Historical Saison Band 08
Bella“, antwortete Guy, wobei er ihr Lächeln erwiderte, um seinen Worten die Schärfe zu nehmen. Nur zu gut wusste er, wie wenig seine Schwester von Männern hielt, die Mätressen hatten.
Dominic grinste. „Die sind nicht zum Heiraten da.“
Geräuschvoll ließ Annabell Messer und Gabel fallen. „Ihr benutzt diese Frauen nur!“
„Und bezahlen sie gut dafür“, erwiderte Dominic gelassen.
„Genug“, sagte Guy, stand auf und entfernte sich vom Tisch. „Ich habe euch nicht eingeladen, um mit euch über meine Vorlieben zu diskutieren. Obwohl Dominic vollkommen recht hat. Die Damen werden großzügig bezahlt und sind mehr als gewillt, den Handel einzugehen. Sie kennen den Lauf der Dinge.“
Annabell schnaubte verächtlich. „Als ob ihnen eine andere Wahl bliebe.“ Sie erhob sich ebenfalls. „Ich nehme an, ihr zwei wollt noch hierbleiben, um euren heiß geliebten Whisky zu trinken.“
Dominic hielt inne, und seine tiefblauen, beinahe schwarzen Augen funkelten.
„Was wir auch tun, du stellst uns als sündhaft dar, Bella. Offensichtlich willst du uns um jeden Preis schlechtmachen.“
„Ich bringe lediglich Tatsachen zur Sprache.“
Er grinste. „Du kannst uns nicht als unzivilisiert tadeln. Wir werden keinen Portwein trinken, bis wir unter den Tisch …“
„Nein“, unterbrach sie ihn, „ihr haltet euch an stillosen schottischen Whisky.“
„Du hingegen bereist ohne männliche Begleitung alle bekannten und unbekannten Erdteile. Oftmals ist nicht einmal eine Zofe dabei. Das ist natürlich ein tadelloses Betragen!“
Sie musterte ihn scharf. „Keiner meiner männlichen Verwandten ist gewillt, mich zu begleiten. Daher bleibt mir nichts anderes übrig, als allein zu reisen.“
„Ich verspüre nicht den geringsten Wunsch an die Orte zu reisen, die du normalerweise aufsuchst, Bella. Ein Zelt bei glühender Hitze und jede Menge Sand ringsherum entsprechen nicht meinen Vorstellungen. Ich weiß ein gewisses Maß an Bequemlichkeit zu schätzen.“
„Dann darfst du dich auch nicht über mein Handeln beschweren.“
Sie wandte sich ab und schritt zielstrebig auf die Tür zu, bevor einer der Männer noch etwas erwidern konnte. Guy tauschte einen vielsagenden Blick mit seinem jüngeren Bruder aus. Beide schüttelten den Kopf.
„Sie ist ein verwitweter Blaustrumpf und froh darüber“, bemerkte Guy. „Ich vermute, wir können uns auf einen flammenden Vortrag über die Gleichberechtigung von Frauen einstellen. Und dabei hat die Tatsache, dass sie eine Frau ist, sie noch nie davon abgehalten, ausschließlich das zu tun, was ihr gefällt.“
„Zumindest nicht seit Fenwick-Clyde den Löffel abgegeben hat.“
Sie folgten ihrer Schwester in die Bibliothek, wo Guy auf einen Serviertisch aus Walnussholz zusteuerte und zwei Gläser mit schottischem Whisky füllte. Er reichte Dominic eines der Gläser, leerte das andere ohne abzusetzen und schenkte sich nach. Dann erhob er das Glas. „Auf die Zukunft!“ Er trank den Inhalt in einem Zug.
Dominic tat es ihm gleich. „Auf Wein, Weib und Gesang oder etwas in dieser Art!“
Annabell verzog das Gesicht.
Ein leises Klopfen an der Tür ging dem Eintreten des Butlers voraus, der ein Tablett mit Tee hereintrug, das er auf einem Tischchen in der Nähe der Fensterfront abstellte. Annabell schenkte Oswald ein Lächeln und dankte ihm. Der Butler, von kleiner und rundlicher, aber untadelig gepflegter Gestalt, lächelte freundlich zurück.
„Möchte einer von euch beiden vielleicht etwas Tee?“, erkundigte sie sich herausfordernd, obgleich sie die Antwort längst kannte. Es gehörte zu ihren wirksamsten Ritualen, um die beiden aufzuziehen.
Die Brüder schauten sie entsetzt an. Guy ergriff die Karaffe und schenkte Dominic und sich großzügig Whisky nach. Dann schlenderte er zu einem der Lehnstühle, die im Halbkreis vor dem großen Fenster gruppiert waren, das den Blick auf den Grosvenor Square freigab. Neben der Sitzgruppe stand das Tischchen mit dem Teetablett. Gerade fuhr ein modischer Phaeton vorbei, der von einem noch modischeren Dandy gelenkt wurde. Einige junge Damen, denen Diener mit Paketen folgten, flanierten auf dem Gehweg. Die Saison war in vollem Gange. Guy nahm Platz und streckte die Beine aus.
„Wie ich euch bereits mitzuteilen versuchte, bin ich verlobt.“
„Mit wem?“, unterbrach ihn Annabell. Sie saß hinter dem Tischchen mit Tee, ihrem Bruder schräg gegenüber.
„Mit Miss Emily Duckworth.“
„Nein, das ist nicht dein Ernst, Guy“,
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