Historical Saison Band 20
hätte ich mich anders ausdrücken sollen. Gibt es einen Mann, den du zu heiraten wünschst?“
„Lieber Himmel, nein. Wie kannst du das nur glauben? Dazu ist mir meine Unabhängigkeit zu lieb.“
Auch das versetzte ihm einen Stich, schmerzhafter als er erwartet hatte. „Hast du Ulverdale deswegen verlassen?“
„Ja.“
„Hatten unsere Verwandten denn nichts dagegen?“
„Sehr viel sogar, aber sobald ich volljährig war, konnten sie mir nichts mehr befehlen. Unsere Väter waren damals außerdem beide schon gestorben. Natürlich versuchte deine Mutter, mich zum Dableiben zu überreden, aber sie konnte mich nicht zwingen.“
„War es denn so schlimm?“
Claudias Augen funkelten vor Empörung. „Wie kannst du das auch nur fragen?“
„Ich verstehe. Aber es muss doch auch einen Ausgleich gegeben haben – Gesellschaften, Bälle, Soireen, die üblichen Unterhaltungen eben.“
„Ich war eine verheiratete Frau, der klargemacht wurde, dass solche Vergnügungen sich nicht für sie schickten. Ich sollte mich bis zu deiner Rückkehr in Geduld fassen und mich darauf freuen, für die zukünftigen Erben von Ulverdale zu sorgen.“
Sie klang verbittert. Anthony hörte mit wachsendem Entsetzen zu und erkannte zum ersten Mal, wie sehr er sich geirrt hatte. In seiner Fantasie hatte er sich eine junge Dame ausgemalt, die in vollen Zügen genoss, was die Londoner Saison ihr bieten konnte. Die Wahrheit sah leider ganz anders aus.
„Es tut mir aufrichtig leid, Claudia. Ich schwöre dir, ich hatte keine Ahnung …“
„Wie solltest du auch?“, unterbrach sie ihn. „Du bist ja nie wieder nach Ulverdale gekommen.“
Er nahm ihre Hände fest in seiner. „Du warst nicht der Grund, weswegen ich ging. Bitte glaub mir das.“
So sehr sie es auch versuchte, sie konnte sich nicht aus seinem Griff befreien. „Wie könnte ich das glauben?“
„Mein Zorn galt meinem Vater, nicht dir. Aufgrund seiner gedankenlosen Verschwendungssucht drohte meiner Familie der finanzielle Ruin.“ Er hielt kurz inne. „Seine Spielschulden waren enorm, das Gut völlig mit Hypotheken belastet, und die Banken wollten uns nichts mehr leihen. Als die Gläubiger ihm immer mehr zu schaffen machten, nahm seine Verzweiflung zu. Ich glaube, er hätte alles getan, um die Katastrophe abzuwenden.“
„Und so fand er für seinen Sohn eine reiche Braut.“
Anthony nickte. „Ich gebe zu, dass ich entsetzt war. Damals war ich gerade zwanzig, und eine Heirat war das Letzte, was ich wollte. Mein Herz hing an einer Karriere bei der Armee.“
„Offensichtlich.“
„Die Tatsache, dass meine Braut erst vierzehn Jahre alt war, ließ mir die ganze Angelegenheit noch verwerflicher erscheinen.“
Plötzlich erschien das Gesicht seines Vaters vor seinem inneren Auge. „Der Knoten muss rasch geknüpft werden“, hatte er mit grimmigem Lächeln gesagt. „Du musst sie schon bald in dein Bett holen.“
Er hatte sich voller Wut geweigert, voller Abscheu vor seinem Vater, nicht vor dem unschuldigen, verängstigten Kind, das seine Braut war. Es wäre ihm wenig besser vorgekommen als eine Schändung. Ihr mädchenhaft schlanker Leib hatte damals kaum die ersten Zeichen von Weiblichkeit gezeigt. Sie zu schwängern hätte gut und gern ihren Tod bedeuten können. Sein Vater schien sich darüber keine Gedanken gemacht zu haben, doch wenigstens hatte die Countess ihren Sohn unterstützt und sich ihrem Mann mit ungewöhnlichem Nachdruck widersetzt. Am Ende hatte der Earl nachgegeben und gemurmelt, dass ja noch Zeit sei. Wenigstens in dieser Hinsicht hatte das Recht gesiegt.
„Also hast du aufbegehrt“, warf Claudia ein.
„Ich machte keinen Hehl aus meinen Gefühlen, aber das half nicht. Mein Vater blieb hartnäckig. Er zeichnete ein so fürchterliches Bild von unserem Ruin und unserer Schande, dass es Hogarth zur Ehre gereicht hätte. Am Ende gab ich nach und erhielt dafür mein Offizierspatent.“
Claudia nickte. Einen Teil der Geschichte kannte sie bereits. Zwar hatte sie damals missverstanden, gegen wen sich seine Wut gerichtet hatte, aber das Gespräch bewies, dass er für sie nur Gleichgültigkeit empfand. Eigentlich hätte es sie nicht mehr kränken dürfen, und sie war entsetzt zu erkennen, wie tief es sie traf.
Sie entzog ihm ihre Hände und zwang sich zu einem spröden Lächeln. „Nun, dann war ja wenigstens einer von uns glücklich. Es hätte schlimmer sein können, nicht wahr?“
„Für dich war es sehr schlimm.“
„Bitte, ich möchte nicht
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