Historical Saison Band 20
darüber reden. Nicht jetzt.“
Er nickte. „Du brauchst sicher Zeit, um nachzudenken.“
„Ich hatte acht Jahre Zeit zum Nachdenken, Anthony. Um ehrlich zu sein, es war mehr als genug.“ Sie erhob sich. „Jetzt muss ich dich bitten, mich zu entschuldigen. Ich muss mich um einige Dinge kümmern. Und du bist sicher müde von deiner Reise. Man hat ein Zimmer für dich vorbereitet. Walker wird dich hinführen.“
Anthony erhob sich ebenfalls. Er wurde also erst einmal entlassen. Allerdings war er so vernünftig, nicht zu protestieren. Später blieb ihm immer noch genug Zeit für eine Unterhaltung.
„Wir dinieren um sechs“, fuhr sie fort. „Ich fürchte, wir halten uns hier nicht an die vornehmen Zeiten der Stadt.“
„Bis dann, Claudia.“
Sie nickte und ging, sich nur allzu bewusst, dass er ihr mit den Blicken folgte. Als wäre ihr das gleichgültig, riss sie die Tür auf und ging weiter, ohne sich ein einziges Mal umzudrehen.
Nachdem man ihm sein Zimmer gezeigt und er Matthew angewiesen hatte, seine Koffer auszupacken, machte Anthony einen Spaziergang im Garten. Selbst nach so vielen Jahren fühlte sich alles schmerzlich vertraut an. Es war wie eine grüne Zuflucht von der angespannten Stimmung im Haus. Dennoch hatte er nichts anderes erwartet. In der kurzen Zeit ihrer Bekanntschaft war ihm Claudias feuriges Temperament nicht entgangen. Sie hatte ihm schon bei ihrer letzten Begegnung klargemacht, dass sie ihn nicht wiederzusehen wünschte und seinen Beweggründen misstraute. Weit davon entfernt, ihn zu entmutigen, hatte es ihn eher erfreut, dass sie nichts mehr mit dem Abenteurer Antoine Duval zu tun haben wollte.
Während seines Aufenthalts in London hatte er darüber nachgedacht, was er tun sollte. Ein erster Impuls war, einfach fortzugehen. Wenn sie nicht jene Tage in Frankreich zusammen verbracht hätten, hätte er vielleicht auch genau das getan. Aber sie hatten sich besser kennengelernt, und jetzt war es nicht mehr so einfach. Doch Anthony machte sich nichts vor. Auch unter anderem Umständen wären die Dinge nicht einfach gewesen. Nicht, seit er Claudia zu Gesicht bekommen hatte.
6. KAPITEL
A nthony hatte fast erwartet, dass sie sich weigern würde, zum Dinner zu erscheinen, und stattdessen auf ihrem Zimmer blieb. Und so war er aufrichtig erstaunt, als sie kurz vor sechs das Speisezimmer betrat. Sofort stand er auf, und ihm stockte der Atem. Sie trug eine elegante Abendrobe aus blauem Sarsenett mit verführerisch tiefem Ausschnitt, und um die nackten Schultern ein lose drapiertes Tuch. Eine Saphirhalskette schmückte ihren schlanken Hals, dazu trug sie passende Ohrringe.
Anthony musste schlucken, nur mühsam fand er die Sprache wieder. „Du siehst sehr schön aus.“
„Sehr freundlich, Mylord.“
Er unterdrückte einen Seufzer. Ganz offensichtlich hatte sie nicht vor, es ihm leicht zu machen. Das änderte sich auch nicht, während sie zusammen dinierten. Obwohl ihre Manieren tadellos waren und ihr Verhalten in jeder Hinsicht korrekt, blieb sie distanziert. Ihm war klar, dass sie sich auf diese Weise schützen wollte, aber ihm fehlte das Gelächter und lebhafte Geplänkel ihrer früheren Gespräche. Wie anders war Claudia da gewesen, nicht zu vergleichen mit der eiskalten Schönheit, die ihm jetzt gegenübersaß.
Ungebeten kam ihm die Szene in Madame Renauds Etablissement wieder in den Sinn: ein halbes Dutzend Männer, die der nackten Schönheit in seinen Armen begehrliche Blicke zuwarfen. Er fasste den Stiel seines Weinglases fester. Claudia und er hatten wahrlich eine Menge zu besprechen.
Da er jedoch nicht wollte, dass die Diener Zeugen dieses Gesprächs wurden, wartete er, bis sie das Mahl beendet und sich in die Abgeschiedenheit des Salons zurückgezogen hatten, bevor er persönlichere Themen anschnitt.
Claudia war froh über seine Diskretion. Die nächste Stunde würde sich gewiss nicht als besonders angenehm entpuppen, aber sie ließ sich nicht vermeiden, und es war besser, wenn sie dabei allein blieben. Dennoch fiel es ihr nicht leicht, mit diesem Mann allein zu sein. Sie konnte seine Gefühle zwar nur ahnen, spürte aber, dass er etwas auf dem Herzen hatte. Mit, wie sie hoffte, ruhigem Ausdruck setzte sie sich auf das Sofa und wartete. Was auch geschah, dieses Mal musste sie ihren Zorn zügeln. Wenn sie die Geduld verlor, würde sie ihm damit nur in die Hände spielen.
Sie schenkte sich etwas Tee von dem Tablett, das die Diener gebracht hatten, ein. Aus den Augenwinkeln sah
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