HISTORICAL WEIHNACHTEN Band 02
Händen über die nackte Brust streichen, über seinen Hals, die Arme entlang und über die Schultern. Aber sie hatte Angst. Und sie war zu scheu. So kniete sie nur da, steif und starr. Und sie fürchtete, dass ihre Knochen wie feines Glas zerspringen könnten, wenn sie sich jetzt bewegte.
„Ich werde wieder …“, er nahm ihr Gesicht in beide Hände und sah ihr mit solcher Eindringlichkeit in die Augen, dass ein ängstlicher Schauer sie durchfuhr, „deinen Zorn riskieren müssen?“
„Meinen Zorn?“
Sein Lächeln wirkte amüsiert, aber auch bedrohlich. „Ich werde dich wieder küssen.“
„Ja. Das ahne ich. Ich nehme es dir nicht übel, Morgan.“
Sein Lächeln wurde breiter. „Gut zu wissen.“
Und als er dann den Kopf senkte und Lindsay mit solcher Zärtlichkeit, solcher Süße küsste, dass sie ihr Herz in der Brust flattern spürte wie einen gefangenen Vogel, wurde jedes Wort überflüssig. Den Mund immer noch auf dem ihren, zog er sie fester an sich. Es schien das Natürlichste der Welt zu sein, ihm die Arme um den Hals zu schlingen und sich an ihn zu schmiegen, während der Kuss nicht zu enden schien.
Der Boden unter ihr schien sich tatsächlich zu neigen. Hinter den geschlossenen Augen sah sie heitere Farben. Draußen wurde das Zwitschern eines Nachtvogels zu einem wunderschönen Liebeslied. Das Zischen und Knistern des Feuers schien zu verklingen, wie auch das Schnarchen ihres Vaters oben im Hängeboden. Tatsächlich war die ganze Welt mit einem Mal wie versunken. Sie war allein im Universum, allein mit diesem Mann. Verloren im Wunder seines Kusses.
Als Morgan endlich den Kopf hob, sog er tief die Luft ein und hielt Lindsay ein wenig von sich.
Lindsay hielt die Augen noch einen Moment geschlossen, bevor sie sie zitternd öffnete. „Warum …“ Sie rang um Atem. „Warum hörst du auf?“
Sie war so offen. So ehrlich. An ihren geröteten Wangen und der Verwirrung in ihren Augen konnte er erkennen, dass er sie überrumpelt hatte und zu weit gegangen war. Sie war noch unschuldig, und er hatte die Situation ausgenützt. „Du brauchst deinen Schlaf, Lindsay. Und ich …“ Er stand auf und zog sie mit sich hoch. „Ich brauche einen Spaziergang.“
„Einen Spaziergang? Aber es ist dunkel draußen. Und kalt.“
„Aye.“ Seine Stimme klang ungewöhnlich barsch. „Genau das ist es, was ich jetzt brauche.“
„Aber ich möchte, dass du mich wieder küsst.“
Er war nahe daran, gequält aufzustöhnen, als er sie jetzt umdrehte und in Richtung Leiter schob. „Geh jetzt zu Bett. Und lass mich etwas Luft schöpfen.“
Sprachlos und verwirrt durchquerte Lindsay langsam den Raum. Am Fuß der Leiter blieb sie stehen und drehte sich um.
Morgan nahm das Fell vom Boden auf und warf es sich um die Schultern. Dann schritt er zur Tür. Ohne einen Blick zurück ging er hinaus.
Enttäuscht ließ Lindsay sich auf die unterste Sprosse sinken und stützte das Kinn in die Hand. Was hatte sie falsch gemacht? Lag es an der Art, wie sie ihn geküsst hatte? Oder vielleicht auch daran, dass sie ihn nicht so angefasst hatte wie er sie?
Ach, wenn sie nur mehr über diese Dinge wüsste. Aber der Kampf ums Überleben ließ ihr wenig Zeit für anderes, wie zum Beispiel für die Kunst des Werbens.
Das Werben. Sie krauste die Stirn noch mehr. Sie wusste, was Männer und Frauen danach taten. Sie vereinigten sich. Aber das ist nicht dasselbe, dachte sie. Was sie so von dem mitbekommen hatte, was andere Frauen untereinander flüsterten, schien die Vereinigung nie etwas Angenehmes zu sein, sondern eher etwas, das eine Frau hinnehmen musste, damit sie versorgt war. Und ihrer Beobachtung nach nahmen sich die meisten Frauen im Hochland aus praktischen Gründen einen Ehemann. Es war der Mann, der jagte, der sich um Nahrung und Unterkunft kümmerte und die Frau vor den Angriffen der Fremden schützte.
Lindsay dachte dabei an Heywood Drummond, der klar zu erkennen gegeben hatte, dass er sie zur Ehefrau wünschte. Doch es gab Gerüchte, er habe seine erste Frau ins Grab geprügelt. Weil sie Anzeichen seiner Grausamkeit gesehen hatte, war es Lindsay bis jetzt gelungen, ihn auf Abstand zu halten.
Morgan McLarin war da ganz anders. Er ähnelte keinem Mann, den sie je getroffen hatte. Stark, wie ein Krieger nur sein konnte. Und doch liebevoll im Umgang mit ihr und ihrer Familie. Wenn er sie berührte, ertappte sie sich dabei, dass sie an die seltsamsten Dinge dachte: bei ihm zu liegen und zuzulassen, dass er sie überall
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