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Hochsaison. Alpenkrimi

Titel: Hochsaison. Alpenkrimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Maurer
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Jagdhörnern – Halali, halala! – ein Ständchen. Dann gab es erste Ausfälle. Das verspielte Fin-de-Siècle-Schuhwerk war die Schwachstelle der ganzen Unternehmung. Die Marquise de la Luxembourg (Frau Bröckl von der Telefonzentrale) hatte ihre Seidenschleicher ausgezogen und war in den mitgebrachten Turnschuhen weitergegangen. Spielverderberin!, hatte ihr der Bischof zugerufen. Selber!, hatte die Marquise zurückgegeben,
beiden war ein Punktabzug sicher, die eingeschleusten Spione der Agentur IMPOSSIBLE hatten das sicher schon notiert. Doch am Sauwald ging ein Raunen durch die erschöpften Schneetrapper. Dort oben war endlich die berühmte Holzhütte in Sicht gekommen, des Königs Jagd- oder Lustschloss. Alle waren sich sicher, dass es in der davor liegenden Schachenhütte eine authentische Verköstigung mit regionalen Produkten gab. Die unvermeidlichen Spitzenköche, die Businessbrutzler waren schon angekündigt worden, das Wildbret, die Gemsen, waren vielleicht auch erst noch zu schießen, von wem auch immer. Der Hornschlitten wurde angehalten, der Hofstaat kam zum Stehen, Ilse Schmitz zog und zerrte an ihrem Mieder, das sie höllisch einschnürte, und befahl ihrer Zofe (Herrn Fröhlich von der Lohnbuchhaltung), ihr das Gesicht ein wenig abzutupfen und zu pudern. Aber jetzt ging der Vorhang auf und eine melancholisch anmutende Gestalt stieg, von zwei Dienern gestützt und geschoben, eine kleine Treppe herunter.
     
    Der Märchenkönig stand vor ihnen. Ein großer, blauer Mantel umhüllte ihn, und die dunkle Brosche aus Smaragdsteinen wirkte wie eine fette Spinne, die ihm gerade an den Hals gesprungen war. Allein die Kostüme mussten ein Vermögen gekosten haben, dachte Ilse. Das Gesicht des Königs war immer noch verhüllt. Nur die Augen lagen frei, und er blickte sich um, hob den Kopf, zog den Mundschutz von der Nase, und schnüffelte in alle Himmelsrichtungen, wie um sie alle in seinem Reich zu riechen, die Franken, die Schwaben und die Oberpfälzer, die Nürnberger, die Augsburger und alle, die da sonst noch lebten in den weißblauen Gefilden der Glückseligen. Er sah sich um, und von irgendwoher, aus den Wäldern, aus den Anhöhen, ertönte jetzt leise Musik, ein zarte Melodie, ein paar schlichte Takte im ewigen Rhythmus alles Werdens und Vergehens. Die Bäume summten ihr grünes Lied, die Luft
war erfüllt von purem Glück. Ein schönes Detail, dachte Ilse, Musik, die von irgendwoher kommt, ein wirklich schönes Detail, diese Agentur lässt sich was einfallen. Doch die Musik kam nicht von irgendwoher, sie kam vom Fischer Beppi, dem international bekannten Zitherspieler, der in die Saiten griff und diese Klänge produzierte. In der Sänfte war er bisher gesessen, ganz nahe beim König, jetzt stieg er heraus, sein Instrument vor sich hertragend wie Orpheus seine Leier. Angetan war er mit einem schwarzen Cape und einem Barett. Und für diejenigen, die sich nur ein bisschen vorbereitet hatten auf diesen
history walk
mit dem Titel
Auf den Spuren des Märchenkönigs
, war es ersichtlich: der Zither Beppi sollte den Richard Wagner darstellen, den großen, eigentlich fast schon bayrischen Komponisten Richard Wagner, der dem Herrscher etwas aus seinen Opern vorträgt. Die Outdoor-Fassung des Tannhäuser-Vorspiels, auf der Zither dargebracht von einem authentischen Bewohner der Berge. Nicht übel, dachte Ilse Schmitz. Und das erste Mal hatte sie das Gefühl, dass es hier doch nicht so schlimm werden würde wie damals in der Höllentalklamm.
    Einer der Lakaien machte ein Zeichen mit dem Taschentuch. Jetzt verlangte es die Hof-Etikette, sich kratzfüßig und knicksend zu verneigen, und ein Dutzend erwachsener Managermenschen buckelte wortlos vor dem Ludwig-Darsteller. Ilse Schmitz richtete sich wieder auf. Nur gut, dass sie sich pudern und nachschminken hatte lassen, denn die Aufmerksamkeit des
Kini
galt plötzlich ihr, der kleinen Ilse im gebauschten und gerafften Kurtisanengewand. Mit einer herrschaftlichen Handbewegung winkte er ihr, zu kommen. Neidvoll beobachteten sie die anderen, Klaus Wondrikat von der Werbung knirschte mit den Zähnen, bewahrte aber die Contenance. Der Märchenkönig sprach nicht, er gestikulierte nur, er zeigte nach oben zu einer Anhöhe. Ilse blinzelte mit den Augen und erkannte, gegen die Sonne, einige bewegliche Punkte. Gemsen!, flüsterten
einige im Hofstaat, diejenigen, die französisch konnten, flüsterten
Les chamois!
, um noch etwas authentischer zu sein. Ilse Schmitz hörte auch

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