Hochzeit in Hardingsholm
liefern kann. Glücklicherweise kam der Bräutigam auf die Idee, uns den Auftrag zu erteilen, und jetzt holst du das Kleid ab und bringst es der verzweifelten Braut.« Sie hielt inne. »Immerhin scheint es ja noch Leute zu geben, die an die ewige Liebe glauben«, fügte sie leise hinzu.
Hellen bemerkte den Stimmungsumschwung sofort und betrachtete ihre Freundin besorgt. »Willst du darüber reden?«
Lara schüttelte den Kopf. »Jetzt nicht«, sagte sie. »Ich komme damit klar.«
Hellen blieb unschlüssig stehen.
»Ganz bestimmt!«, erwiderte Lara und brachte sogar ein halbwegs fröhliches Lächeln zustande. »Dieser Auftrag ist wichtiger, als über einen verdammten Mistkerl zu reden. Also, los geht’s!«
Hellen erwiderte das Lächeln ihrer Freundin. »Okay, Boss, das ist ja auch ein wirklich netter Auftrag. Der Kaffee muss warten.«
Sie machte sich vergnügt auf den Weg zum Steg. Als sie hierhergekommen war, hatte Lara an ihrer Seite gesessen, nun würde sie alleine fliegen. Und sie freute sich darauf.
Gerade als sie ins Flugzeug einsteigen wollte, klingelte ihr Handy. Torsten!
»Ich dachte, du bist in Toronto«, wunderte sich Hellen.
»Ich mache mich gleich auf den Weg dorthin«, erwiderte Torsten.
»Es gab eine Änderung in der Zusammenstellung der Crew, und da dachte ich, ich verkürze mir die Wartezeit, um mal nachzufragen, wie du dich in der kleinen Nuckelpinne fühlst.«
Es klang herablassend, und Hellen ärgerte sich ein wenig darüber. Sie wusste, dass er kleinen Flugzeugen nichts abgewinnen konnte, er war fasziniert von mächtigen Passagiermaschinen, je größer, desto besser. Aber er wusste auch, wie gerne sie diese Nuckelpinnen, wie er es nannte, flog, und sie mochte es nicht, wenn er abfällig darüber sprach.
»In deinen dicken Verkehrsbrummern wirst du dich nie so nahe am Himmel fühlen wie ich in der kleinen Maschine«, sagte sie.
Torstens Stimme klang plötzlich besorgt. »Du wirst doch nicht rückfällig werden und die Bewerbung bei ScanAm zurückziehen?«
»Natürlich nicht«, versicherte Hellen. »Was für ein abwegiger Gedanke. Ich mache doch nicht erst die Ausbildung zur Verkehrspilotin, um dann doch nicht zu fliegen.«
Hellen betrachtete nachdenklich das kleine Flugzeug vor ihr. Sie suchte in Gedanken nach Worten, um ihrem Freund zu erklären, was sie empfand.
»Es ist wie nach Hause kommen. Einfach nur schön«, sagte sie langsam.
»Klingt nett«, sagte Torsten, und die Fröhlichkeit in seiner Stimme stimmte sie versöhnlich, »aber leider nicht so, als würdest du mich sonderlich vermissen.«
Hellen musste lachen. Typisch Torsten. »Vermisst du mich denn?«, fragte sie lachend.
»Immer!«, beteuerte er ernsthaft. »Und wir sind durch die Fliegerei wirklich oft und lange getrennt. Da möchte ich wenigstens meine Freizeit mit dir verbringen.«
»Besuch mich doch einfach am Wochenende«, schlug Hellen vor. »Dann machen wir einen romantischen Rundflug über die Inseln.«
Sein dunkles, warmes Lachen war zu hören. »Wenn du bei mir bist, kann ich mir einiges vorstellen, das romantischer ist, als mit dir in einer lärmenden Blechbüchse zu sitzen. Aber mal abgesehen davon habe ich in den nächsten vier Wochen keinen einzigen Tag frei.«
Seine Stimme klang plötzlich ernst. »Ich muss zugeben, dass ich ein bisschen eifersüchtig auf Lara bin. Nach deinem ganzen Prüfungsstress habe ich mich darauf gefreut, wieder ein bisschen mehr Zeit mit dir zu verbringen, zumindest wenn ich in Stockholm bin. Stattdessen spielst du lieber Postbotin in Norrtälje.«
»Ich bin gerade mal siebzig Kilometer von dir entfernt.« Hellen lachte. »Sei nicht so enttäuscht. Ich konnte Lara einfach nicht im Stich lassen.«
Hellen verschwieg, dass sie es auch gar nicht wollte. Wahrscheinlich würde es Torsten noch mehr treffen, wenn sie zugab, wie sehr sie sich auf die Zeit hier freute.
»Lara ist meine beste Freundin«, fuhr sie fort und fügte ein bisschen lahm hinzu: »Außerdem bleibe ich ja nicht ewig.«
»Das ist der einzige Trost, der mir bleibt«, sagte Torsten. »Ich wünsche dir eine schöne Zeit in Norrtälje.« Er machte eine kurze Pause, bevor er schloss: »Und guten Flug in deiner Blechbüchse.«
Wieder spürte Hellen diesen Stich. »Ich wünsche dir auch einen guten Flug«, sagte sie nüchtern und war plötzlich froh, das Gespräch beenden zu können.
»Auf nach Örebro!«, sagte sie, als sie über die Kufen ins Flugzeug stieg. »Ein Hochzeitskleid abholen.«
– 9 –
E rik
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