Historical Weihnachten Band 04: Zeit der Hoffnung, Zeit der Liebe? / Mein Engel der Weihnacht / Ein Weihnachtsmärchen in London
legte. „Der Junge kann ihn aussprechen, wie er möchte … denke ich.“ Dann fragte er Claire: „Wann kommt er denn nach Hause, dein Rafe?“
Claire war verblüfft über die gereizte Reaktion auf die Aussprache von Rafes Namen, doch noch beunruhigender war die Tatsache, dass sie keine Antwort auf Onkel Abners Frage wusste. „Er hat nichts erwähnt“, meinte sie bedrückt.
Bis zum Tee am Nachmittag wurde kein weiteres Wort über Rafe verloren. Claire hatte versucht, sich mit der Arbeit an einigen Rechnungsbüchern abzulenken, die Onkel Abner aus der Fabrik mitgebracht hatte. Mit jeder weiteren Stunde wurde sie allerdings ängstlicher. Rafe hätte ihr doch sagen können, dass er eine geschäftliche Verabredung hatte und den größten Teil des Tages fort sein würde.
Die Uhr schlug halb fünf, als Rafe zurückkehrte, ein breites Lächeln um die Lippen und einen Blumenstrauß in der Hand. Sobald Claire das Zwinkern in seinen Augen sah, schmolz jeder Zweifel in ihr dahin. Er küsste sie auf die Wange und überreichte ihr die Blumen. Die Mayhews setzten sich erwartungsvoll auf.
In diesem Moment wurde der Teewagen hereingeschoben, und Claire bat um eine Vase für die Blumen. Alle versammelten sich erheblich schneller um den Tisch, als es gemeinhin ihre Art war. Claire verteilte die Tassen, Tante Hortense schenkte den Tee ein, und Onkel Abner begann mit der Befragung.
„Du siehst zufrieden aus“, bemerkte er zu Rafe. „Ich nehme an, dein Treffen in der City verlief gut.“
„Ja, recht gut.“ Rafe lächelte Claire zu. „Tatsächlich hätte es gar nicht besser laufen können. Aber ich wollte schnell hierher zurück, um Claire wiederzusehen.“ Claire, die gerade dabei war, die Blumen in einer Vase zu arrangieren, blickte errötend auf. Er ging zu ihr und hob ihre Hand an seine Lippen. Plötzlich hörte man regelrecht, wie alle den Atem anhielten.
Claire spürte wieder Unruhe in sich aufsteigen. Die lieben Alten würden sich doch gewiss freuen, wenn sie erfuhren, dass ihr Plan tatsächlich von Erfolg gekrönt war?
„Ich möchte euch etwas Wichtiges mitteilen.“ Rafe zog sie dichter an seine Seite. „Ich habe Claire gebeten, meine Frau zu werden. Und da ihr ihre engsten Verwandten seid, bitte ich um eure Erlaubnis, sie so bald wie möglich heiraten zu dürfen.“
Tante Hortense sprang mit einem kleinen Freudenschrei auf, um Claire zu umarmen.
Onkel Abner eilte herbei, schüttelte Rafe die Hand, als wolle er sie ihm abreißen, und konnte nicht aufhören, ihn voller Rührung „mein Junge“ zu nennen. Tillie, Cousin Halbert und Tante Eloise ließen nicht lange auf sich warten, umarmten und tätschelten beide liebevoll und hießen Rafe erneut herzlich in der Familie willkommen. Jeder von ihnen war aufrichtig entzückt über die Neuigkeit.
Claires Augen füllten sich mit Tränen, als Rafe ein Knie beugte und ihr einen wunderschönen mit Rubinen und Diamanten besetzten Ring überreichte, den er offenbar in der City erstanden hatte. Noch einmal nahm sie seinen Antrag an, und er küsste sie zärtlich unter dem Mistelzweig.
Als sie sich um acht Uhr zum Dinner in das Speisezimmer begaben, war die Stimmung ausgelassen, ja fast schon übermütig. Die Entscheidungen, die die Hochzeit betrafen, waren schon halb getroffen – die Damen hatten jede ihre eigenen Vorstellungen davon, was Claire tragen, wer sie trauen und wie lang die Liste der Gäste sein sollte. Nur in einem Punkt stimmten ihre Meinungen überein: Die Hochzeit würde in sechs Wochen stattfinden, am Valentinstag.
Claire schwebte wie auf Wolken, und so wurde ihr nicht bewusst, dass ein Blitz den heiteren Himmel ihres Glücks zu erschüttern drohte – bis Onkel Abners Miene plötzlich finster wurde und Rafe abrupt den Atem einsog.
Sie hörte gerade Tillie zu, die zu ihrer Rechten saß, als der Schlagabtausch zwischen den beiden Männern erfolgte.
„Nun, mein Junge, ich nehme an, du wirst morgen mit mir zur Fabrik kommen wollen, um allmählich einen Überblick zu erlangen, nicht wahr? Ein vollkommen aufeinander abgestimmtes Besteckservice herzustellen ist gar nicht so einfach, wie es vielleicht anmutet, weißt du.“
„Es tut mir leid, ich glaube nicht“, antwortete Rafe ernst.
„Was? Du hast morgen schon etwas anderes vor? Claire kann dich ein, zwei Tage entbehren, mein Junge. Immerhin geht es um deine Zukunft.“
„Nein, ich fürchte, so ist es nicht.“
„Was ist nicht so? Wovon redest du? Du wirst dich ins Geschäft einarbeiten lassen
Weitere Kostenlose Bücher