HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 01
zugeschnürt, Gleiches galt für das schmuddelige Leinenhemd darunter. Seine dunkle Wollhose war alt und abgewetzt, die Stiefel waren in keiner besseren Verfassung.
Ihr entging auch nicht, dass er für einen Mann in seinem Alter auffallend muskulös war und seine geschmeidigen Bewegungen genauso jugendlich wirkten wie seine leuchtenden braunen Augen und das freche Grinsen. Bedauerlicherweise war all das keineswegs dazu angetan, ihren Gefallen zu finden.
Sir Rafe warf den ungefütterten Mantel auf die ihm nächste Bank und schlenderte auf arrogante Weise am Kamin vorbei durch den Saal, als sei er ein König, der Ehrenbezeugungen erwartete. Er ignorierte die entsetzten Blicke der Diener an ihrem Tisch und der Dienstmädchen, die mit offenem Mund dastanden und ihn ansahen, während sie ihre eigentliche Aufgabe längst vergessen hatten.
Zugegeben, diesen Ritter konnte man nicht so leicht übersehen, diesen Mann mit dem attraktiven, reifen Gesicht, dem muskulösen Körper und seiner lässigen Art.
Doch so ohne Weiteres war Katherine DuMonde nicht zu beeindrucken.
Jene Männer, die glaubten, sie schulde ihnen allein wegen ihrer Position Ehrerbietung oder Respekt, mussten nur allzu oft feststellen, dass sie darauf nicht die erwünschte Reaktion zeigte. Ebenso wenig konnte man sie mit gutem Aussehen oder exzellentem Auftreten für sich gewinnen.
Sie hatte hier das Sagen, und sie würde nicht zulassen, dass dieser – oder irgendein anderer – Mann ihr das Gefühl gab, ihm untertan zu sein.
„Beim heiligen Simon, ich bin völlig durchnässt“, erklärte Sir Rafe mit tiefer, volltönender Stimme, als er vor ihren Tisch trat, der auf dem Podest stand.
„Dann hättet Ihr im Stall bleiben sollen“, gab Katherine mit eisiger Stimme zurück.
Während sie das sagte, veränderte sich sein Ausdruck. Zwar lächelte er nach wie vor, aber die Freundlichkeit in seinen Augen war verschwunden und einer unerwarteten Härte gewichen. Plötzlich wurde ihr bewusst, wie viel Klasse und Stolz dieser so umgänglich und harmlos erscheinende Mann in Wahrheit besaß.
„Sir, würdet Ihr Euch zu mir an den Tisch setzen?“, fragte sie in einem etwas höflicheren Tonfall. Dabei sah sie zu ihrer Dienstmagd Hildegard, die sofort aufsprang und einen Stuhl neben Katherines Platz stellte.
Der wütende Ausdruck in Rafes Augen schwächte sich ein wenig ab und wich einem freudigen Funkeln. „Es wird mir eine Freude sein, Mylady“, sagte er und kam mit ein paar kraftvollen Schritten um den Tisch herum.
Er nickte dankbar der sichtlich beeindruckten Hildegard zu und zwinkerte ihr dann auch noch zu – als sei Katherines Saal eine beliebige Taverne! Hildegard, eine spindeldürre, unverheiratete Frau im mittleren Alter und mit Zahnlücke, eilte davon, den Kopf so errötet wie die Beere einer Stechpalme.
Katherine war sehr froh darüber, dass auch die letzten ihrer Schutzbefohlenen zur Weihnachtsfeier nach Hause zurückgekehrt waren. Ihr schauderte bei dem Gedanken, welche Unruhe und Narretei dieser Mann mit seinem ungestümen Auftreten bei den Mädchen hätte auslösen können. Immerhin hatte sie auch so schon alle Hände voll zu tun, für Ordnung und Disziplin zu sorgen.
„Da riecht aber etwas sehr gut, Mylady“, meinte Rafe und atmete tief durch die Nase ein. „Ich sage Ihnen, ein guter Koch ist sein Gewicht in Gold wert“, fuhr er fort, als müsse sie sich für seine kulinarischen Beobachtungen interessieren. „Der Baron DeGuerre hatte einen guten Koch, und seine Männer dankten ihm jeden Tag dafür.“
„Ich kenne keinen Baron DeGuerre.“
Hildegard kehrte mit einem Tablett und einer gleichermaßen einfältig grinsenden Dienerin zurück, um ihm einen Kelch mit Wein zu bringen.
Rafe zwinkerte beiden Frauen zu.
Vielleicht wäre Katherine wohler zumute gewesen, hätte sie gewusst, dass dieses Zwinkern eine Angewohnheit war, aber nicht der Versuch, für Ärger zu sorgen, und dass er sich mehr für den gewürzten Wein interessierte als für die Frau, die ihm den Kelch hingestellt hatte.
„Der Baron hat eine große Familie, vor allem wenn man bedenkt, dass er erst recht spät heiratete“, stellte Rafe fest. „Drei Söhne und eine Tochter. Große, stramme Kerle, die eines Tages so wild wie der Teufel sein werden, falls sie sich nicht vorher gegenseitig umbringen.“
„Wie faszinierend“, gab Katherine in einem Tonfall zurück, der ihn wissen lassen sollte, dass sie von seinen Geschichten auf das Äußerste gelangweilt
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