Historical Saison Band 20
Blick im Spiegel. „Kommen Sie.“
3. KAPITEL
S obald er sich davon überzeugt hatte, dass keine Gefahr drohte, führte Duval sie die Treppe hinunter und durch das Haus zur Hintertür. Madame Renaud wartete dort auf sie, und er gab ihr einen Kuss auf die Wange.
„Danke. Sie waren großartig.“
„Soweit ich sehen konnte, waren Sie auch nicht schlecht.“ Sie hob vielsagend die Augenbrauen.
Er lächelte. „Ich nehme das als Kompliment.“
„Das können Sie auch.“ Sie sah Claudine mit blitzenden Augen an. „Ich wusste, dass ich recht habe.“
„Recht womit?“, fragte Duval.
„Das kann sie Ihnen später erklären. Jetzt müssen Sie gehen, solange Sie noch Zeit dazu haben.“
Claudine hielt auf der Schwelle inne. „Ich danke Ihnen für alles.“
„Gehört zum Service. Gehen Sie jetzt besser.“
Die Nachtluft traf sie wie ein eiskalter Schlag ins Gesicht. Claudine erschauderte und zog den Umhang fester um sich. Sobald sie und ihr Begleiter die Schwelle überschritten hatten, fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss. Sie waren allein. Sie stieß einen tiefen Seufzer der Erleichterung aus. Noch nie war sie so froh gewesen, einen Ort zu verlassen. Jetzt blieb nur noch, Duval irgendwie loszuwerden und ihre eigenen Pläne in die Tat umzusetzen. Entschlossen wandte sie sich ihm zu.
„Ich bin Ihnen sehr dankbar für Ihre Hilfe heute Abend, aber hier müssen wir uns wirklich trennen.“
Statt einer Antwort packte er sie am Arm. „Sie werden tun, was ich Ihnen sage, Mädchen. Noch sind wir nicht in Sicherheit. Noch lange nicht.“
Da sie unmöglich wissen konnte, wie weit die Polizei entfernt war, blieb ihr keine andere Wahl, als Duval widerstandslos zu folgen, wenn sie nicht unwillkommene Aufmerksamkeit auf sich ziehen wollte. Gemeinsam gingen sie also die Straße hinunter, wobei Claudine fast laufen musste, um mit seinen langen Schritten mitzuhalten. Keiner von beiden sprach ein Wort. Ein einziges Mal versuchte sie, sich aus seinem Griff zu befreien, aber er ließ nicht locker. Seine Berührung erinnerte sie daran, was zwischen ihnen vorgefallen war. Claudine erschauerte unwillkürlich. Die widersprüchlichsten Gefühle erfüllten sie. Was geschehen war, ließ sich nicht ungeschehen machen. In diesem Moment musste sie sich darauf konzentrieren, so bald wie möglich der unwillkommenen Nähe dieses beunruhigenden Mannes zu entkommen.
Als sie sich dem Ende der Straße näherten, bemerkte Claudine eine wartende Kutsche. Auf keinen Fall würde sie auch nur einen Schritt weitergehen.
„Bitte, Sie müssen mir zuhören …“
Genauso gut hätte sie mit der Wand reden können. Ohne Umschweife wurde sie in das Gefährt verfrachtet und auf die Sitzpolster geschoben. Danach hörte sie Duval mit dem Kutscher reden, bevor er ebenfalls einstieg und sich ihr gegenüber setzte. Die Kutsche fuhr an. Claudine sah ihren Begleiter finster an.
„Wie können Sie es wagen?“
„Sie vermitteln mir den Eindruck, im Moment zu keinem vernünftigen Gedanken fähig zu sein“, erwiderte er ungerührt, „also übernehme ich für uns beide das Denken.“
„Ich brauche weder Sie noch sonst jemanden, der das Denken für mich übernimmt. Habe ich Ihnen nicht gesagt, dass ich meine eigenen Pläne habe?“
„Nun, jetzt werden sie eben meinen Plänen folgen.“
Seine kühle Arroganz war unfassbar. Schon wollte sie ihm eine Abfuhr erteilen, doch sie verbiss sie sich dann doch.
„Wo fahren wir hin?“, fragte sie stattdessen.
„St Malo.“
„St Malo! Aber das ist ja ewig weit von hier.“
Als hätte er nichts gehört, fuhr er fort: „Da werde ich eine Überfahrt nach Jersey für uns arrangieren, und von dort geht es dann nach England.“
Die Vorstellung, eine gute Woche mit diesem Mann auf engstem Raum eingesperrt zu sein, war Claudine unerträglich. „Ich werde sicher sein, sobald wir Paris hinter uns haben. Ich kann …“
„Sie kommen mit mir. Gewöhnen Sie sich an den Gedanken.“
Seine Stimme klang unerbittlich. Weitere Einwände wären nutzlos, da er ganz offensichtlich für vernünftige Argumente unzugänglich war. Also versank Claudine in Schweigen und blickte unverwandt aus dem Fenster, ohne die Straßen und Häuser, die an ihr vorbeiglitten, wirklich zu sehen.
„Und versuchen Sie nicht, mir zu entwischen“, fuhr er fort. „Ich würde Sie sehr schnell finden, und die Folgen würden Ihnen ganz und gar nicht gefallen.“
Sie hob trotzig das Kinn. „Ihnen allerdings würde es wohl sehr gefallen. Leider
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