Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
ein Selbstbewusstsein, geboren aus Ehre und … aus Wissen, spekulierte sie und ließ sich von ihm aufhelfen.
Joy hatte Männer oft als Dummköpfe abgetan, doch Campion war ein intelligentes Exemplar dieser Spezies und ließ auch andere Meinungen gelten. Er war nicht nur sehr gebildet, sondern er verfügte auch über umfangreiche Lebenserfahrung, zudem besaß er eine Art angeborene Weisheit, die in seinen Augen aufleuchtete und die Joy als eine sehr große Herausforderung betrachtete.
All dies war zwar sehr interessant, doch wie erklärte sich ihre Reaktion auf seine Nähe? Die plötzlich auflodernde Hitze in Regionen ihres Körpers, die nie eine derartige Wärme gekannt hatten? Als sie neben ihm her den Trampelpfad durch den Schnee entlangging, war ihr nur zu bewusst, wie sehr ihr seine Berührung fehlte.
Wieder schüttelte sie sich, da sie sich wünschte, diese Empfindungen von sich streifen oder sie gar verleugnen zu können. Doch Joy war sich selbst gegenüber immer ehrlich gewesen, und die Wahrheit war, dass sie zum ersten Mal in ihrem Leben einen Mann begehrte.
Dieses Eingeständnis traf sie mit solcher Heftigkeit, dass sie stehen blieb und auf Campions Rücken starrte, ohne jedoch wirklich etwas zu sehen. Allein der Gedanke, von übermäßigem Verlangen erfasst zu werden, hätte für sie verheerend, zumindest aber schockierend sein müssen. Doch ihr stockte nicht der Atem, vielmehr musste sie ein Lachen zurückhalten. Was sollte denn schon aus ihrem wollüstigen Schmachten werden?
Von allen Männern im Land hatte sie sich eindeutig den einen ausgesucht, der viel zu ehrbar war, als dass er fleischlichen Gelüsten würde erliegen können. Während des gesamten Festmahls beobachtete Joy ihn und versuchte herauszufinden, warum gerade Campion ihren bis dahin nicht existierenden Eifer plötzlich geweckt haben sollte. Aber gegen Ende des Festmahls entzog sich ihr die Antwort auf ihre Frage genauso wie in dem Moment, als sie beim Eislaufen auf seinem Schoß gelandet war.
Das Verlangen war einfach da und brachte ihr Blut in Wallung, sobald sie ihn anschaute. Wenn sie ihn wiederum nicht ansah, wurde ihr Verlangen noch beharrlicher. Noch nie hatte sie sich so sehr für einen Mann interessiert, und da Joy von Natur aus neugierig war, wollte sie dieser Sache auf den Grund gehen.
Je aufmerksamer sie ihn beobachtete, umso faszinierender wurde er für sie. Jede Einzelheit an ihm war mit einem Mal bemerkenswert: die Art, wie die silbergrauen Strähnen sein dunkles Haar durchwirkten, wie sich sein dunkelgrüner Waffenrock über die breite Brust legte, wie ausladend seine Schultern waren, wie beeindruckend er war, ohne dabei Furcht einflößend zu wirken. Campion war kein Mann, der seine Macht gedankenlos ausübte, und diese Erkenntnis war für Joy fast so aufregend wie sein Körper.
Ihr Blick wanderte über sein Handgelenk und die Finger, und sofort wurde ihr wieder heiß, als sie sich daran erinnerte, wie sie sich auf ihrer Haut angefühlt hatten. Stark, beschützend, mitreißend. Wie konnte der Anblick der Hände dieses Mannes sie nur so fesseln? Es war absurd, und doch konnte sie es nicht leugnen. Dieses unglaubliche, neue Gefühl hatte so von ihr Besitz ergriffen, wie der Geist der Weihnacht sich auf alle anderen in Campions Saal herabgesenkt hatte.
Joy hätte ihre Begierde für eine sonderbare Auswirkung der Jahreszeit halten oder der luxuriösen Umgebung zuschreiben können, aber sie empfand nichts von alledem, wenn sie Reynold oder Stephen oder einen der anderen Männer ansah.
Einzig Campion hatte diese Wirkung auf sie. Natürlich lernte sie nur selten einmal einen Mann kennen, der einen ähnlichen Rang wie der Earl innehatte, und wenn es doch einmal vorkam, dann hatte sie sich über fast jeden von ihnen geärgert. Nicht aber über Campion.
Joy fühlte sich so flatterhaft wie ein junges Mädchen – wie das junge Mädchen, das sie nie gewesen war –, da sie immer wieder einen verstohlenen Blick in seine Richtung warf, um sein aristokratisch aussehendes Gesicht zu betrachten. Innerhalb von nur zwei Tagen war ihr sein Anblick so vertraut geworden wie der eines Lieblingsbuchs, das man nicht aus der Hand legen wollte. Noch während sie ihn ansah, kam ein Kind zu ihm und stellte sich neben den prunkvollen, ausladenden Stuhl, um mit dem Earl zu reden. Gebannt hielt Joy den Atem an, doch im Gegensatz zu den meisten Männern schickte Campion das kleine Mädchen nicht einfach fort, sondern beugte sich vor und
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