Hochgefickt
freundlich.
»Lina, fangen wir mal mit dem offiziellen Teil an, dann haben wir das schon mal hinter uns: Deine Sendung ›Echte Sünde ‹, ein ›erotisches TV-Magazin‹, so steht es zumindest hier in der Programmzeitschrift, hat nächsten Montag Premiere.«
»Ja genau, um 22.45 Uhr!«, ergänzte ich.
»Und warum moderierst ausgerechnet du das – was war da der ausschlaggebende Grund? Weil du die Freundin von Ralf Szibuda bist oder weil du dicke Titten hast?«
Ich lachte und drohte ihm neckisch mit dem Finger. »Vergiss mal meine blonden Locken und meine liebliche Stimme nicht!«
Seine Miene verriet für einen kurzen Moment, dass das nicht die erhoffte Reaktion war, aber sobald seine Kamera Rotlicht anzeigte, hatte er sich wieder im Griff.
»In der Sendung geht es um Sex, da kennst du dich ja sicher ganz gut aus …«
Ich wartete, aber da kam nichts mehr. »Wie, das war schon die nächste Frage? Ja, klar kenn ich mich da aus – du etwa nicht?«
Leises Gekicher von der Aufnahmeleiterin, was ich direkt nutzte: »Uuh, die Aufnahmeleiterin lacht schon, hab ich da jetzt etwa den schwarzen Punkt getroffen? Macht ja nix, dann kannst du bei mir in der Sendung Nachhilfe nehmen, hihi. Wir haben zum Beispiel auch ein Sex-Lexikon, wo man Zuschauerfragen beantworten tut, also wenn du mal was wissen willst, schreib an › Echte Sünde ‹, Postfach 1070, 50 800 Köln.«
»Äh … jajajajasehrschön … genug Werbung jetzt! Kannst du singen?«, änderte er flugs die Gesprächsrichtung, zog hektisch die Nase hoch und holte ein Akkordeon unter dem Schreibtisch hervor.
»Nein«, sagte ich, denn trotz meiner Gesangsstunden hielt ich Tiefstapeln in diesem Moment für klug.
»Na prima, dann singen wir jetzt ein Lied, ich singe eine Strophe und Refrain, und du die nächste!«
Er begann Lucilectrics Hit Mädchen zu spielen, aber Text und Melodie hatte er deutlich gekürzt und leicht verändert:
»Was’n das für’n schön berühmter Promi,/ der da vorne an dem Tresen steht,/ und ich will doch auch so gerne in die Zeitung./ Ja, da checke ich doch gleich, ob da was geht.// Mir geht’s so gut, weil ich die Lina bin,/ die Luder-Lihihina bin./ Ich vögel mich einfach ins Business rin,/ weil ich die Lihihina bin … hehehehe, war nur Spaß, so jetzt du, deine Strophe, dein Refrain – auf geht’s!«
Er konnte nicht wissen, dass ich mir als Teenager was dazuverdient hatte, indem ich diese obligatorischen, furchtbaren Reimreden als Auftragsproduktion für Jubiläen, Hochzeiten und Beerdigungsumtrunkveranstaltungen verfasste. Durch dieses Training konnte ich solche Texte relativ schnell aus dem Ärmel schütteln, und mit gut gelauntem Gesichtsaudruck fing ich an. Freundlich präsentiert knallen Gemeinheiten meistens viel besser, und nach seiner Vorlage sah ich keinen Grund mehr, mich zurückzuhalten.
»Ein Stück weiter steht ja TV-Tommy,/ mittlerweile ist der auch sehr prominent./ Dass ihn Frauen plötzlich wollen und all so was,/ das macht ihm Spaß, weil er so was ja gar nicht kennt.// Auf einmal kriegt er sogar Sex für lau,/ sogar mihit ’ner echten Frau!/ Willkommen Tommy, endlich im TV,/ endlich Sehehex für lau …«
Er hatte schon nach der ersten Hälfte des Refrains aufgehört zu spielen, was mich aber nicht daran hinderte, laut und fröhlich zu Ende zu singen. Er guckte dabei wie ein Auto und seine Nüstern zuckten.
»Hehehehe, war auch nur Spaß!«, schob ich genauso versöhnlich hinterher, wie er es bei mir getan hatte, und weil die Werbepause seiner Live-Sendung noch weit entfernt war, berappelte er sich sehr professionell – es blieb ihm ja auch nichts anderes übrig. Bis er seine Sprache wiederfand, vergingen jedoch noch mal gut vier bis fünf Sekunden, und das ist im Fernsehen eine verdammt lange Zeit.
»…………………………………………………………………. Ey, du kleines Luder hast ja total gelogen – du kannst ja doch singen, und das wirklich gar nicht mal so schlecht! Vielleicht schreib ich dir mal ein Lied …«
Das wertete ich als Friedensangebot und nahm an: »Oh, das wär toll! Deine Hymne zur WM fand ich echt supi!«
Dank dieser Bauchpinselei fand er langsam in sein sicheres Fahrwasser zurück und entspannte sich wieder. Wir redeten noch ein bisschen über Ralf, machten 3 Bilderrätsel und besiegelten mit Handschlag, dass er auch als Gast in meine Sendung kommen würde, dann wies er noch mal auf den » Echte Sünde «-Sendeplatz hin und gab ab in die Werbung. Vier
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