HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
Glück war viel wichtiger. Er sollte dankbar sein, dass er ihr jetzt die Geldmittel dafür verschaffen konnte.
Die festlich hergerichtete Halle hier auf Byelough schien ihn zu verhöhnen. Ihre Girlanden aus Stechpalmen und Kiefernzweigen, die süß duftenden Kerzen und das lodernde Feuer verspotteten seine früheren Versuche, seine eigene Burg zu einem gemütlichen Ort zu machen. Trotzdem hatte er aus dem, was ihm gegeben worden war, das Beste gemacht, was er konnte. Und jetzt, wo alles gesagt und getan war, war auch etwas Gutes daraus entstanden.
Ian nahm dankend von einem Diener den Becher Met an und hob ihn, um mit Juliana anzustoßen. „Auf Euer Glück, Mylady“, sprach er einen Trinkspruch aus.
„Und auf das Eure“ antwortete sie mit einem beherzten Lächeln.
Er zwang sich, ihr zuzulächeln. „Irgendjemand hat Byelough für diesen Tag fein hergerichtet. Ich wette, das wart Ihr?“
Sein Lob ließ sie erröten. „Ich habe dabei geholfen. Es schaut schön aus, nicht wahr?“
„Ein ausgezeichneter Rahmen für Eure eigene Schönheit“, fuhr er fort und betrachtete sie mit hungrigem Blick. Das bescheidene grüne Kleid, das sie trug, ließ ihre Haare feurig leuchten. Sie trug keinen seidenen Schleier, um ihre Zöpfe zu bedecken, wie sie es zuvor getan hatte. Noch war sie herausgeputzt wie eine reiche Engländerin. Heute war sie sehr schlicht gekleidet. Wie eine Novizin, dachte er mit Wehmut, und der Gedanke ließ ihn angstvoll zusammenzucken.
Juliana zupfte an ihren Röcken und lachte auf. „Wie galant von Euch, so etwas zu sagen.“
„Haben wir das andere Kleid ruiniert?“, fragte er und bereute sofort, dass er dieses Thema angeschnitten hatte. „Was diese Nacht betrifft …“
„Nein!“, rief sie rasch und errötete. „Nein, es war nicht ruiniert. Was soll’s, es war nur eines der alten Kleider, die meine Mutter bei Hofe trug.“
„Sie hat sie Euch vermacht, bevor sie starb“, vermutete er. Kein Wunder, dass er Juliana wegen ihrer reichen Kleidung für wohlhabend gehalten hatte.
„Ja, Mutter war auf so etwas bedacht“, antwortete sie etwas zu heiter und sah dann zur Seite. Sie versuchte ein Lächeln, aber erfolglos.
Ian nahm ihre Hände in die seinen. „Jetzt habe ich dir einen Kummer ins Gedächtnis zurückgerufen, und ich möchte nicht, dass du wegen irgendetwas traurig bist.“
„Nein, das hast du nicht getan“, versicherte sie ihm. „Meine Mutter liebte mich. Ich glaube es jedenfalls, denn ich kannte sie nicht so gut. Sie verließ uns, um der Königin zu dienen, als ich noch ein Kind war. Vater schickte ihr alles, was er als Onkel Adams Seneschall verdiente, um so für ihren Unterhalt zu sorgen. Ich habe sie nie wieder gesehen.“
„Es kann sein, dass sie keine andere Wahl hatte, als ihr zu dienen“, vermutete er.
Juliana nickte. „Genauso wenig wie ich eine Wahl hatte, als der König mich zu sich rief, damit ich seinen Lakai heirate. Ich wusste immer, dass es so war.“
„Zumindest gab sie dir alles, was sie geben konnte, Juliana. Ich bin sicher, sie muss dich sehr geliebt haben.“
Sie löste die Hände aus den seinen und stand auf. „Wir können sicher glücklichere Themen finden, über die man reden kann. Seht her, da kommen Honoria und Alan. Lasst uns unsere Plätze bei Tisch einnehmen.“
Die Geschichte über ihre Mutter hatte Ian, der seine eigene Mutter nie kennengelernt hatte, berührt. Juliana brauchte jemanden, den sie lieben konnte und der sich um sie kümmerte. Ian wünschte nur, er könnte dieser Mensch sein, aber das sollte nicht sein. Er konnte nur hoffen, dass sie bei den Nonnen fand, was sie suchte.
Als sie mit dem Festessen begannen, versorgte er sie pflichtbewusst mit Speisen von ihrem gemeinsamen Essbrett und kommentierte angemessen ihre Ausrufe darüber, wie gut das Essen sei. In Wahrheit hätten die wenigen Bissen, die er zu sich nahm, ebenso gut trockener Hafer sein können.
Er kämpfte gegen die Leere in seiner Brust an, den Schmerz in seinem Kopf und die Unruhe, die sie jedes Mal, wenn sie lächelte oder seine Hand berührte, in seinen Lenden hervorrief. Der Verlust von Dunniegray war nichts verglichen mit dem Verlust von Juliana.
Vielleicht würde er weniger leiden, wenn er sich schnell verabschiedete. Wenn er ihr einfach nur das Säckchen mit den Goldstücken gab, ihr alles Glück wünschte und Byelough sofort verließ. Das Wetter und die Dunkelheit der Nacht machten eine Reise zu diesem Zeitpunkt jedoch unmöglich. Morgen würde er ihr
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