Hochgefickt
Anhängsel eines Mannes sieht, ihre Weiblichkeit aber trotzdem genussvoll zelebriert. Ein frischer und dennoch sinnlicher Duft, mit aphrodisierendem Jasmin, der alle klassischen Facetten des Frühlings wie Neuanfang, erblühende Lebensfreude und Verliebtheit abdeckt, und der pünktlich zum Ostergeschäft herauskommt, wenn die an den Feiertagen anstehende Erstausstrahlung des großen Mega-Event-TV-Roman-Movie-Mehrteilers bereits massiv beworben wird.«
Nachdem ich ihm diesen Brocken hingeworfen hatte, schlug er mir sofort und mit leuchtenden Augen weitere Treffen in den kommenden Wochen vor, sowohl mit den hauseigenen Parfümeuren, die nach dieser Zielvorgabe bis dahin schon mal was zusammenbrauen sollten, zusätzlich aber auch mit dem Marketingchef des Senders, um sich für eine optimale Strategie abzustimmen. Außerdem bat er mich, sein Angebot abzuwarten, bevor ich mit dieser Idee auch bei konkurrierenden Unternehmen vorstellig würde.
Der zweite geschäftliche Termin war ein Treffen mit Tom Kosly, bei dem er mir einige Kompositionen, die er sich gut als Titelsong für das Mega-TV-Event vorstellen konnte, als Rohversionen vorspielte. Auch wenn seit unserem letzten Treffen Funkstille zwischen uns geherrscht hatte, war dieses Meeting wieder ganz nett: Ich erzählte vom anstehenden Abschluss der Dreharbeiten und natürlich ganz beiläufig auch von dem Plan mit der Parfumkreation. Wie ein dressierter Seehund sprang er erwartungsgemäß darauf an – denn so, wie ich ihm das Duft- und Marketingkonzept präsentierte, brauchte er nur 23 Sekunden, um auf die großartige Idee zu kommen, die Werbespots für den Duft naheliegenderweise auch mit dem tollen neuen Titelsong zur Serie unterlegen zu wollen.
»Cross-over-Promotion at its best«, begeisterte er sich euphorisch für seinen »genialen Einfall«, während ich ihm verbal Beifall spendete, bis er so eingelullt und geblendet war von seinem eigenen spitzfindigen Geschäftssinn, dass ich nur noch meine Haarsträhne dekorativ und scheinbar gedankenverloren kringeln musste, um meine Ernte vom Feld zu bringen: »Echt Tom, die Idee ist super, aber wir haben ein Problem. Ich find die Songs, die du mir eben vorgespielt hast, alle sechs sooo super – die sind richtig klasse, vom Hitpotential her, das wird ganz schön schwierig, sich für einen davon zu entscheiden. Zu schade, dass wir kein Album machen, dann könnten wir die ja alle als Singles nutzen und nacheinander auskoppeln … hihi, aber wir wollen ja nicht gierig werden, nicht wahr?«
Das dritte geschäftliche Treffen fand nur zwei Tage später am Rande der Feier statt, die der Sender zum Abschluss der Dreharbeiten spendierte. Natürlich ließ es sich der große Chef der Anstalt nicht nehmen, dort aufzulaufen, um vor versammelter Mannschaft eine Rede zu halten, halt das übliche sektenmäßige »Wir-werden-mit-dieser-Produktion-Fernsehgeschichte-schreiben!«-Gelaber. Auch wenn mir der Gedanke, dass dieser geifernde Gesell unter Männern angebliche Horizontalerlebnisse mit mir verbreitete, nach wie vor die Oberlippe in Ekel-Kräuselung legte und die Galle hochsteigen ließ, fand ich es aus pragmatischen Gründen dennoch hervorragend, dass er hier auf der Abschlussfeier und in genau dieser Triumph-Laune war, denn so konnte ich ihn direkt scharfmachen. Nicht nur auf mich, sondern vor allem auf das Parfum-Marketing-Treffen im Düsseldorfer Konzern.
Diese Firma hatte ja als Premium-Werbekunde ohnehin seit Jahren die ein oder andere Produktions-Eskapade des Chefs finanziert und sollte als Geschäftspartner selbstverständlich auch weiterhin dauerhaft an den Sender gebunden werden, je näher und enger, desto besser – und was hätte sich dafür hervorragender eignen können, als eine an das Fernsehgeschichte-schreibende Mega-TV-Event gekoppelte Kampagne mit wunderbarem Wollmilchsau-Effekt?
Für die folgenden Wochen standen somit einige sehr konkrete Termine an, bei denen die von mir bereits in die Wege geleiteten Vermarktungsideen seitens des Konzerns, seitens des Senders und seitens Tom Koslys weiter vorangetrieben werden sollten. Davon erzählte ich Ralf und Reza im Verlauf des Abendessens natürlich nicht ohne Stolz – schließlich unterstrich das die Ernsthaftigkeit, mit der ich meinen Plan verfolgte.
Ralf und Reza hörten sich das erst mal alles amüsiert an, bevor Ralf sich an Jens wandte: »Nun, Lina und ich haben ja schon einige scheinbar verrückte Ideen durchgezogen. Und wenn ich ehrlich bin, hat das bisher
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