Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
Eis, als er auf einmal in ihr Gesicht sah.
Das war ein Fehler, denn ihr staunender Ausdruck ließ ihm den Atem stocken. Ihre violetten Augen funkelten und hoben sich genauso von ihrem blassen Gesicht ab wie die rosigen Wangen. Den verlockenden Mund hatte sie zu einem breiten Lächeln verzogen. Plötzlich zögerte Campion, Lady Warwick kreischte, und sie gerieten ins Trudeln, ehe sie beide das Gleichgewicht wiederfanden und dann von Herzen über die Beinahekatastrophe lachten.
Sie hielten sich gegenseitig an den Armen fest, und als Lady Warwicks Lachen unerwartet verstummte, beugte Campion den Kopf zu ihr herunter. Plötzlich nahm er ihren Duft wahr, einen weiblichen, einladenden Duft. Seine Lippen strichen über eine volle Haarlocke, deren seidige Sanftheit bei ihm Reaktionen auslöste, die er nicht für möglich gehalten hätte.
Mit einem tiefen, entsetzten Seufzer schob Campion sie sanft von sich. Sie waren sich zu nahe gekommen, und er musste wieder auf Abstand zu ihr gehen.
Gleichzeitig nahm er seine Hände von ihren Armen und griff wieder nach ihren Fingern. Mittlerweile bewegte sie sich schon mit mehr Geschick, und während er rückwärts vor ihr über das Eis glitt, folgte sie ihm. Dabei liefen sie nach wie vor auf dem abgelegenen Teil des Teichs, der hinter einer Landzunge und den dick verschneiten Bäumen verborgen lag. Lady Warwick begann vor Freude wieder zu lachen.
„Seht doch nur, wie gut Ihr das macht“, sagte Campion. „Und es gefällt Euch.“
„Ja, es gefällt mir“, gestand sie ihm außer Atem. Ihre Stimme veranlasste ihn, sich zu räuspern. Er ließ ihre Hände los, und obwohl sie protestierend aufschrie, lief sie allein weiter.
„Seht nur!“, rief sie voller Begeisterung über ihre soeben erlernte Fähigkeit.
Bewundernd sah Campion ihr zu, wie sie schneller wurde und zu einer weiten Kurve ansetzte. Er musste an die Frauen zurückdenken, die er nach dem Tod seiner Ehefrauen kennengelernt hatte, vornehme Damen bei Hofe, die sich nur für Geld und Macht interessierten, nicht aber für eine Familie aus wilden Jungen, die erst noch erwachsen werden mussten. Frauen, die sich nicht zu fein waren, einem wohlhabenden Witwer nachzustellen, die aber viel zu elegant waren, als dass sie einen zugefrorenen Teich betreten hätten.
Lady Warwick war da ganz anders. Wenn ihr das hier gefiel, dann sollte sie erst mal sehen, wie die Blumen im Frühling zu blühen begannen und … abrupt hielt er inne in seinen Überlegungen. Joy würde im Frühling nicht mehr hier sein. Die Enttäuschung angesichts dieser Erkenntnis legte sich wie eine schwere Last auf seinen Körper. Sein Lächeln verschwand, und er musste wegschauen zu der weißen Hügellandschaft, wo Campion Castle aufragte. Die goldenen Türme glänzten längst nicht mehr so wie einst, und die Zuflucht, die die Burg bot, hatte ebenfalls an Glanz verloren.
„Oh! Aber wie halte ich denn an?“, rief Lady Warwick plötzlich und lenkte seine Aufmerksamkeit wieder auf sich, doch es war bereits zu spät. Die Augen weit aufgerissen, schoss sie mit rudernden Armen genau auf ihn zu. Er versuchte zwar noch, ihr Tempo zu drosseln, aber wie eine unaufhaltsame Naturgewalt stieß sie mit ihm zusammen und riss ihn von den Beinen. Er fiel nach hinten, sie landete auf ihm, und beide versuchten irgendwie, sich wieder aufzusetzen.
„Seid Ihr verletzt?“, fragte Campion und atmete erleichtert auf, als sie den Kopf schüttelte. Obwohl sie gefallen waren, hatte er sich nie besser gefühlt als in diesem Moment, und er war von pulsierendem Leben erfüllt, was aber nicht nur mit dem Eislaufen zu tun hatte.
Joy saß auf seinem Schoß, so hübsch und so jung, so voller Energie, die auf ihn überzuspringen schien, und mit einem Mal stürmten Bilder und Wünsche auf ihn ein, die besser zu seinem liederlichen Sohn Stephen gepasst hätten. Er fühlte, wie etwas Unerklärliches von ihm Besitz ergriff, und zu seinem Entsetzen musste er feststellen, wie sehr ihr zierlicher Po auf seinem Schoß ihn erregte, so sehr, dass er Schmerzen verspürte.
Campions Hände zitterten, als er sie an ihr Gesicht legte. Er wollte in diesem Moment nichts lieber, als seine Finger in ihrem vollen Haar zu vergraben, sie zu küssen und mehr … um diesen wilden Durst mit ihrem Körper zu stillen. Er wagte einen Blick in ihre Augen, da er erwartete, in ihnen den gleichen Schock zu sehen, den er selbst verspürte. Doch sie schaute ihn einfach nur an, und die Welt kam um ihn herum zum Stillstand.
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