Historical Platin Band 04
wollte auf jeden Fall eine frühe Überfahrt riskieren.
Er drehte sich um und bemerkte einen einsamen Reiter, der sich von Süden her näherte. Es war ein großer Mann, doch er kam Kendric nicht bekannt vor. Zweifellos handelte es sich um jemanden, der gehört hatte, dass der Than gutes Geld allen denjenigen versprach, die bereit wären, für ihn zu kämpfen.
Kendric lächelte und schlenderte zu seiner Halle, wo Ingemar wartete – in seinem Bett.
Der heiße Zorn stieg brodelnd in Lars hoch, als er sich das Schiff besah. Jemand hatte den Sachsen ein paar Dinge über den Bau eines Wikingerschiffs beigebracht – jemand wie Ingemar, die Tochter eines Schiffbaumeisters.
Eine große Anzahl von Leuten war mit den unterschiedlichen Aufgaben zur Fertigstellung des Schiffs beschäftigt. Noch nie hatte Lars so viele fachkundige Arbeiter auf einem Haufen gesehen, doch das erklärte natürlich die Geschwindigkeit, mit der die Sachsen das Schiff gebaut hatten, das jetzt sanft an seinem Liegeplatz dümpelte.
Trotzdem stimmten die Proportionen nicht ganz, wie Lars grimmig lächelnd feststellte. Wie die meisten Schiffbauer, so hatte auch Björn sich meistens nur nach seinen Eingebungen und nicht nach einem genauen Konstruktionsplan gerichtet. Niemand konnte eine solche Arbeitsmethode kopieren, obwohl es hier jemand ganz offensichtlich versucht hatte. Falls sich Ingemar hier befand, konnte sie nicht mehr leugnen, dass sie eine Verräterin war. Und Lars würde sie finden, so wie er auch diesen Ort gefunden hatte.
Er hatte entdeckt, dass sie in der Gesellschaft des Sachsen Selwyn gesehen worden war, und er hatte erfahren, wohin sich die beiden begeben hatten. Ihnen ins Sachsenland zu folgen war ein gefährliches Unternehmen für einen einzelnen Wikinger. Sehr oft hatte er sich verstecken müssen, um keinen Feinden zu begegnen, und das verzögerte sein Vorankommen. Das Wetter, die Unkenntnis des Landes und des Ziels seines Jagdopfers hatten diese Reise noch schwieriger gemacht.
Jetzt blickte Lars über die Landschaft ringsum und hatte keinen Zweifel mehr daran, dass dies die Siedlung war, die sie im vergangenen Jahr überfallen hatten. Die Sachsen hatten sie wiederaufgebaut und mit stärkeren Befestigungsanlagen ausgestattet.
Er hatte angenommen, dass Ingemar den Plan verfolgte, den Sachsen zu finden, dessen Kinder Einar geraubt hatte. Allerdings war er der Überzeugung gewesen, sie wollte nur Geld für ihre Informationen über diese Kinder haben, und nichts weiter. Doch wenn er sich jetzt so das Schiff besah, erkannte er die ganze Wahrheit.
Ingemar war eine Verräterin an ihrem eigenen Volk. Sie musste den Sachsen bei der Konstruktion dieses Schiffes geholfen haben, denn es zeigte zu deutlich die Merkmale der Hand ihres Vaters. Lars, der sich an ihren Hass auf Einar erinnerte, konnte sogar glauben, dass sie die Sachsen gegen ihr eigenes Wikingerdorf führte.
„He, du da! Was willst du hier?“
Lars fuhr herum und hob seine Streitaxt. Der Arbeiter fand sich plötzlich Auge in Auge einem Wikingerkrieger gegenüber. Seine Fassungslosigkeit darüber währte indes nicht lange, denn im nächsten Moment lebte er schon nicht mehr.
Gejagt von seiner wilden Wut, stürmte Lars durch das offene Tor in die Ansiedlung. Er erinnerte sich noch daran, wo sich die Halle des Thans befunden hatte, und lief in diese Richtung. An wen sonst würde Ingemar ihr eigenes Volk verkaufen, wenn nicht an einen reichen Than?
Wie nicht anders erwartet, befand sich jetzt eine neue, noch größere Halle an der alten Stelle. Ein paar müßige Soldaten, die davorstanden, starrten entsetzt dem riesenhaften Mann entgegen, der mit erhobener Streitaxt herangestürzt kam. Die in der Nähe befindlichen Dorfbewohner flüchteten, während der Wikinger zwei der Soldaten so einfach erschlug, wie andere Menschen eine Fliege totschlagen würden.
„Ingemar!“, brüllte Lars, als er in die Halle stürmte. Eine Frau kreischte. Ein Wandschirm am anderen Ende des großen Raums fiel um. Ein Mann griff zu seinem Schwert. Ingemar hockte nackt und mit vor Furcht weit aufgerissenen Augen auf dem Bett.
Lars sprang vorwärts, doch ehe er sie erreichen konnte, drängten sich mehrere Soldaten in die Halle. Lars stellte sich ihnen entgegen. Die Sachsen hatten noch nie etwas Ähnliches wie diesen Wikinger gesehen; sein Blick war wild, und er hatte die Zähne gefletscht wie ein in die Ecke getriebener Wolf.
Die Männer wichen zurück.
„Fasst ihn, ihr Narren!“, brüllte der
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