Historical Platin Band 04
Blick auf den Schlegel, sah dann wieder die Herrin an und sagte leichthin: „Ich werde Feuer machen und dann ein scharfes Messer holen.“
Seana beachtete das Gemurmel der Magd nicht mehr. Sie starrte den Stock an, besonders eine Stelle, die frischer wirkte als die anderen Flecke, und schrie laut auf.
Liam vernahm den Schrei. Er stand vor des Tür des Gemaches und horchte auf die anhaltenden Schreie. Dann begab er sich in die gewölbte Stube und forderte Siward MacNeice und Calum MacAlret auf, mit ihm auszureiten. Sie willigten ein. Ein kreißendes Weib war nichts für Männer.
Beim Ritt durch das Torhaus tauschte er mit den Begleitern ein vielsagendes Lächeln, als das aus dem Palast dringende Geschrei jäh erstarb. „Meine Schwester ängstigt sich umsonst“, äußerte er leichthin. „Maille wird ihr bei der Geburt beistehen.“
Maille schaute den Reitern hinterher, wandte sich dann vom Fenster ab und nahm das Tuch aus dem Korb. „Euer Bruder ist mit Master Siward und Master Calum fortgeritten“, sagte sie. „Mich dünkt, jetzt sind wir allein.“
Ächzend richtete Seana sich halb auf und flüsterte: „Was willst du mit dem Scharlach?“ Sie versuchte, nicht daran zu denken, dass sie nun der Gnade der sie leeren Blicks ansehenden Magd ausgeliefert war. Bisher hatte die Mutter Gottes sie beschützt und würde auch die Hand über ihr noch ungeborenes Kind halten. Etwas anderes wollte Seana nicht glauben.
Maille rieb den scharlachfarbenen Barchent an der Wange und beachtete die Herrin nicht.
Schließlich schrie Seana sie an.
„Beunruhigt Euch nicht, Herrin“, erwiderte sie gelassen. „Das ist doch nur ein roter Schleier.“ Sie zog den Schemel vor den Kamin, setzte sich und starrte in die Flammen. Den Scharlach an sich drückend, träumte sie von den wunderbaren Dingen, die Master Joris MacKeith ihr zur Belohnung für ihren Dienst schenken würde.
Die Wehen wurden stärker. Das Kind hatte es eilig, zur Welt zu kommen. Je schneller es geboren wurde, desto weniger Kraft raubte es Seana. Sie brauchte sie, um sich und ihr Kind zu beschützen. Plötzlich stand Maille auf, kam zu ihr und legte ihr die Hand auf den Leib. „Verschwinde, Metze!“, schrie sie ängstlich.
„Jetzt dauert es nicht mehr lange, bis Ihr entbunden habt.“
Dessen war Seana sich bewusst. Sie hatte das Gefühl, entzweigerissen zu werden, und empfand unerträgliche Schmerzen. Ihr Kind, Micheils Spross, würde hilflos sein. Sie musste am Leben bleiben. Sie würde überleben. Unvermittelt kam ihr der Gedanke, der Bruder könne veranlasst haben, das Ethwinn nicht aufzufinden und nur seine Buhle bei ihr war. Vielleicht wollte er, dass Maille das Neugeborene beseitigte. Verstört umklammerte sie den Saum des Plaids und hob sich ächzend an. Das Kind drängte in die Welt.
Aufschreiend rief sie nach Micheil.
Auf dem Weg über den Hof blieb Micheil jäh stehen. Er hatte das Gefühl, die Haare stiegen ihm zu Berge, drehte sich hastig um und horchte in die Dunkelheit.
„Was hast du?“, fragte Iain und schaute ihn verwundert an.
„Habt ihr den Schrei nicht gehört?“
„Du hast Sinnestäuschungen“, antwortete Gabhan kopfschüttelnd. „Wahrscheinlich war es das Heulen des Windes um die Klippen, das du gehört hast.“ Unbehaglich trat er von einem Fuß auf den anderen und hoffte, der Laird möge zur Vernunft kommen.
„Das wäre möglich“, räumte Micheil ein, lauschte noch einen Moment und ging dann mit den Begleitern in den Saalbau. Er war sicher, dass jemand ihn gerufen hatte.
Bei der Verfolgung marodierender MacKeith’ stieß James plötzlich auf David, der ihm über ein Feld entgegengewankt kam. Noch lag mancherorts Schnee, wenngleich die Schmelze bereits eingesetzt hatte. Da David von Strauchdieben überfallen worden zu sein schien, nahm James ihn beiseite und befragte ihn.
„Ich weiß nicht, was mir widerfahren ist, James. Wie viele Tage war ich verschwunden?“
„Drei.“
David beschrieb dem Bruder die Gesichte und war froh, dass James ihm ruhig zuhörte und ihm einen Ausweg aus der verzwickten Lage vorschlug.
„Seit dem Abend, da du fortgeritten bist, ist etwas mit Micheil geschehen. Niall hat Männer um sich geschart, die unserem Bruder Vorwürfe machen, weil er seinen Schwager nicht getötet hat. Sollte Micheil auf den Einfall kommen, Liam habe dich angegriffen, würde er unverzüglich gegen ihn zu Felde ziehen. Du darfst ihm deine Visionen nicht erzählen. Er wird die Wahrheit erfahren, sobald wir in
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