehre erweisen, Sie zu Tisch geleiten zu dürfen, Lady Boyd?“
„Ehre, Mylord?“, fragte sie spöttisch.
Er neigte den Kopf. „Gewiss.“
„Dann verfügen Sie über eine sehr ungewöhnliche Auffassung von Ehre, Mylord“, meinte sie mit einem verächtlichen Lachen.
Zum Henker, das Gespräch verlief ganz und gar nicht so, wie er es sich erhofft hatte. In seiner Vorstellung war sie ebenso schnell von ihm angetan gewesen wie er von ihr. Sebastian hatte sich ausgemalt, dass sie sich schon bald allein miteinander unterhielten, dass sie allein zusammensaßen, allein einen Spaziergang machten – und auf jeden Fall allein waren, während sie sich liebten …
Insgeheim unterdrückte er ein Stöhnen, während er sich vorstellte, wie er ihr zunächst die Perlen aus dem Haar nahm, damit die schimmernden Locken offen über ihren schlanken Rücken fallen konnten. Als Nächstes würde er ihr das Kleid ausziehen, indem er ganz langsam einen winzigen Knopf nach dem anderen öffnete – vom zarten Nacken bis zur Taille –, bei jedem Knopf kurz verweilend, um die seidenweiche Haut zu küssen, die er enthüllte. Sobald er den letzten Knopf geöffnet hatte, würde er das Kleid an ihr herabgleiten lassen und ihren Körper bewundern, nur in Chemise und Strümpfe gehüllt. Vor seinem inneren Auge sah er, wie ihre vollen Brüste sich ihm verführerisch unter dem dünnen Stoff entgegenreckten, als wollten sie seine Aufmerksamkeit erregen, und die dunklen Knospen versprachen ihm ein Vergnügen, das er kosten und genießen würde, bis er genug davon hatte – falls das überhaupt möglich war.
„Wie es scheint, sind wir die Letzten bei Tisch, Lord St Claire“, sagte Juliet tadelnd. Er schien tief in Gedanken versunken zu sein. Vielleicht überlegte er schon das Ausmaß seines gesellschaftlichen Ruins, wenn man nach dem schmerzlichen Ausdruck auf seinem Gesicht ging.
Ganz offensichtlich kehrte er nur mühsam in die Wirklichkeit zurück. „Ich entschuldige mich für meine Geistesabwesenheit, Lady Boyd“, sagte er heiser und reichte ihr seinen Arm.
„Dazu besteht überhaupt kein Grund, Lord St Claire.“ Juliet legte ihm die Hand auf den Arm und spürte die kräftigen Muskeln unter ihren Fingerspitzen. „Schließlich bittet man Sie nicht jeden Tag darum, die berüchtigte Schwarze Witwe zu Tisch zu begleiten“, fügte sie spitz hinzu.
„Ich … Wie haben Sie sich eben genannt?“, rief er verblüfft.
Sie lächelte humorlos. „Glauben Sie mir, ich kenne die wenig schmeichelhaften Spitznamen sehr gut, mit denen man mich seit dem … Tod meines Mannes versieht. Machen Sie sich keine Sorgen. Ihre Pflicht wird erfüllt sein, sobald wir Platz genommen haben. Ich bin nicht im Geringsten gekränkt, falls Sie es vorziehen, mich für den Rest des Abends zu ignorieren.“ Sie würde es vielmehr begrüßen!
Inzwischen hatte Juliet in Lord Sebastian St Claire den jüngsten Bruder des vornehmen Duke of Stourbridge erkannt. Sie wusste, dass er als einer der begehrtesten Junggesellen des ton galt. Entsprechend zog seine Anwesenheit hier ebenso viel Aufmerksamkeit auf sich wie ihre eigene, und ihr verspätetes Erscheinen im Speiseraum musste allgemein umso größeres Aufsehen erregen.
Er betrachtete sie offensichtlich verwundert. „Warum sollten Sie denken, dass ich Sie zu ignorieren wünsche?“
„Um sich weitere Peinlichkeit zu ersparen vielleicht?“
Zum ersten Mal kam Sebastian der Gedanke, dass es vielleicht doch keine so gute Idee gewesen war, Juliet nach Banford Park bringen zu lassen. Nach all dem Gerede in den letzten achtzehn Monaten über den unerwarteten Tod ihres Gatten musste ihr der erste gesellschaftliche Auftritt selbstverständlich unangenehm
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