Historical Platin Band 04
teilhaben lassen.
Als Madame de Trémont ihr Gelöbnis ablegte, schaute Richard sie wieder an und wurde sich gewahr, dass er sich soeben an ein Weib gebunden hatte, das ihm bei einem Festmahl wohl nicht aufgefallen wäre. Sie hatte den Kopf geneigt, und Richard versuchte, sich der Farbe ihrer Augen zu erinnern, vermochte es indes nicht. Dieser Umstand trug nicht dazu bei, seine schlechte Stimmung zu heben. Auch von ihrer Gestalt war unter der seitlich geschlitzten, aus einfachem Karmesintuch gefertigten Cotte nicht viel zu erkennen. Offensichtlich war Monsieur de Trémont bei den Ausgaben für sie ebenso sparsam gewesen wie bei der Ausgestaltung seiner persönlichen Umgebung. Und nun würden all die Schätze, die der frühere Burgherr angehäuft hatte, durch seine Witwe ihm, Richard, zufallen.
Sie sei genau das Weib, das er brauche, hatte der Herzog geäußert, da sie eine äußerst begüterte Witwe sei und weder Kinder noch lästige Angehörige habe, die ihr Wittum für sich beanspruchen könnten. Der Kunde nach zu urteilen, die über sie verbreitet worden war, hatte sie ein zurückgezogenes Dasein geführt und den betagten, siechen Gemahl gepflegt. Gewiss, sie stehe nicht mehr in der Blüte der Jugend, sei indes noch nicht zu alt, um gesegneten Leibes zu werden.
Richard hatte heftigen Einspruch dagegen erhoben, sich ein zweites Mal vermählen zu sollen, und Monsieur le Duc darauf hingewiesen, nach den Erfahrungen mit seiner ersten Gattin sei das Erleiden der weißen Pest nichts im Vergleich zur Ehe. Der Herzog hatte sich indes nicht umstimmen lassen. Schließlich hatte er sogar eingeräumt, was Richard bereits seit geraumer Weile vermutete: Er gedenke nicht nur, ihn, den treuen Vasallen, für seine Dienste zu belohnen, sondern wolle auch sicherstellen, dass ein ihm ergebener Lehnsmann Herr auf der wichtigen Grenzveste Trémont sei.
Unbehaglich regte Richard sich auf dem kalten Fußboden und verwünschte den Umstand, dass Madame de Trémont sich nicht für den Aufenthalt in einem Konvent entschieden hatte. Dann wäre ihm der Druck erspart geblieben, sie zur Gemahlin nehmen zu müssen. Doch der Verspruch war geschlossen, und Richard nahm sich vor, das Beste aus der misslichen Lage zu machen. Verstimmt bedachte er den Kapellan mit einem unwirschen Blick, der besagte, der Priester möge endlich zum Abschluss der Zeremonie kommen.
Widerwillig schlug Anselm über die einander Versprochenen das Kreuz und sagte: „Nun gehet hin in Frieden.“
Ob der Pein im Knie biss Richard die Zähne zusammen, stand ungelenk auf und reichte Madame de Trémont die Hand.
Sie legte ihre auf seine und erhob sich. An seiner Seite verließ sie die Kapelle, schritt durch das Gewölbe und betrat den Saal. Ihnen folgte die kleine Schar der Andächtigen, die Zeuge der Zeremonie geworden waren.
„Das Gastmahl ist vorbereitet, mein Gebieter“, wandte Mellisynt sich an ihn. „So Ihr einverstanden seid, möchte ich, dass zur Feier des Tages alle Bewohner der Burg daran teilhaben.“
Sie hatte grüne, von dichten schwarzen Wimpern umgebene Augen, die in ihrem bleichen Gesicht besonders stark zur Geltung kamen. Irgendwie wirkte sie auf Richard älter denn die zweiundzwanzig Lenze, auf die sie, wie man ihm berichtet hatte, bereits zurückblickte.
„Es soll mir recht sein“, beschied er ihr die Bitte und bemühte sich, die ihn ermüdende Erschöpfung nicht ersichtlich werden zu lassen. Er hatte zwei Tage in hartem Gefecht hinter sich und den nachfolgenden anstrengenden Ritt nach Trémont. Die Belastungen hatten ihn ausgelaugt, und er sehnte sich danach, endlich das Lager aufsuchen und schlafen zu können. Dem Rang seiner Verlobten entsprechend musste er ihr jedoch die Möglichkeit geben, die Hochzeit einigermaßen festlich zu begehen.
Er harrte neben ihr aus, als die Bewohner der Burg, die Männer seines Trupps, das Dienstvolk, die Schildknechte und Söldner sich vor ihnen verbeugten und ihnen Gottes Segen wünschten. Ein ergrauter Ritter erwies ihm als einer der letzten die Reverenz. Steif dankte er ihm und schaute den alten Mann, der dem verstorbenen Burgherrn als Seneschall gedient hatte, mit einem Ausdruck an, in dem sich Anerkennung und Wachsamkeit mischten. Er hatte sich zuvor mit ihm über die Verteidigungsanlagen der Veste und die Stärke der vorhandenen Landwehr unterhalten. Das Alter hatte Monsieur Jerome de Trasignies gebeugt, und seine Hände waren so verkrümmt, dass er eine Waffe gewiss nur noch unter großen Schmerzen
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