Historical Weihnachten Band 6
ausstieß, empörten Duncan. Eine Frau sollte derlei Beleidigungen nicht einmal kennen, geschweige denn aussprechen.
„Verdammt und zugenäht!“ Sie kam auf das Bett zu.
Hatte sie ihn gesehen? Ahnte sie etwas? Er hielt den Atem an und wünschte sich, er hätte die Zeit gehabt, sein Schwert zu holen, doch er hatte sich nur wenige Augenblicke vor ihrer Rückkehr befreien können.
Holz klapperte, als sie ein Tablett auf den Stuhl stellte, auf dem sie die vergangenen zwei Nächte Wache an seinem Bett gehalten hatte. Eine unwillkommene Erinnerung daran, dass er ihr eigentlich noch etwas schuldig war. Sie fluchte noch einmal, diesmal auf Gälisch, und stürmte aus dem Raum. Er wartete, bis ihre wütenden Schritte verhallt waren, und kroch dann unter dem Bett hervor.
Seine Schulter pochte schmerzhaft, seine Knie waren weich und drohten unter ihm einzuknicken, und sein Geist war wie in Nebel gehüllt, doch er durfte diesen Schwächen nicht nachgeben. Mit einer Hand stützte er sich an der rauen Wand ab und konzentrierte sich darauf, sein Schwert zu erreichen, als wäre er auf der Suche nach dem Heiligen Gral selbst. Er fühlte sich besser, kaum dass er es erreicht und das Heft umfasst hatte. Er bückte sich nach dem Gürtel, der sauber eingerollt daneben auf dem Boden lag. Die Tasche war noch immer daran befestigt.
Er wusste, er würde keine Ruhe finden, bis er nicht die edlen Steine gesehen hätte, daher opferte er einige der kostbaren Sekunden, in denen er noch unentdeckt war, und öffnete die metallene Schließe, um in den Beutel hineinzusehen. Im Beutel befanden sich die wenigen Silbermünzen, die er noch besaß. Das seidene Innenfutter der Tasche war noch intakt. Dann bemerkte er, dass die Nähte in einer Ecke der Tasche mit schwarzem Faden gemacht worden waren; er aber hatte roten Faden benutzt, als er die Steine hinter dem Innenfutter versteckt hatte.
„Nay!“
Er zerschnitt den Faden mit der Spitze seines Schwertes.
Leer!
Er fluchte mit heiserer Stimme und erschrak im nächsten Moment darüber.
Verdammt. Verdammt. Er zerknüllte die Tasche in seiner Hand und sah sich fieberhaft im Raum um. Viel mehr gab es jedoch nicht außer einem Bett ohne Vorhänge mit einer schweren Truhe am Fußende, einem Tisch mit einer großen Kerze darauf und ein paar kleiner Töpfe. Grobe Wandbehänge aus Wolle an den Wänden waren dazu gedacht, den Raum etwas einladender zu gestalten, doch auch dahinter konnte Duncan nichts finden. Es brauchte nur einen Lidschlag lang, um den Inhalt der Truhe zu erkunden. Darin befanden sich einige wenige Kleider. Er vermutete, dass sie Kara gehörten, da ihr Duft noch an ihnen haftete. Aber sie war klug genug gewesen, ihre Beute nicht zwischen ihnen zu verstecken.
Wahrscheinlich trug sie sie bei sich.
Oder sie hatte sie ihrem Onkel übergeben.
Duncan wandte sich zur Tür, die Hand dabei fest um den Griff seines Schwertes gelegt. Während die Gleanedins dort draußen nach ihm suchten, würde er ihr Schloss auf den Kopf stellen. Doch vorher brauchte er Kleidung. Vorzugsweise seine eigene. Auch wenn die Wut heiß durch seine Adern rauschte, war seine Haut doch kalt und klamm. Er nahm eine der Decken vom Bett und schlang sie sich wie eine Toga um seine Hüften und die verwundete Schulter.
Der Flur hinter der Tür war so düster wie eine Gruft, nur eine einzige Fackel am anderen Ende des Flurs spendete ein wenig Licht. Er sah sich um mit der Erfahrung eines Mannes, der schon oft in fremde Burgen eingedrungen war. Doch er entdeckte nichts außer dem Torbogen zu seiner Linken, der zur Treppe führte, und ein paar Türen weiter den Flur hinab. Sollte er es riskieren, die Räume dahinter zu durchsuchen, oder lieber die Chance ergreifen und fliehen, solange er noch konnte?
Draußen im Hof hörte er lautes Rufen und das aufgeregte Trappeln von Pferden. Die Geräusche wurden zu einer riesigen Welle aus Dutzenden von Pferdehufen, und dann war es wieder still.
Sie waren fort.
Duncan grinste und lief in den nächsten Raum.
Dabei musste es sich um Fergus Gleanedins Zimmer handeln: Er besaß nur wenige Dinge, doch das, was er besaß, schätzte er offensichtlich. Ein poliertes Zweihandschwert hing über einem Kamin, in dem noch einige Kohlen glühten. Neben dem Bett stand ein kleiner Tisch, auf dem eine Flasche mit feurigem uisce beatha , dem schottischen Wasser des Lebens , stand. Duncan nahm einen Schluck von dem Getränk und stöhnte leise, als die Flüssigkeit sich seine Kehle hinabbrannte und dann
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