HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
setzen konnte, hieb ihr Vater mit der Faust auf den Tisch. „Du gehst nicht, bevor du mir nicht meine Frage beantwortet hast. Hat Heywood dir etwas anderes angeboten?“
Sie hielt inne und nickte. Mit einer Stimme, die so leise war, dass man sie kaum hören konnte, sagte sie: „Er bot mir ein Mutterschaf und seine Jungen an und auch eine Schar Hühner.“
„Schafe und Hühner?“ Der alte Mann sah aus wie vom Donner getroffen. „Nun, das ist ein Schatz, der mehr wert ist als Gold. Bei sorgfältigem Umgang und geschickter Zucht hätten wir bald überhaupt keine Sorgen mehr. Warum, in aller Welt, hast du solch ein Angebot abgelehnt?“
„Darum.“ Sie hob den Kopf und erwiderte den ernsten Blick ihres Vaters. „Er will es nur tun, wenn ich in eine förmliche Verlobung einwillige, sodass wir an Heiligabend heiraten können. Und nur, wenn ich zulasse, dass Brock und Gwen in einem Nachbardorf bei einem Bauern angelernt werden, der keine eigenen Kinder hat und Arbeiter braucht.“
Entschieden raffte sie die Röcke und kletterte die Leiter hinauf. Ihr Vater stieß seinen Stuhl zurück, stürmte aus der Hütte und schlug die Tür hinter sich zu.
Morgan ballte die Hände zu Fäusten und wünschte, er könnte dem alten Mann folgen und seinen Zorn abreagieren. Stattdessen wandte er sich an die beiden Kinder, die angstvoll die Gesichter verzogen. In der Hoffnung, sie beruhigen zu können, stand er auf und sammelte das Geschirr ein. Als der Tisch abgeräumt war, füllte er eine Schüssel mit warmem Wasser und fing mit dem Abwasch an. Während er arbeitete, redete er in gelassenem, besänftigendem Ton mit ihnen.
„Ich wurde auch einmal angelernt.“
„Wurdest du?“ Brock sah ihn erstaunt an, während er und seine Schwester näher kamen.
„Aye.“
„Weil du arm warst?“, fragte das Mädchen.
Morgan schüttelte den Kopf und gab jedem von ihnen ein Stück Tuch, damit sie die Teller trockneten, während er spülte. „Ich wollte lernen, ein Krieger zu werden. Und mein Vater erzählte mir, dass der beste Krieger des Hochlands Allistair McLarin sei, ein Verwandter. Also bat ich um die Erlaubnis, von ihm angelernt zu werden, damit ich alles lernte, was er mich lehren konnte.“
„Wie lange bist du bei ihm geblieben?“, fragte Brock mit leiser Stimme.
„Drei Jahre.“
„Drei Jahre“, murmelte Gwen mit einem Anflug von Ehrfurcht.
Wieder sahen die Kinder sich an, bevor Brock fragte: „Hat er dich geschlagen?“
Morgan unterbrach seine Arbeit und warf dem Jungen einen Blick zu. „Mich geschlagen? Nein. Wieso fragst du so etwas?“
Brock schluckte. „Lindsay ging einmal in das Haus einer reichen Dame arbeiten. Sie wollte lernen, wie man Dienerin bei einer Dame wird. Großvater war kurz vorher aus der Schlacht heimgekehrt, und wir hatten nichts zu essen und kein Dach über dem Kopf. Aber sie arbeitete nur wenige Tage dort.“
„Mochte sie die Arbeit nicht?“
Der Junge nahm eine Platte und rieb wieder und wieder mit dem Tuch darüber, während er überlegte, wie viel er sagen sollte. Endlich sah er auf. „Lindsay war immer bereit gewesen, von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang zu arbeiten. Nie ist sie harter Arbeit aus dem Weg gegangen. Aber als sie einmal das Essen auftrug, verschüttete sie etwas Bier auf ein feines Tischtuch. Die Hausherrin wurde wütend und schlug sie.“
Morgan kniff die Augen zusammen. Seine Stimme war von einer eisigen Ruhe. „Lindsay wurde geschlagen?“
„Ja. Nicht nur ein Mal, sondern viele Male. Beim letzten Mal lief sie weg.“
„Du meinst, sie lief nach Hause. Zu ihrem Vater.“
„Nein. Sie lief weg.“
„Aber warum denn?“
„Sie schämte sich, weil sie Großvater enttäuscht hatte. Uns enttäuscht hatte. Also versteckte sie sich im Wald. Als ein Diener zu uns kam, um sie zu holen, erfuhr Großvater, dass sie vermisst wurde und ging sie suchen. Er fand sie. Ihr Rücken war voller Narben und eiterte. Ihr Kleid war zerrissen und voll Blut. Er brachte sie nach Hause und legte sie ins Bett. Es dauerte Wochen, bis Lindsay ertragen konnte, dass irgendeine Kleidung ihre Haut berührte. Und als alles schließlich verheilt war, bat sie Großvater, sie nicht zurückzuschicken. Sie versprach, alles zu tun, damit wir überleben. Sie sagte, sie würde lieber ohne Essen und Kleidung, ja selbst ohne ein Dach über dem Kopf sein, als jemals wieder zu einer grausamen Herrin geschickt zu werden, um bei ihr zu lernen.“
Der Junge stellte die Platte ab und trocknete sich
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