Hochgefickt
Blondchens noch mal unterstrich: »Mein Name ist Lina Legrand, und ich freu mich schon auf die nächste › Echte Sünde ‹! Bis dahin machen Sie es gut – und schön oft …!«
Der Regisseur rief: »Danke an alle, Abbau!«, und kam mit dem Produzenten zu mir an die Chaiselongue, während die Tätowierten Ralf und mich noch von den versteckten Mikrokabeln befreiten.
»Na, das war doch prima! Das hatte genau den richtigen Charme!«, grinste mich Sabines Ex an.
»Dafür, dass du so was noch nie gemacht hast: Respekt! Manches war ja richtig witzig …«, schloss sich der Regisseur an. »Da waren zwar ein paar kleine Grammatikfehler drin, aber ansonsten war das schon echt gut …«
»Danke, dass ich das mal ausprobieren durfte, das hat wirklich riesigen Spaß gemacht!«, strahlte ich die beiden mit einer Überdosis Endorphinen im Blut an und versäumte nicht, temporeich plappernd meine bizarre Ausdrucksweise näher zu beleuchten: »Die grammatikalischen Fehler habe ich übrigens absichtlich eingebaut, aber falls ihr das Blondinen-Klischee dadurch zu dick aufgetragen findet, könnte ich das auch sein lassen. Ich dachte halt intuitiv, das passt gut zu der ganzen Kiste, und einen S-Fehler hatte ja schon Ingrid Steeger, so was ist heutzutage echt durch, finde ich.«
Die Hände des Produzenten formten sich zum Time-Out-Zeichen. »Ich würde es genauso lassen, wie du es gerade gemacht hast, aber wir entscheiden leider eh nicht, wer den Job kriegt«, klärte er mich auf. »Wir leiten die Bänder an den Sender weiter, und die entscheiden dann. Aber aus meiner Erfahrung würde ich sagen, entweder du oder Bibi.«
Er sollte Recht behalten. Einen guten Monat später, als der Bruder von Tom Kosly mit seiner Fußballhymne auf Platz 4 der Singlecharts war, Deutschland bei der WM nicht mehr mitspielen durfte und Ralfs Fehlen großartigerweise als einer der Hauptgründe für das Versagen der Nationalelf präsentiert wurde, rief mich Sabine an.
»Na, Blondi, arbeitet das Fräulein Studentin gerade brav an ihrer Hausarbeit?«, trötete sie in den Hörer.
Sie hatte anscheinend gerade mit Ralf gesprochen, der zwanzig Minuten zuvor angerufen hatte, um mit mir einen Blitzbesuch beim BVB zu planen und das mediale Oberwasser, das er momentan hatte, zur Erfolgswelle auszubauen.
»Dann leg jetzt den Textmarker mal aus der Hand und hör gut zu, ich hab mit dir zu reden!«, wies sie mich an. Ich gehorchte und war mir nicht sicher, ob das nach guten oder schlechten Nachrichten klang. »Also, Lina, unsere Partybekanntschaft mit den Grabschgriffeln hat mich nämlich gerade höchstpersönlich angerufen.«
»Stimmt was nicht mit SternTV ?«, fragte ich besorgt.
»Doch doch, da ist alles super, mit Ralf läuft gerade eh alles hervorragend, aber das weißt du ja! Was du aber noch nicht weißt, ist, dass es mit dir hingegen …«
So schwitzig, wie meine Hände in dem Moment schlagartig waren, wäre der Textmarker eh rausgeflutscht, und die Kunstpause, die sie nach dem hingegen machte, ließ meinen Adrenalinspiegel auch nicht gerade sinken. Ich schickte ein Stoßgebet los, dass sie mir nicht aus irgendwelchen Gründen den Vertrag mit Ralf kündigen wollte, aber sie hatte anderes im Sinn – mir nämlich beinahe das Trommelfell platzen zu lassen: »… gerade ganz grandios läuft!«, jubilierte sie in einer Lautstärke, dass sich ihre Stimme überschlug.
»Bravobravobravo, du hast den Job, gut gemacht! Der Chef will unbedingt dich haben für › Echte Sünde ‹! Gratulation!«
Als fairen Ausgleich für das Pfeifen, das ich seit ihrer lauthals geäußerten Freude im rechten Ohr hatte, kreischte ich meine Begeisterung über diese Nachricht ebenfalls gnadenlos in den Hörer. Wir beschlossen, uns am übernächsten Tag in Dortmund zu treffen, um bei gutem Essen und alkoholischen Getränken das weitere Vorgehen mit Ralf zu besprechen.
9
Jackpot im Pott – oder:
Advent, Advent
(Herbst / Winter 1994)
Sabine hatte es geschafft, die Vertragsverhandlungen zwischen mir und dem Sender so lange hinzuziehen, bis auch feststand, dass Ralf in der Saison 94/95 beim BVB spielen würde. Durch diesen Schachzug hatten wir maximale mediale Aufmerksamkeit und imagemäßig eine von Ralfs heiß geliebten Win-win-Situationen. Zu diesem Plan gehörte zudem, die Rahmenbedingungen seines Vertrages öffentlich zu machen, denn sie waren auch wirklich ungewöhnlich.
Er hatte sich für ein verhältnismäßig geringes Salär für die kommende Saison in Dortmund
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