Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hochzeit kommt vor dem Fall

Hochzeit kommt vor dem Fall

Titel: Hochzeit kommt vor dem Fall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
tun.«
    »Du brauchst ja gar nichts zu sagen«, versetzte die Herzogin. »Ich habe neulich ganz deutlich gesehen, wie du auf der Terrasse vor Lady Susan den Hut gezogen hast.«
    »Hör auf, Mutter! Das ist reine Erfindung. Warum in aller Welt sollte ich auf der Terrasse einen Hut aufhaben?«
    Wäre es überhaupt möglich gewesen, Peter oder seine Mutter einer Unhöflichkeit für fähig zu halten, so hätte Harriet jetzt geargwöhnt, sie würde nach allen Regeln der Kunst auf den Arm genommen. Sie meinte zögernd:
    »Das klingt mir nun wieder zu sehr nach Märchenbuch.«
    »Eigentlich nicht«, sagte Peter, »denn dafür kommt zuwenig dabei heraus. Sie sagen weder Todesfälle voraus, noch finden sie verborgene Schätze, noch warten sie mit Enthüllungen auf oder erschrecken jemanden. Nein, selbst die Dienstboten lassen sich nicht von ihnen stören. Manche Leute sehen sie nicht einmal – Helen zum Beispiel.«
    »Na also!« sagte die Herzogin. »Ich wußte doch, daß ich dir noch etwas erzählen wollte. Kannst du das glauben? Helen mußte unbedingt im Westflügel ein neues Gästebadezimmer einbauen lassen, genau da, wo Onkel Roger immer umgeht. So etwas Dummes und Gedankenloses! Denn wenn man auch noch so gut weiß, daß sie körperlos sind, muß es doch für jemanden wie Mrs. Ambrose recht unangenehm sein, wenn plötzlich ein Gardehauptmann aus dem Handtuchschrank steigt und sie weder in einem Zustand ist, ihn zu empfangen, noch sich auf den Flur zu flüchten. Außerdem kann ich mir nicht vorstellen, daß diese feuchte Hitze gut für seine Vibrationen ist, oder wie man das sonst nennt – als ich ihn das letztemal sah, kam er mir schon ganz neblig vor, der Ärmste!«
    »Helen ist manchmal ein wenig taktlos«, sagte Mr. Wimsey. »Das Bad ist sicherlich notwendig, aber sie hätte es durchaus ein wenig versetzen und Onkel Roger den Anrichteraum lassen können.«
    »Das habe ich ihr ja auch gesagt«, antwortete die Herzogin; und das Gespräch nahm einen anderen Lauf.
    Also nein, dachte Harriet, während sie ihre zweite Tasse Tee trank; die Vorstellung, vom Geist des alten Noakes verfolgt zu werden, würde Peter nicht sonderlich stören. »… denn weißt du, wenn ich mich je einmischen sollte«, sagte die Herzogin, »würde man mich lieber gleich in die Sterbekammer legen, wie den armen Agag – ich meine natürlich nicht den biblischen, sondern den Vorgänger von Ahasverus, das war ein blauer Perserkater – und warum das nicht jeder dürfen soll, wenn ihm danach ist, weiß ich nicht, wenn sie doch alt und krank werden und sich selbst lästig sind – aber ich hatte Angst, du könntest das ein wenig beunruhigend finden, wenn es zum erstenmal passierte, darum habe ich es erwähnt … obwohl ja das Verheiratetsein alles ändern kann und es vielleicht überhaupt nie mehr vorkommt … Ja, das ist Rockingham – einer der guten Entwürfe – die meisten davon sind so billig in den Farben, aber das ist eine Landschaft von Brameld … Man würde sich nicht vorstellen, daß einer, der soviel redet, in Wirklichkeit so unnahbar sein könnte, aber ich sage mir immer, das ist diese dumme Angewohnheit, stets so zu tun, als ob man keine Schwächen hätte – so dumm, weil wir doch alle welche haben, nur mein Mann wollte davon nie etwas wissen … Also, ist diese Vase nicht ulkig? … Daß es Derby ist, sieht man an der Glasur, aber die Bemalung ist von Lady Sarah Wimsey, die in die Severn-und-Thames-Familie geheiratet hat – es ist ein Gruppenbild von ihr und ihrem Bruder und ihrem kleinen Hündchen, und man erkennt sogar noch diesen komischen kleinen Tempel – das ist der unten am See … Sie haben für gewöhnlich das weiße Porzellan verkauft, an Amateurkünstler, und dann ging es zum Brennen zurück in die Fabrik. Eine sensible Arbeit, nicht? Die Wimseys sind in Sachen Malerei und Musik entweder sehr sensibel oder überhaupt nicht.«
    Sie legte den Kopf schief und sah mit leuchtenden braunen Augen, wie Vogelaugen, über den Rand der Vase zu Harriet auf.
    »Ich hatte es mir schon so ungefähr gedacht«, kam Harriet auf das zurück, was die Herzogin eigentlich gesagt hatte. »Ich weiß noch, wie wir einmal, nachdem er gerade einen Fall abgeschlossen hatte, zum Essen ausgegangen sind und er mir regelrecht krank vorkam.«
    »Weißt du, er mag keine Verantwortung tragen«, sagte die Herzogin, »und der Krieg mit all diesem Drum und Dran war für solche Menschen schlecht … Es hat anderthalb Jahre gedauert … wobei ich nicht einmal

Weitere Kostenlose Bücher