Historical Saison Band 09
ausgesehen haben musste – jung und frisch wie der Frühling, unschuldig und blühend und süß.
Esme andererseits war vom ersten Tag an kratzbürstig und gebieterisch gewesen. Sie trug immer nur düstere Kleider, die ihre Figur kaschierten, und das Haar zu einem strengen Knoten frisiert, was ihrem Gesicht nicht besonders schmeichelte – außer dass es vielleicht ihre bemerkenswert schönen, klugen Augen betonte.
Für ihre Maskerade hier war es allerdings von großem Vorteil, dass ihre Manieren tadellos waren und sie sich unter diesen Leuten wohler zu fühlen schien, als er es erwartet hatte. Jetzt gerade lauschte sie McHeaths Gewäsch mit gespannter Aufmerksamkeit. Aber vielleicht liegt es auch an dessen ununterbrochener Aufmerksamkeit, dass sie so gelassen ist, wie ich sie niemals erlebt habe, überlegte Quinn.
Was mochte der Anwalt von Esme halten? Ganz offensichtlich fand er sie sehr anziehend, aber kein Mann auf Erden würde sie heute Abend nicht liebreizend finden mit ihrem modisch frisierten Haar, dem bescheiden gesenkten Blick, den vor Aufregung geröteten Wangen und diesem Kleid, das viel zu viel Haut entblößte.
Quinn hätte gern gewusst, was sie in diesem Moment dachte. Doch noch lieber hätte er ihren Ausschnitt vor den gierigen Blicken der Männer im Raum verborgen – vielleicht ganz besonders sogar vor seinem eigenen Blick, weil es ihm nicht gelingen wollte, das Verlangen zu bändigen, das ihn überkam, wann immer er sie ansah.
Der Earl räusperte sich, sobald seine Gäste das Dessert gegessen hatten.
„Sagen Sie, Dubhagen, was halten Sie eigentlich von diesen Gegnern der Sklaverei? Sie würden Ihre Zuckerplantage doch sicher nicht ohne Sklaven halten können.“
Quinn wusste, wie sein Bruder zur Sklaverei stand. Und sehr wahrscheinlich würde auch der Earl und andere Anwesende heute Abend Augustus’ Meinung dazu kennen, also würde er sie sich zu eigen machen müssen.
„Ganz recht“, antwortete er widerwillig. „Wer die Haltung von Sklaven verdammt, muss ein Schwachkopf sein, der nicht ahnt, was nötig ist, damit er Zucker in seinen Tee tun kann.“
Esme runzelte die Stirn, wie auch McHeath, der meinte: „Aber wir leben in einer aufgeklärten Zeit, Mylord, da gibt es doch gewiss Alternativen zur Sklaverei. Besonders, da der Zuckerhandel so lukrativ ist. Warum sollte man da nicht für die nötige Arbeit bezahlen?“
„Wir zahlen doch“, entgegnete Quinn. Er wusste genau, was sein Bruder sagen würde. „Wir geben ihnen Nahrung und Kleidung, behandeln sie bei Krankheit und Verletzungen, geben ihnen ein Dach über dem Kopf und machen sie sogar zu Christen. Es geht ihnen sehr viel besser unter unserer Fürsorge, als wenn wir sie weiterhin als Heiden in Afrika ihr Dasein hätten fristen lassen.“
„Aber es sind Menschen, Mylord“, protestierte McHeath, „keine Tiere, die man einfach entführen und auf ein Schiff laden kann.“
„Was halten Sie als Anwalt dann von dem Recht des Earls, seine Pächter von seinen Ländereien in den Highlands zu entfernen, um darauf seine Schafe grasen zu lassen?“, fragte Quinn. „Soll man den Pächtern erlauben, das Gesetz zu übertreten?“
„Etwas mag dem Gesetz nach richtig sein und doch moralisch ungerecht“, antwortete McHeath, „und das Gesetz muss sich ändern, um das widerzuspiegeln. Ich bin davon überzeugt, dass die Sklaverei eines Tages als die Abscheulichkeit erkannt werden wird, die sie ist. Pächter werden vom Gesetz besser beschützt werden, Frauen werden dieselben Rechte und Privilegien erhalten wie ein Mann.“
Esme sah ihn voller Bewunderung an, als wollte sie ihn küssen. Oder sogar noch mehr.
„Niemals“, brachte Quinn hervor. „Wie können Wilde Rechte haben? Oder Pächter? Oder Frauen? Sie wüssten gar nichts damit anzufangen, selbst wenn man ihnen welche gäbe. Das Land würde untergehen. Man braucht sich nur anzusehen, was in Frankreich geschehen ist.“
„Sie schlagen doch sicher nicht vor, dass Frauen wählen sollten, oder?“, wollte ein anderer Gentleman von McHeath wissen und lachte, als hätte er noch nie einen besseren Witz gehört. „Dann würden ja nur noch gut aussehende Politiker gewählt werden!“
Statt wohlhabender oder einflussreicher, hätte Quinn fast gekontert. Stattdessen sagte er: „Vielleicht würde Mr McHeath sich dann ja zur Wahl stellen.“
„Vielleicht ja“, meinte der Anwalt ruhig, „da ich den Frauen zutraue, die wirklich wichtigen Qualitäten genauso gut einschätzen zu
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