Historical Platin Band 04
weitere Küsse, bis der Becher geleert und sein Wille der ihre war.
Micheil ergriff ihr flammend rotes Haar und zog sie näher zu sich, um sie zu küssen, doch es waren nicht ihre Locken, die er in der Hand hielt, sondern Seanas. Voll der Zärtlichkeit und des Verlangens, die ihm das Herz füllten, wollte er diesen Mund küssen und hatte das Gefühl, sich selbst bei seinen ungestümen Liebkosungen zu beobachten. Seanas Körper schimmerte weiß und bewegte sich lüstern, so aufreizend wie die Worte, die ihr über die Lippen kamen. Micheil fühlte sich abgestoßen und dennoch hingezogen zu ihr. Er wollte das haben, was sie ihm verhieß. Jedes Mal, wenn er ihren Namen aussprechen wollte, versiegelte sie ihm den Mund mit einem Kuss, der so brennend war, dass seine Minneglut noch mehr angefacht wurde. Nichts konnte ihr unersättliches Verlangen befriedigen. Und die gleiche verzehrende Gier trieb ihn an, ihren Willen zu brechen. Es genügte ihm nicht mehr, dass sie sich ihm hingab. Es würde ihm nie genug sein.
Der Tag graute, und Micheil bemühte sich, sie bei sich zu halten. Er hatte nicht mehr die Kraft. Er rief Seana. Mit schwächer werdender Stimme rief er ihren Namen und bat sie, zu ihm zurückzukommen und zu verweilen. Spöttisches Gelächter war das Letzte, was er vernahm.
David erwachte und fand sich in einem noch halb vereisten Bach liegend vor. Die Sonne stand hoch im Zenit. Er entsann sich, dass er Rast eingelegt hatte. Ein Teil seines Körpers war gefühllos, der andere so unterkühlt, das er kaum die Finger regen konnte. Er versuchte, sein Ross zu rufen, weil er die Zügel ergreifen und sich von dem Tier aus dem Wasser ziehen lassen wollte. Der Kopf tat ihm weh wie nach einem harten Schlag.
Er presste die Augen zu und versuchte, sich zu erinnern, was ihm widerfahren war. Zusammenhanglos stürmten die Bilder auf ihn ein. Er sah sich abseits knien, beim Wildwasser, im Begriff, mit einer Hand Wasser zu schöpfen, und sich jäh durch die Kraft, die seinen Sinn beherrschte, niedergefällt werden. Er lag im rechten Winkel zu Micheil und Seana und fragte sich, wen von den beiden er hatte warnen wollen. Heilige Jungfrau Maria! Was hatte Bridget in die Wege geleitet? Und was konnte er, der noch in der betäubenden Kälte lag, nun tun?
Micheil musste geschüttelt werden, bis er endlich wach war.
Er hatte einen widerwärtigen Geschmack im Mund, wie von langwährendem Siechtum. Er schickte alle, die in seiner Kammer waren, hinaus. Er begriff nicht, weshalb sie ihn anstarrten und sich von ihm abwandten. In dem Fall er so aussah, wie er sich fühlte, war es kein Wunder, dass man seinen Anblick mied. Er warf das Plaid von sich und setzte sich auf. Offenbar hatte er am verflossenen Abend so viel getrunken, dass ihm nun von den Nachwirkungen der Schädel dröhnte. Er rieb sich die Augen und blickte auf die blutigen Kratzer, die er an den Schenkeln, auf dem Bauch, an den Armen und auf der Brust hatte. Seinem Lager entstieg der schwache Geruch von Rosen. Er drehte sich um und sah das Gehenk an. Er beugte sich weit vor, streckte die zitternde Hand nach dem Schwert aus und nahm die Ausdünstungen des Minnespiels wahr. Aber Seana war nicht bei ihm gewesen. Es war aberwitzig zu denken, er habe ihr beigelegen.
Er zog die Waffe aus der Scheide und stand auf. Mit raschem Blick vergewisserte er sich, dass in der Kammer alles in Ordnung war. Unwillkürlich fragte er sich, welchen Dämon Seana ihm gesandt hatte, denn nur ein Alp konnte solche Träume verursachen.
Die Wehen hatten eingesetzt, und verstört schaute Seana die Buhle des Bruders an. „Was hast du da?“, fragte sie und starrte den Korb an.
„Die Strohpuppe, die so angezogen ist wie Ihr, Herrin“, antwortete Maille. „Und das Beißholz. Seht es Euch an. Seht, es ist ein schöner Stock!“
Widerwillig blickte Seana in die Zeine. Auf einem roten Tuch lag ein Schlegel, der voller dunkler Flecke war. Erschrocken schaute sie die Dienerin an. „Der Scheit gehört zu einer Waffe“, erwiderte sie entsetzt. „Das ist das Holz einer Streitaxt!“
„Ja“, bestätigte Maille gelassen. „Haltet Ihr das für unpassend?“ Sie streichelte den Buch, nahm ihn heraus und legte ihn außerhalb der Reichweite Seanas hin.
„Geh und hole sofort Ethwinn!“, befahl Seana. „Noch sind die Schmerzen zu ertragen. Ich komme allein zurecht.“
„Sie ist verschwunden. Ich weiß nicht, wo sie ist. Daher werde ich Euch helfen, Euer Kebskind zur Welt zu bringen.“ Maille warf einen
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