Historical Platin Band 04
Craigell Castle sind. Niemand wird ihn aufhalten, selbst wenn die MacKeith’ wieder mit ihren Raubzügen begonnen haben. Sag mir, David, was war mit dem Kind? Hast du gesehen, was aus Micheils Spross geworden ist?“
„Nein. Ich weiß nur, dass er zur Welt gekommen ist. Mehr habe ich nicht gesehen.“
„Und was ist mit Seana?“
„Sie hat nach Micheil geschrien. Es entzieht sich meiner Kenntnis, ob das als Hilferuf oder Verwünschung zu verstehen war.“ David legte dem Bruder die Hand auf den Arm und lehnte sich an ihn. „Im Gegensatz zu dir vertraue ich nicht darauf, dass Micheil mein Leben noch viel wert ist, um unseren Schwager zur Rechenschaft zu ziehen.“
„Glaub mir, David. Er wird unverzüglich aus dem Drang, unseren Feind zu vernichten, nach Craigell Castle aufbrechen.“
„Über unsere Schwester darfst du ihm nichts berichten. Das wäre der falsche Zeitpunkt.“
„So, wie du mich anleitest, werde ich mich von dir beraten lassen. Gemeinsam werden wir unseren Bruder wieder zu einem ganzen Mann machen.“
Zwischen den Halbsäulen des Gewölbes vor der Hofstube verborgen, beobachtete David durch die Spitzbogentür, wie James sich dem beim Würfeln zuschauenden ältesten Bruder näherte. Micheil war dem Vater sehr ähnlich, auch im Wesen. Niemand, weder Mann noch Weib, würde ihn je beherrschen. Und niemand konnte behaupten, seinen Charakter richtig beurteilen zu können.
James hatte die gleiche Statur wie Micheil und stand unbeirrbar treu zu den Geschwistern und der Sippschaft. Ihm war der gleiche Stolz wie Micheil zu eigen, doch von Natur aus ausgleichender veranlagt, hörte er erst alle Parteien, ehe er sich zum Handeln entschloss.
David wagte nicht, an die Schwester zu denken. Er hatte kein ungutes Gefühl, anders denn in der Nacht, als die Gesichte ihn überkommen hatten, doch der Anblick der Base, die mit Niall die Halle betrat, veranlasste ihn, nach dem Dolch zu greifen. Dann besann er sich und ließ die Hand sinken. Er durfte nicht vergessen, dass es um Micheil ging. Micheil musste seelisch gesunden. Danach würden alle anderen den ihnen zustehenden Lohn oder ihre gerechte Strafe bekommen.
„Wir reiten im Morgengrauen, David“, rief James ihm zu.
„Micheil hat dir keine Fragen gestellt? Er hat dir geglaubt?“
„Jeder Vorwand, gegen Liam außer Banner zu gehen, ist ihm recht.“
David blickte zu Micheil hinüber, der ihn und James beobachtete, und erkundigte sich: „Denkt er, Seana habe ihn mit mir hintergangen?“
James ergriff den jüngeren Bruder beim Arm und antwortete unwirsch: „Lass die Sache auf sich beruhen, David. Wir reiten morgen mit kleiner Eskorte. Komm, du brauchst Ruhe und musst dich stärken, damit du mit uns ziehen kannst. Ich ahne, dass Micheil mit verhängten Zügeln nach Craigell Castle preschen wird. Außerdem müssen wir noch weitere Pläne besprechen.“
Lange bevor der Dunst sich lichtete, brach die Schar der ausgewählten zwanzig Reisigen auf. Wie James vorausgesagt hatte, ritt Micheil fliegenden Haares gen Craigell Castle. Die Eskorte war, da man damit rechnen musste, blutrünstigen Gefolgsleuten der MacKeith’ zu begegnen, in voller Rüstung.
James ritt neben Micheil und schwieg wie der Bruder. Es war seine Entscheidung gewesen, nur eine Schwadron mitzunehmen, da er die Landwehr von Halberry Castle nicht über Gebühr schmälern wollte. Ohne einen Hinweis von David, was geschehen würde, mochte er die Gefahr nicht eingehen, dass die Veste gestürmt würde. Dank der in der Burg verbliebenen Schildwachen konnte der Marschall tagsüber und nachts ausgeruhte Scharwarte aussenden.
David ritt in der Mitte des Zuges und dachte wieder an den Plan, den er und James gefasst hatten. Erneut wünschte er sich, er könne die Gesichte nach Gutdünken herbeirufen. Er wagte nicht, sich vorzustellen, was ein Fehlschlag bedeuten mochte. Dennoch war er beunruhigt und ließ wie die anderen Kampfgenossen wachsam den Blick über die Umgebung schweifen, um rechtzeitig eines sich nähernden Feindes gewahr zu werden. Dann schaute er Micheil an, der bisher nicht mit ihm gesprochen hatte, und fragte sich, was dem ältesten Bruder auf dem Weg nach Craigell Castle durch den Sinn gehen mochte.
Micheil dachte an David, der seinen inneren Zwiespalt begreifen würde. Er hatte sich nicht weigern können, gegen den Schwager außer Banner zu gehen. Im Gegenteil, das hatte er von Anfang an gewollt. Die Wintermonate waren stets mit Langeweile verbunden, und der Lenz brachte das
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