Historical Saison Band 12
Sturmleitern, um seine Männer hinaufzuführen, da hielt er inne und dachte plötzlich, dass er dies vielleicht zum letzten Mal in seinem Leben tat. Und dass er am meisten bereuen würde, Jennas Lächeln nie mehr wiederzusehen …
„Major, könnten Sie wohl bitte Miss Montague helfen, die Koffer ihres Vaters nach draußen zu tragen?“
„Selbstverständlich, Ma’am.“ Garrett riss sich aus seinen Gedanken los, erhob sich und ging zu der Kammer.
Ja, die Tochter des Colonels zu heiraten hat durchaus sehr verführerische Aspekte, dachte er und fühlte, wie immer noch das Bild von Jenna im Fluss seine Sinne erregte.
Garrett betrat die düstere Kammer, in der Jenna stand. Sie hielt eine hellrote Schärpe in der Hand. Ein großer Schrankkoffer stand geöffnet auf dem Boden neben ihr, darin lagen ordentlich zusammengefaltete Uniformteile.
Er fühlte eine Welle von Mitgefühl in sich aufsteigen. Colonel Montagues ganzes Leben im Dienste des Militärs lag dort aufgestapelt, in einem bescheidenen Koffer. Die zitternden Hände seiner elternlosen Tochter hatten es dort hineingelegt.
„Jenna?“, rief er leise.
Sie erschrak so heftig, dass sie fast die Schärpe fallen gelassen hätte.
„Oh, entschuldigen Sie“, rief er und ging auf sie zu. „Ich wollte Sie nicht stören oder erschrecken. Mrs Anderson lässt fragen, ob Sie bald fertig sind und ob ich Ihnen helfen könnte. Kann ich?“
Sie versuchte zu lächeln, aber es gelang ihr nicht. „T…tut mir leid. Ich weiß, ich sollte schneller machen, aber … jedes Stück bringt wieder eine Erinnerung zurück, wissen Sie.“ Sie faltete die Schärpe zusammen und legte sie oben auf einen der Stapel im Koffer. „Das hier habe ich für Papa in Indien genäht. Und diesen Ringkragen …“, sie zeigte auf die Metallscheibe daneben, „… hat Papa in London gekauft, bevor wir nach Spanien abreisten. Danach sind wir bei Gunter’s Eis essen gegangen. Dabei hat Papa Witze gemacht. Wenn er nicht aufpasste, würde er noch so dick, dass ihm seine schönen, neuen Uniformröcke zu eng wären.“
Sie lachte, aber es klang gepresst. „Doch nach den vielen Jahren des Umherziehens hingen sie zum Schluss nur noch an ihm herunter! Ich glaube, die Hosen wären herabgerutscht, wenn Evers und ich ihn aufrecht in seinen S…sarg …“
Sie erstickte fast bei ihren letzten Worten und legte ihre Hände vor das Gesicht. Ihre Schultern bebten, weil sie versuchte, ein Schluchzen zu unterdrücken.
„T…tut mir leid, G…garrett“, brachte sie mühsam heraus.
„Oh, Jenna, Liebste“, sagte er voller Mitgefühl. „Sie haben jedes Recht zu trauern.“
Ihr tränenüberströmtes Gesicht war so voller herzzerreißendem Kummer, dass ihn eine ganze Kompanie französischer Lanzenreiter nicht ferngehalten hätte. Ohne einen weiteren Gedanken zu verschwenden, trat er auf sie zu und zog sie in seine Arme.
Sie schluchzte, Tränen liefen wie ein Sturzbach, kurz, aber heftig. Danach war sie so ausgelaugt, dass sie nur noch schlaff und kraftlos an ihm hing. Sanft hob er sie hoch und trug sie zum Bett ihres Vaters, wo er sie in seinen Armen wiegte.
Sein Verlangen war noch da, wie ein Summton, den man kaum hört, aber Jennas Nähe wärmte ihn jetzt auf eine andere Weise. Er fühlte sich ihr verbunden in einer Mischung aus Zuneigung und tief empfundenen Gemeinsamkeiten. In ihrer schwersten Stunde war sie zu ihm gekommen.
Das erfüllte ihn mit heißem Glücksgefühl.
Er hielt sie einfach fest und wartete, bis ihr Schluchzen leiser wurde und sie ruhiger atmete. Der zarte Duft nach Lavendel und ihrer Haut umschmeichelte seine Sinne.
Mrs Anderson mit ihren Condesas in Lissabon und ihren Bällen in London sollte zum Teufel gehen. Er hatte sich entschieden. Jenna sollte genau hier bleiben. Als seine Frau. In seinen Armen.
Mit einer winzig kleinen Drehung könnte er ihren Nacken mit seinen Lippen berühren. Aber das würde womöglich in ihm den Wunsch nach mehr erwecken, und dafür war hier und jetzt nicht der richtige Moment.
Später, wenn sie erst verheiratet waren und ihr Kummer sich ein bisschen gelegt hatte … Ja, dann konnte er seine Vision der schönen Wassernymphe zum Leben erwecken.
Schließlich schnüffelte Jenna und richtete sich auf. „Bitte verzeihen Sie mir, Garrett. Ich habe normalerweise nicht so nah am Wasser gebaut.“
„Heute ist aber kein normaler Tag.“
„Nein“, sagte sie seufzend, „das ist es wohl nicht.“
Sie sah so tapfer aus, wie sie da auf seinem Schoß saß.
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