Hochzeit Auf Griechisch
kannten, hatten sie noch nicht viel Zeit zu zweit verbracht. Vermutlich war dies ein ebenso guter Zeitpunkt wie jeder andere, um es zu versuchen und ein tieferes Band zwischen ihnen zu knüpfen.
Er betrat das Zimmer und räusperte sich.
Sam fuhr quiekend zusammen. „Du hast mich erschreckt.“ Sie drückte ein gerahmtes Foto an ihre Brust.
„Das wollte ich nicht. Was machst du hier noch so spät?“
Sie zuckte die Achseln. „Ich konnte nicht schlafen.“
„Ich auch nicht. Was schaust du dir da an?“,fragte er.
Sie legte das kleine Bild auf den Tisch und trat fast schuldbewusst zurück.
Er stellte sich neben sie und beugte sich über das Bild. Es zeigte seine Schwester, ihre Mutter. Er betrachtete das vertraute blonde Haar und die Wangenknochen und schüttelte den Kopf. „Es ist erstaunlich, wie sehr du ihr ähnelst“, sagte er und hielt ihr das Foto hin.
„Meine Erinnerungen sind schon ganz verschwommen.“ Sie nahm ihm das Bild aus der Hand. Blinzelnd schaute sie es an, und eine Träne rann ihr über die Wange.
In ihrer übergroßen Pyjamahose und dem Top wirkte sie wie eine seltsame Mischung aus Kind und Erwachsener. Er wollte sie umarmen, doch er wusste, dass sie noch keinen Trost von ihm akzeptieren würde. „Du darfst das Bild behalten“, sagte er stattdessen.
„Wirklich?“
„Sonst hätte ich es dir nicht angeboten.“
Sie sah ihn voller Dankbarkeit aus großen Augen an. „Hast du noch eines für dich?“
Er schüttelte den Kopf.
„Dann …“
Als er begriff, dass sie drauf und dran war, das Geschenk abzulehnen, hatte er eine Idee, die ihnen beiden helfen würde. „Wie wäre es, wenn wir eine Kopie davon machen? Du kannst dir dann sogar deinen eigenen Rahmen aussuchen.“
Sie lächelte. „Das würde mir gefallen.“ Sie hielt inne und biss sich auf die Unterlippe. „Kann ich dich etwas fragen?“
„Sicher.“ Er lehnte sich gegen die Wand und musterte sie.
„Warum bist du so nett zu mir?“
Er wusste nicht, was er erwartet hatte, doch damit überrumpelte sie ihn. „Gibt es einen Grund, warum ich nicht nett zu dir sein sollte?“
Sie blickte zu Boden auf ihre nackten Füße. „Ich verdiene es nicht.“
Er schluckte schwer. Ihre plötzliche Unsicherheit und Verletzlichkeit rührten ihn. „Ich gebe zu, dass du eine Plage sein kannst, doch das gehört zu deinem Charme.“ Er lachte. „Außerdem gehörst du zur Familie.“
„Na und?“ Sie krallte ihre Zehen in den Boden, ihr ganzer Körper war angespannt.
Er fragte sich, ob sie es ernst meinte. Als sie aufschaute und er ihren Blick auffing, wusste er es. Zoe hatte ihm immer wieder gesagt, dass Sam bedingungslose Liebe nicht kannte. Es würde lange dauern, bis er sie davon überzeugen konnte, dass nichts, was sie tat, etwas an seinen Gefühlen für sie ändern würde.
„Das heißt, du bist meine Nichte, und das verbindet uns. Du kannst so viele Toiletten verstopfen, wie du willst, und wirst hier trotzdem nicht rausgeworfen. Du kannst weglaufen, aber verlass dich drauf, dass ich dich finden werde.“
„Meinst du das ernst?“
Er fühlte, wie sich ein Kloß in seinem Hals bildete, als er das junge Mädchen anschaute. „Das meine ich ernst. Was ich damit sagen will: Du bist meine Familie, und ich liebe dich.“ Voller Furcht, dass er zu früh zu weit gegangen war, hielt er den Atem an.
Doch als Sam unerwartet auf ihn zutrat und ihn rasch umarmte, begriff er, dass seine Aufrichtigkeit gut und richtig gewesen war. „Du solltest noch etwas Schlaf bekommen“, sagte er.
„Ja. Ich habe einen großen Tag vor mir. Ich habe Großmutter Vivian versprochen, ihr zu helfen, den Garten in Ordnung zu bringen.“
„Oh, das hast du?“
Sam hob die Schultern. „Ima hat alles durcheinandergebracht. Es ist in Ordnung, wenn ich jetzt helfe. Außerdem sagte Großmutter, dass sie einen besonderen Stall für Ima bauen würde, in dem sie bleiben kann, wenn wir zu Besuch kommen.“
Ryan blinzelte. „Du machst Witze.“
„Nun, sie baut ihn natürlich nicht selber, aber sie sagte, sie lässt einen bauen. Für mich reicht das.“ Sam gähnte und schob sich das Haar aus dem Gesicht.„Ich schätze, ich mach mich lang.“ Sie steuerte Richtung Flur und drehte sich noch einmal um. „Gute Nacht, Onkel Ryan.“
Sie tapste aus dem Raum und hinterließ bei ihm ein diffuses, warmes Gefühl von Familie, das er noch nie zuvor verspürt hatte. Ein Gefühl, das er mit Zoe teilen wollte, weshalb er nicht in sein Zimmer ging, sondern vor ihrer
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