Historical Saison Band 15
dir zu verheiraten. Das hält er für eine Frage der Ehre.“
„Offenbar hat der Earl nicht nur mich, sondern auch das Wesen der Ehre missverstanden“, meinte Dominic verächtlich. Der bedeutsame Blick, den Viscount Hunter ihm bei Bullfords Worten zugeworfen hatte, war ihm nicht entgangen.
Nur Sebastian Hunter kannte die Wahrheit. Er wusste, was Dominic bei seiner Heimkehr vor fast sechs Jahren in Amersham, einem Dorf in Buckinghamshire, vorgefunden hatte. Und deshalb verstand er, warum sein Freund nicht heiraten wollte.
Devlins Blick schweifte zur Tür. „Wenn man vom Teufel spricht … Soeben ist Misbourne mit seinen Kumpanen hereingekommen. Zweifellos will er seinen künftigen Schwiegersohn zu einer Partie Karten überreden“, fügte er grinsend hinzu.
„Höchste Zeit, in Devlins Freudenhaus zu verschwinden“, murmelte Hunter.
Devlin lachte schallend. „Dort wird der junge Northcote den Unterricht erhalten, den er verdient.“
„Nachdem er so tief ins Glas geschaut hat, wird er wohl kaum ein gelehriger Schüler sein“, bemerkte Dominic.
„Wie unfair du bist, Arlesford! Natürlich wird er seinen Mann stehen. Da seht ihr’s – er beweist es schon.“
Taumelnd erhob sich Northcote, rülpste und fiel auf seinen Stuhl zurück.
„Mach dich nicht völlig zum Idioten, Junge!“, schimpfte Dominic.
„Offensichtlich musst du mitkommen, Arlesford“, warf Hunter ein. „Wer sonst könnte Northcote vor einer Riesenblamage retten?“
Dominic gab sich geschlagen. Dann würde er Northcote zuliebe eben einen Abend in einem erstklassigen Bordell ertragen – und vielleicht sogar ein bisschen flirten, wenn es sein musste. Er folgte seinen Freunden zur Tür, wobei er Misbourne nur kurz zunickte, um keine falschen Hoffnungen zu schüren. Niemals würde er heiraten.
Mrs Silver führte die vier Gentlemen in ihren Salon, und Arabellas Angst steigerte sich zur Panik. Was sie mit einem dieser Männer für Geld tun sollte – unvorstellbar … Sekundenlang wurde sie fast überwältigt von dem Drang, sofort zu flüchten. Doch dann entsann sie sich, warum sie die Qual erdulden musste, und dieser Gedanke gab ihr die nötige Kraft.
Nach einem tiefen Atemzug wandte sie sich den Besuchern zu. Alle waren noch ziemlich jung, nicht viel älter als sie selbst mit ihren vierundzwanzig Jahren. Und alle trugen höchst elegante Kleidung. Die Wangen gerötet, die Augen funkelnd, wirkten sie angeheitert, insbesondere der Jüngste. Bis zum anderen Ende des Raums drang der Geruch von Wein und Brandy. Hier hatte sie sich hinter dem gestreiften Sofa verschanzt, obwohl ihr die Barriere eines Möbelstücks die Erniedrigung wohl kaum ersparen würde.
Welcher Gentleman würde sie wählen? Womöglich keiner, und was sollte sie dann tun? Sosehr sie die Situation auch verabscheute, in der sie sich befand – mit leeren Händen heimzukehren, wäre noch schlimmer.
Begierig schauten sich die Männer um, und Arabella erschauerte. Dann musterte sie die beiden älteren Gentlemen, die soeben eingetreten waren und sich zu ihren Freunden gesellten. Beinahe blieb ihr das Herz stehen …
In ihrer Kehle drohte der Atem zu stocken, und das Blut rauschte so laut in ihren Ohren, dass sie fürchtete, sie würde in Ohnmacht fallen. Sie musste Halt suchen, umklammerte die Rückenlehne des Sofas und krallte sich mit den Fingernägeln in den teuren elfenbeinfarbenen Bezug.
„Das kann nicht sein“, wisperte sie entgeistert.
Es ist sicher ein Irrtum …
Nein! Diesen hochgewachsenen dunkelhaarigen Mann würde sie überall erkennen, obschon sie ihm fast sechs Jahre lang nicht begegnet war.
Allzu sehr hatte er sich nicht verändert. Die Schultern waren breiter geworden, die Gestalt wirkte kräftiger. Und das Leben hatte einige Linien in die attraktiven Züge geprägt. Doch es gab keinen Zweifel, dieser Mann war eindeutig Dominic Furneaux oder der Duke of Arlesford, wie er mittlerweile hieß. Während er den Raum und die Anwesenden betrachtete, bekundete seine Miene eine gewisse Langeweile. Offenbar hielt er sich unfreiwillig in Mrs Silvers Salon auf. Sein Blick glitt über Arabella hinweg – und kehrte sofort zu ihrem Gesicht zurück.
Bitte, lieber Gott, Dominic darf mich nicht erkennen, er am allerwenigsten!
Sie berührte ihre schwarze Federmaske und prüfte, ob sie richtig saß. Aber Dominic starrte sie immer noch an, nicht mehr gelangweilt, sondern sichtlich interessiert.
Als der erste Champagnerkorken knallte, zuckte sie zusammen. Doch sie
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