Historical Weihnachtsband 2010
Kraft ihr Zittern zu verbergen, richtete Margaret sich auf und wartete, dass die Königin ihr erlaubte, das Wort an sie zu richten. Elizabeth ließ sich damit Zeit. Die Augen zu schmalen Schlitzen zusammengekniffen musterte sie Margaret von der völlig zerstörten Frisur bis hin zu den alles andere als modischen Reiseschuhen.
Margaret konnte im Gegenzug wenig mehr tun, als diese herrliche Erscheinung vor ihr anzustarren. Kein Bild auf einer Münze besaß Elizabeths Ausstrahlung. Kein noch so oft wiederholter Vers oder Lobgesang auf Englands Monarchin konnte ihre königliche Anziehungskraft widerspiegeln.
Ein weniger von Ehrfurcht ergriffener Beobachter hätte vielleicht festgestellt, dass die Königin schon lange ihre erste Mädchenblüte hinter sich gelassen hatte. Und ein weniger wohlwollendes Auge hätte die Pockennarben auf ihren Wangen bemerkt, die von einer Erkrankung am Beginn ihrer Regierungszeit stammten. Margaret sah nur das rote Haar, das immer noch feurig glänzte, und ein schmales, aristokratisches Gesicht, umrahmt von einer Halskrause, die von Diamanten nur so funkelte. Und sie sah die blauen Augen, die so kalt wie Eis waren.
„Wir haben kürzlich viel über Euch vernommen, Lady Margaret“, sagte Elizabeth schließlich. „Wie könnt Ihr es wagen, Uns Euer Gesicht zu zeigen?“
Margaret zitterte vor Angst. Aber sie wusste, dass sie jetzt kühn und mit fester Stimme antworten musste. „Ich wage es, weil man mir sagte, Ihr hegtet eine gewisse Wertschätzung für meinen Gatten.“
Elizabeth verzog den Mund. „Ach ja? Und nun glaubt Ihr, von dieser Wertschätzung profitieren zu können?“
„Nein! Nein, ich erbitte nichts für mich selbst, Eure Majestät. Das schwöre ich. Ich weiß, dass ich nichts als Tadel verdiene für meine dumme, dumme Selbstsucht, mit der ich Kit gegen seinen Willen an mich band.“
„Gegen seinen Willen?“ Die Königin hob die schmalen, gemalten Augenbrauen. „Da hat Uns Euer Cousin eine andere Geschichte erzählt.“
„Robert Clive trachtete danach, meine Ländereien und meine Hand für sich zu erringen. Er war äußerst ungehalten, als ich …“ Sie schluckte. „Als ich …“
„Als Ihr die Hure spieltet, um Euren Mann in die Falle zu locken.“
Die Wahrheit schmerzte und ließ Margaret glühend erröten. Wieder schluckte sie schwer und konnte nur noch nicken.
„Erklärt Uns, wieso Ihr nach Whitehall gekommen seid“, verlangte die Königin herrisch. „Hofft Ihr, Unser Missfallen zu besänftigen, indem Ihr selbst Uns die Nachricht von Sir Christophers Beute bringt?“
„Ich hoffe, Euch überzeugen zu können, ihm Hilfe zu schicken, Euer Majestät. So schnell wie möglich.“
„Hilfe?“ Für einen kurzen Augenblick verlor Elizabeth ihre hochmütige Haltung. Ihr Gesicht erblasste unter der Schicht weißen Puders. „Ist es die Armada? Sir Barnaby versicherte mir, dass Sir Christopher das nicht glaubt.“
„Er glaubt es auch nicht“, beeilte Margaret sich zu erklären. „Aber ich fürchte … Ich bin besorgt … Ich möchte Euch bitten, ihm ein anderes Schiff zu schicken, vielleicht zwei, um seine Flanken zu schützen … nur für den Fall, dass …“
Elizabeth runzelte die Stirn. „Schickt er Euch mit dieser Bitte hierher?“
„Nein. Er schickte mich nach Oak Manor zurück, damit ich dort nach seinem und Eurem Gutdünken auf ihn warte. Es war mein Einfall, zu Euch zu kommen.“ Sie holte tief Luft. „So wie es auch mein Einfall war und nur meiner allein, unsere Ehe zu vollziehen.“
„Ihr nehmt viel auf Euch, Lady Margaret, nicht wahr? Ihr gehorcht Eurem Gatten nicht, und Euer hurenhaftes Benehmen entehrt einen Mann, dem Wir eine gewisse Achtung entgegenbringen, wie Wir gestehen.“
Darauf wusste Margaret keine Antwort. Es wurde auch keine erwartet.
„Sollte … wenn … Sir Christopher zu Uns zurückkehrt, werden wir mit ihm über die Scheidung von seiner liederlichen Ehefrau sprechen. In der Zwischenzeit mögt Ihr nach seinem Gutdünken im Tower warten. Lord Burghley, Ihr werdet Euch um diese Angelegenheit kümmern.“
Als der grauhaarige Earl nickte, wurden Margaret die Knie weich.
Der Tower!
Die Königin raffte ihre mit Perlen bestickten Röcke und wandte sich zum Gehen. So einfach konnte Margaret sie aber nicht gehen lassen. Jedenfalls nicht ohne die Zusicherung, dass sie wenigstens darüber nachdenken wollte, Kit Schiffe zu Hilfe zu schicken. Margaret überwand ihre schreckliche Angst und fiel auf die Knie.
„Wenn es der Wunsch
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