Historical Saison Band 18
häufiger der Fall gewesen war, wusste Georgiana nicht recht, was sie entgegnen sollte. Diesmal blieb ihr eine Antwort durch das rechtzeitige Eingreifen des Viscounts erspart. Mit einem rätselhaften Lächeln schlug er den Damen vor, sich in die Bibliothek zu begeben, um unverzüglich mit dem Schreiben der Einladungen zu beginnen.
„Nebenbei bemerkt schlage ich vor, du überlässt Georgie das Schreiben, Eleanor. Ihre Handschrift ist von äußerster Eleganz und nicht ein so spinnenhaftes Gekritzel, wie du es zu Papier bringst.“ Seine Augen leuchteten. „Noch immer hüte ich den Brief, den sie mir im letzten Herbst geschrieben hat, wie einen Schatz. Ich glaube, sie hat die schönste Handschrift, die ich je bei einer Frau gesehen habe.“
Erneut war Georgiana sprachlos. Sie wusste genau, welchen Brief er meinte. Die Vorstellung, dass er ihn all die Zeit über aufbewahrt hatte, rührte sie zutiefst.
„Du musst gar nicht so verlegen gucken, mein Liebling“, brach der Viscount erneut das Schweigen. „Niemand soll behaupten, Fincham würde nicht anerkennen, wenn es etwas zu loben gibt. Und jetzt, meine Damen“, fügte er hinzu, nachdem er seinen Kaffee ausgetrunken hatte, „überlasse ich euch euren Pflichten. Ich habe auf einer Liste notiert, wen wir meines Erachtens einladen sollten. Aber natürlich kannst du gern noch weitere Gäste hinzufügen, falls ich jemanden vergessen habe, Georgie. Alles liegt für euch in der Bibliothek bereit, nebst einem ganzen Berg von Einladungskarten.“
Er ging zur Tür, drehte sich jedoch noch einmal um und fragte: „Apropos, hat dich eigentlich dieser Digby hierher begleitet?“
„Ja, er ist mit Perkins zu den Stallungen gegangen.“
„Ausgezeichnet! Dort werde ich ihn gewiss finden. In ungefähr einer Stunde bin ich zurück. Bis dahin lasse ich dich in Eleanors freundlicher Obhut.“
„Gütiger Himmel!“ Seine Schwägerin verdrehte die Augen. „Dieser Mann kann keine fünf Minuten stillsitzen. Ich bin gestern hier angekommen und habe ihn kaum zu Gesicht bekommen! Zugegebenermaßen …“, sie zuckte mit den Schultern, „… hat er noch hundertundeine Sache zu erledigen, wenn er das Fest in weniger als zwei Wochen vorbereiten will. Also ist es vielleicht besser, wir halten uns an seinen Vorschlag und begeben uns in die Bibliothek, um unseren Teil beizutragen.“
„Ich bin hier, um zu helfen, so gut ich kann“, fuhr sie fort, als sie mit Georgie in den Flur trat. Ihr fiel nicht weiter auf, dass die junge Frau an ihrer Seite mit den Räumlichkeiten des Hauses bereits sehr vertraut war. „Natürlich will ich mich keinesfalls einmischen.“
„Ich freue mich sehr über Ihre Unterstützung, Mylady“, beteuerte Georgiana. „Als ich der Countess of Grenville half, den Ball für ihre Enkelin vorzubereiten, ist mir bewusst geworden, wie viel Arbeit in solchen Festen steckt.“
„Bitte nenne mich Eleanor. Ich möchte nicht, dass wir uns lange mit Formalitäten aufhalten. Wozu auch? Ich habe jetzt schon den Eindruck, als wärest du meine jüngere Schwester. Ich bin mir ganz sicher, dass wir die besten Freundinnen werden!“
Eine Stunde später kam es Georgiana vor, als ob sie Lady Eleanor schon ihr Leben lang kennen würde. Sie liebte die aufrichtige und offene Art, die der ihren nicht unähnlich war. Auch wenn Eleanor freimütig eingestand, sich nicht mehr so häufig in Gesellschaft zu begeben wie einst und nur noch selten nach London zu reisen, schien sie fast über jeden etwas zu wissen, den der Viscount auf die Gästeliste gesetzt hatte.
Bei einem Namen am Ende der Liste stutzte sie, und ihre Miene verriet großes Unbehagen. „Warum um Himmels willen will er sie einladen?“, murmelte sie, bevor ihr bewusst wurde, dass sie ihren Gedanken laut ausgesprochen hatte. Ein wenig verlegen nahm sie weitere Einladungskarten vom Stapel.
Georgiana warf erneut einen Blick auf die Gästeliste und die Namen von Lord und Lady Wenbury sprangen ihr ins Auge. Sofort erinnerte sie sich an das Gerede an einem gewissen Küchentisch.
Als sie im letzten Herbst erstmals von der sogenannten „großen Liebe“ des Viscounts erfahren hatte, hatte sie nicht viel empfunden. Vielleicht hatte sie Mitleid gehabt mit dem Mann, der von der Frau, die er über alle Maßen geliebt hatte, derart herzlos übergangen worden war. Aber soweit sie sich entsinnen konnte, hatte er nie den Eindruck vermittelt, unter unerwiderter Liebe zu leiden. Dies war vermutlich ein Grund, weshalb sie Lady Charlotte
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