Hochzeit auf Raten
ich war einigermaßen blau.«
»Veilchenblau!«
Ich nickte.
»Aber du verträgst doch einiges, mein Liebling, nicht wahr?«
Ich nickte.
»Außerdem war das, was wir gesagt haben, viel zu wichtig, als daß man es vergessen könnte.«
Ich kam aus dem Nicken kaum noch heraus.
Pause.
»Nun?« fragte sie.
»Nichts!« sagte ich.
Pause.
»Ich bereue es«, sagte sie plötzlich.
Ich sah sie irritiert an: »Was bereust du?«
»Ich bereue, daß ich dir eine so voreilige Antwort gegeben habe.«
Voreilige Antwort war gut. Wenn jemanden der Vorwurf der Voreiligkeit traf, dann war das ich.
»Ja«, fuhr sie fort, »ich habe es mir überlegt. Ich kann deinen Antrag nicht annehmen.«
Es war ein Glück, daß ich saß.
»Du — kannst — nicht — annehmen —?«
»Du hast richtig gehört.«
Ich umklammerte mein Glas mit dem Mineralwasser, als wäre es ein Rettungsring: »Und — und warum nicht?«
»Oh — das hat mehrere Gründe.«
»Soll das heißen, daß du mir einen Korb gibst?« brauste ich auf.
»So ist es.«
Ich fühlte, wie mir die Kohlensäure zu Kopf stieg.
»Jetzt, da ich mein ganzes Leben auf dich abgestellt habe? Du läßt mich in dem Augenblick im Stich, in dem ich dir sagen wollte, daß ich alles geordnet habe, damit wir noch vor Weihnachten heiraten können?«
»Ich fürchte, du übertreibst.«
»Ich übertreibe nie. Aber ich bin ein Mann der Tat und hasse Halbheiten. Was ich mir vorgenommen habe, setze ich durch.«
»Ich würde niemals wagen, daran zu zweifeln.«
»Oh — ich durchschaue dich«, unterbrach ich sie aufgebracht. »Zuerst hofftest du, ich würde mich an deine Schwüre nicht mehr erinnern. Dann glaubtest du, ich ließe mir das Ganze als Laune eines fröhlichen Abends ausreden. Als auch das fehlgeschlagen war, kam der Dolchstoß, das brutale Eingeständnis, daß du dir einen Spaß gemacht hast.«
»Du solltest etwas leiser sprechen«, sagte sie. »Du unterhältst das ganze Lokal!«
»Das ist mir egal«, schrie ich. »Diese Affen sollen sehen, daß man den Mund nicht nur zum Kuschen hat.«
»Aber Liebster«, flüsterte sie, »es geschieht doch nur deinetwegen.«
Ich starrte sie mit offenem Mund an: »Meinetwegen?«
»Ja doch! Du liebst die Ungebundenheit, das Abenteuer. Du eignest dich nicht für die Ehe.«
»Wenn ich mich aber dafür eignen will«, rief ich. »Wenn ich mit der verdammten Ungebundenheit nichts mehr anzufangen weiß?«
»Seit wann?“
»Seitdem ich so dumm war, mich in dich zu vergaffen«, sagte ich resigniert.
»Und wenn ich trotzdem bei meinem Nein bleibe?«
»Dann werde ich mich erschießen, so wenig ich von dieser altmodischen Prozedur halte«, drohte ich.
Sie musterte mich mit einem Gesichtsausdruck, der so undurchsichtig war wie der Herbstnebel.
»Du meinst also, daß ich die Pflicht hätte, mir das Ganze noch einmal zu überlegen?«
»Überlegen?« fuhr ich von neuem auf, »die Zeit des Über-legens ist vorbei!«
»Ich warne dich«, sagte sie, »ich werde dich quälen —«
»Quäle mich!«
»Ich werde dich um deine Ruhe bringen!«
»Bringe mich!«
»Ich werde dich beherrschen!«
»Beherrsche mich!«
»Ich werde dir Szenen machen!«
»Mache sie!«
»Ich werde dich ruinieren!«
»Ruiniere mich!«
»Schön«, sagte sie. »Wenn du so leidenschaftlich darauf versessen bist, dich zugrunde zu richten, will ich das Meinige dazu beitragen. Halte mir später bloß nicht vor, ich hätte dich eingewickelt.«
Ich beugte mich spontan über den Tisch.
»— unter einer Bedingung!«
»Und die wäre?« fragte ich mißtrauisch.
»Daß wir heiraten, ohne zu heiraten.«
»Äh«, machte ich und blickte wenig geistreich.
Sie hielt mir einen umfassenden Vortrag, dessen Resümee war, daß wir zwar heiraten, aber niemandem ein Jahr lang davon etwas sagen sollten. Ausgenommen dem Standesbeamten, dem Pfarrer und dem Personalchef, letzterem wegen der Papiere und der Steuer.
Die Begründung war so absurd wie der Vorschlag selbst. Der Staat versäumte ihrer Meinung nach fahrlässigerweise die Ausbildung seiner Staatsbürger zu perfekten Eheleuten. Während man heutzutage auch für den untergeordnetesten Beruf entsprechende Schulen und Diplome verlange, könne man das Amt eines Ehemannes ohne jegliche Vorkenntnisse antreten.
Die Folge seien zehntausende Ehescheidungen. Wenn ich meine politischen Beziehungen vernünftig zu handhaben wüßte und es zustande brächte, daß sie mit dem Posten eines Familienministers betraut würde, könne sie mir versprechen,
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