Historical Platin Band 04
mitgebracht hatte, um sie zu verkaufen, würde er mit ihr einen hohen Preis erzielen können. Dennoch wäre es nicht klug, allzu großes Interesse zu zeigen. „Was führt dich in meine Siedlung, Selwyn?“
„Eine geschäftliche Angelegenheit, Herr.“
„Selbstverständlich.“ Kendric warf einen Blick zu der Frau hinüber. „Was für Geschäfte?“
Selwyn schaute sich misstrauisch in der leeren Halle um und räusperte sich dann. „Zuerst darf ich Euch mein Beileid zum Tode Eurer Frau Gemahlin aussprechen, Herr.“
„Danke. Es war ein höchst bedauerlicher Unfall.“
Selwyn vermutete, dass Ludellas „Unfall“ alles andere als das war. Angeblich war sie auf einem Ausritt mit ihrem Gatten von ihrem Pferd abgeworfen worden und dabei mit dem Kopf auf einem Stein aufgeschlagen. Selwyn hatte jedoch von einem Verwandten eines der Dorfbewohner gehört, dass sie wohl auf einem ganzen Haufen von Steinen aufgeschlagen sein musste, die alle genau dieselbe Größe hatten.
Selwyn war natürlich so klug, seine Zweifel an der Geschichte für sich zu behalten. „Ja, das ist wirklich überaus bedauerlich“, meinte er.
„Ja“, sagte Kendric und machte sich nicht die Mühe, Aufrichtigkeit vorzugeben.
Unvermittelt erhob die Frau die Stimme. „Eure Kinder“, sagte sie so stockend, wie jemand redete, der sich in einer fremden Sprache ausdrücken musste, „ich kann Euch zu ihnen bringen.“
Kendric hob die Augenbrauen und blickte Selwyn an. „Stimmt das?“
Der Händler nickte. „Sie kommt aus demselben Dorf wie die Wikinger, welche die Kinder geraubt haben, Herr. Sie ist bereit, Euch dorthin zu führen.“
Nachdenklich lehnte sich Kendric in seinem Sessel zurück. Er hegte keinen Zweifel daran, dass Selwyn selbst ganz genau wusste, wo sich diese Wikingersiedlung befand; Kendric hatte vorgehabt, nach ihm zu schicken, wenn das Wetter wärmer wurde. Und nun stand der Händler hier und hatte eine höchst interessante Wegführerin mitgebracht.
„Ich verstehe“, sagte Kendric. „Doch weshalb will sie uns dorthin führen?“
Selwyn zuckte die Schultern. „Sie hat mir ihre Gründe nicht genannt.“
„Vor dem Frühling können wir ohnehin nicht segeln.“
„Das weiß sie.“
Als der Than sie wieder anlächelte, lächelte Ingemar scheinbar verschämt zurück. Bis zum Frühling war es noch eine lange Zeit. Dieser Mann hier war reich, sah gut aus und hatte offensichtlich keine Gemahlin. Er würde sicherlich äußerst amüsant sein, auf jeden Fall weitaus besser als dieser sächsische Schweinekerl namens Selwyn, dessen Liebesspiel von der Art eines brünstigen Schafbocks war.
Nach Lars’ Behutsamkeit sehnte sie sich auch nicht gerade. Dagegen erregte sie die Vorstellung, wie dieser Kendric sie nehmen würde – stark und feurig … wie Einar.
Kendric erhob sich und schenkte sich Wein ein. Ingemars Herz schlug schneller, als sie die langen, muskulösen Beine des Thans sah. „Wie geht es meinen Kindern?“, erkundigte er sich so ganz nebenbei.
„Sie sind wohlauf“, antwortete Ingemar.
„Und Meradyce?“
Ingemar verzog verächtlich das Gesicht. „Ich nehme an, sie ist einst sehr schön gewesen, doch nachdem sich jetzt alle Männer an ihr befriedigt haben …“
„Jammerschade“, meinte Kendric gelassen.
Er hat also eindeutig kein Interesse an dem Weib, dachte Ingemar höchst zufrieden.
„Selwyn, du magst jetzt gehen“, sagte der Than.
„Herr, ich …“, begann der Händler.
„Was gibt es noch?“
„Ich … ich hatte gewisse Auslagen. Wir mussten viel Geld dafür bezahlen, um hierherzugelangen …“
Kendric sah ihn kalt an. „Darüber unterhalten wir uns morgen früh.“
„Herr …!“ Selwyns Blick lief zwischen dem Than und Ingemar hin und her. Was hier vor sich ging, war völlig klar. Nur gehörte diese Frau doch ihm, Selwyn! Er hatte nicht die geringste Absicht, sie zu verschenken!
Doch dann sah er Kendrics Gesichtsausdruck.
Nun gut, sie war ja schließlich auch nur eine Frau. Ohne ein weiteres Wort verließ Selwyn die Halle.
Einige Wochen später saß Meradyce in Olvas Haus. Von ihrer Krankheit war sie vollkommen genesen, und sie fühlte sich tatsächlich so gut wie noch nie in ihrem Leben.
Olva arbeitete an ihrem Webstuhl neben der Tür. Geschwind bewegte sie das Webschiffchen durch die Kettfäden und schlug dann die Schussfäden mit dem Webeblatt nach oben, damit der Stoff dicht und fest wurde.
Endredi saß in der Nähe und bereitete den Fisch für eines ihrer schmackhaften
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