Hochzeit kommt vor dem Fall
glaube, daß er es dir je erzählen wird, oder wenn er es tut, wirst du wissen, daß er geheilt ist … Ich meine damit nicht, daß er den Verstand verloren hatte oder so etwas, und er hat es rührend nett getragen, nur daß er so furchtbare Angst vor dem Zubettgehen hatte … und er konnte einfach keine Befehle erteilen, nicht einmal dem Personal, was dem Ärmsten das Leben sehr erschwerte! … Ich glaube, wenn man fast vier Jahre lang Leuten befohlen hat, hinzugehen und sich in die Luft jagen zu lassen, gibt einem das – wie nennt man das heutzutage? – Sperrungen oder Zerrungen, jedenfalls etwas mit den Nerven … Du brauchst nicht dazusitzen und die Teekanne festzuhalten, Liebes – gib sie mir, ich stelle sie zurück … Aber ich rede jetzt eigentlich ins Blaue hinein, weil ich nicht weiß, wie er mit diesen Dingen heute fertig wird, und ich glaube nicht, daß irgendwer es weiß, außer Bunter – und wenn man bedenkt, wieviel wir Bunter zu verdanken haben, hätte Ahasverus sich eigentlich etwas Besseres einfallen lassen sollen, als ihn so zu kratzen. Ich hoffe übrigens nicht, daß Bunter sich schwierig stellt oder irgendwas.«
»Er ist das reinste Wunder – und unvorstellbar taktvoll.«
»Na, das ist aber wirklich nett von ihm«, sagte die Herzogin ehrlich, »denn manchmal sind diese anhänglichen Menschen schwierig … und wenn man bedenkt, daß man, wenn überhaupt, dann höchstens von Bunter behaupten kann, daß er Peter wieder auf die Beine gebracht hat, müßte man ihm sogar einiges nachsehen.«
Harriet bat, mehr über Bunter zu erfahren.
»Nun«, begann die Herzogin, »vor dem Krieg stand er bei Sir John Sanderton in Diensten, und im Krieg war er in Peters Einheit … zuletzt als Sergeant oder so etwas … aber sie gerieten jedenfalls in – wie heißt dieses Modewort dafür? – Bredouille, nicht? – ja, sie gerieten also zusammen in eine Bredouille und lernten sich dabei sehr schätzen … und da hat Peter Bunter versprochen, wenn sie beide lebend aus dem Krieg zurückkämen, solle Bunter zu ihm kommen … Und im Januar 1919 war es, glaube ich – ja, da war es, denn ich weiß noch, daß es ein entsetzlich kalter Tag war – da tauchte Bunter plötzlich hier auf und sagte, er habe sich davongestohlen …«
»Das hat Bunter nie gesagt, Herzogin!«
»Nein, meine Liebe, das ist nur meine ordinäre Art, es auszudrücken. Er sagte, es sei ihm gelungen, seinen Abschied zu erhalten, und er sei sofort gekommen, um die Stelle anzutreten, die Peter ihm versprochen habe. Tja, meine Liebe, und zufällig war das gerade einer von Peters schlimmsten Tagen, wo er nur dasitzen und zittern konnte … Mir gefiel der Mann vom Ansehen, und da habe ich gesagt: ›Bitte, Sie können es versuchen, aber ich glaube nicht, daß er in der Lage sein wird, sich so oder so zu entscheiden.‹ Ich habe also Bunter zu ihm geführt, und es war ganz dunkel im Zimmer, denn Peter hatte, wie ich glaube, nicht einmal die Willenskraft gehabt, das Licht einzuschalten … er mußte also fragen, wer da war. Bunter sagte: ›Sergeant Bunter, Mylord, meldet sich zum Dienstantritt bei Eurer Lordschaft, wie vereinbar‹ – und schon schaltete er das Licht ein, zog die Vorhänge vor und nahm von diesem Moment an die Dinge in die Hand. Ich glaube, er hat das so gut gemacht, daß Peter monatelang keine Befehle mehr zu geben brauchte, nicht einmal um ein Sodasiphon gereicht zu bekommen … Er hat diese Wohnung gefunden und Peter nach London gebracht und alles getan … Ich kann mich noch erinnern – hoffentlich langweile ich dich nicht mit Bunter, meine Liebe, aber es war wirklich sehr rührend – einmal war ich morgens früh in die Stadt gekommen und schaute bei ihm rein. Bunter brachte Peter gerade das Frühstück … er stand damals immer sehr spät auf, weil er doch so schlecht schlief … und Bunter kam mit einem Teller in der Hand heraus und sagte: ›Oh, Euer Gnaden! Seine Lordschaft hat soeben zu mir gesagt, ich soll diese dämlichen Eier wegnehmen und ihm Würstchen bringen.‹ … Er war so überwältigt, daß er den heißen Teller auf den Wohnzimmertisch stellte und die ganze Politur ruinierte … Seit diesen Würstchen«, schloß die Herzogin triumphierend, »hat Peter, wie ich glaube, nie mehr zurückgeschaut!«
Harriet dankte ihrer Schwiegermutter für diese Erklärungen. »Wenn es einmal zu einer Krise kommt«, sagte sie, »zum Beispiel wenn die Gerichtsverhandlung näherrückt, werde ich Bunters Rat einholen. Jedenfalls
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