Historical Weihnachten Band 01: Das Geschenk der heiligen Nacht / Die Winterbraut / Licht der Hoffnung
erfüllen“, antwortete Joy und rutschte unbehaglich auf ihrem Platz hin und her, da sie an ihre eigenen Ansichten zu diesem Thema erinnert wurde. „Ich denke da an eine einfache Liebelei, etwas von der Art, was sich immer wieder am Hof und sogar unter meinen Nachbarn abspielt.“
Roesia stand da, den Mund weit geöffnet, und kam aus dem Staunen nicht mehr heraus, was Joy verdrießlich machte. „Ihr redet doch immerzu von den Freuden, die Ihr in den Armen eines Mannes findet. Wollt Ihr jetzt darüber schweigen?“
„Nein, Mylady“, erwiderte sie hastig und schüttelte den Kopf. „Aber mir gefällt es, gut geküsst zu werden und dann und wann mit dem richtigen Burschen meinen Spaß zu haben, während Ihr noch nie einen Mann angesehen habt!“
„Aber das mache ich jetzt“, konterte Joy und setzte eine unbeteiligte Miene auf.
„Und das ist auch gut, Mylady! Aber eine Frau wie Ihr gehört nicht zu denen, die ein schnelles Vergnügen suchen. Außerdem dachte ich nicht, dass Euch Stephen …“ Sie ließ den Satz unvollendet und musterte Joy gründlicher. „Oh mein Gott, es ist Campion! Auf den Earl selbst habt Ihr ein Auge geworfen!“, rief Roesia und legte eine Hand an den Hals, als habe sie etwas Schockierendes erfahren.
„Und was bitte ist an Campion verkehrt?“, fragte Joy in einem gefährlich leisen Tonfall, der für ihre Dienstmagd Warnung genug war, auf ihre Wortwahl zu achten.
„Nichts, Mylady. Wirklich gar nichts. Gott, was für ein Mann!“ Roesia seufzte anerkennend und schien sich in Gedanken über den Earl zu verlieren, sodass Joy ihr schließlich einen wütenden Blick zuwarf. Die Dienstmagd reagierte mit einem entschuldigenden Lächeln, dann wurde sie wieder ernst. „Aber er ist völlig anders!
Ihr könnt nicht mit einem solchen Mann das Bett teilen und am Morgen so tun, als wärt Ihr immer noch dieselbe.“
„Wie meint Ihr das?“, fragte Joy verwirrt. Natürlich wollte sie danach nicht mehr dieselbe sein. Sie wollte in jeder Hinsicht eine Frau sein.
Roesia errötete. „Ihr redet hier von simpler Lust, Mylady, aber es ist nicht immer so einfach, Euer Herz vom Rest zu trennen.“ Auf Joys fragenden Blick hin warf sie aufgebracht die Hände hoch. „Was ist mit der Liebe, Mylady? Davor können Euch all Eure klugen Ideen und Eure Willenskraft nicht beschützen.“
„Liebe!“, schnaubte Joy. Sie war immer der Meinung gewesen, dass die sogenannten Romanzen nichts weiter waren als Albernheiten, die sich Minnesänger auf der Wanderschaft ausdachten, um sie gegen die Barmherzigkeit einer Burgherrin zu tauschen. „Davor habe ich keine Angst“, erklärte sie lachend.
„Und was ist mit Campion?“, hielt Roesia kopfschüttelnd dagegen. „Er ist nicht so wie Stephen, er will nicht jeder Frau am liebsten unter die Röcke greifen. Ich weiß mehr über Männer als Ihr, Mylady, und ich sage Euch, er nimmt eine Frau nur dann mit in sein Bett, wenn er sie liebt. Glaubt Ihr, er wird sich ins Zeug legen wie ein Hengst, um Euch anschließend einfach weiterziehen zu lassen?“
Joy versteifte sich angesichts der drohenden Gefahr für ihre Unabhängigkeit, die ihr so wichtig war. „Ihm wird keine andere Wahl bleiben“, erklärte sie. „Ich bestimme selbst, was ich tue und was nicht. Er kann keinen Anspruch auf mich geltend machen.“
Roesia seufzte, als habe sie eine uneinsichtige Schülerin vor sich. „Mylady, Ihr wisst so gut wie nichts über Männer, auch wenn Ihr das zu glauben scheint. Der Earl mag zwar sanfte Augen haben und die Ruhe in Person sein, doch in seinem Inneren brennt ein wildes Feuer. Wie anders hätte er sein Land regieren und eine eigene Dynastie aufbauen sollen? Ich finde, Ihr solltet Euch ihm nicht hingeben, wenn Ihr es nicht ernst meint.“
Gerade wollte Joy protestieren, da lächelte Roesia sie hoffnungsvoll an. „Wenn Ihr schon ein Auge auf den Earl geworfen habt, warum heiratet Ihr ihn nicht? Damit wären all unsere Probleme gelöst! Und ich kann nicht behaupten, dass es mich stört, hier zu leben“, fügte sie mit einem bewundernden Blick auf die luxuriöse Einrichtung der Burg hinzu.
„Ich werde nicht wieder heiraten“, sagte Joy. Sie hatte es gehasst, ihr Zuhause verlassen zu müssen, um diesen Fremden zu heiraten, diesen schlaksigen Jungen, der ihr Ehemann sein sollte. Nach seinem Tod hatte sie ihre Unabhängigkeit zu schätzen gelernt. Männer kontrollierten eine Ehefrau in jeder Hinsicht – ihr Geld, ihren Besitz, ihr ganzes Leben. Selbst Freundschaften
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